Hamburg. Hamburg benötigt dringend mehr Wohnungen. Weniger Bürokratie und Auflagen sind ein Weg, werden aber kaum reichen.
Es war eine Erfolgsgeschichte, die Hamburg ein Jahrzehnt lang schrieb und bundesweit Beifall fand. Kurz nach seiner Wahl 2011 initiierte der damalige Bürgermeister Olaf Scholz das „Bündnis für das Wohnen“ – eine gemeinsame Anstrengung von Politik, Verwaltung, Wohnungsbauwirtschaft, der Saga und Mietervereinen.
Ihnen gelang innerhalb kürzester Zeit, den Neubau in der Hansestadt anzukurbeln. Zunächst waren es 6000, dann sogar 10.000 Wohnungen pro Jahr. Das Bündnis gilt als Beweis, was gemeinsames Handeln und Politik zu bewegen vermag: Von 2011 bis 2023 wurden in Hamburg 132.000 Wohnungen genehmigt.
Immobilien Hamburg: Der Wohnungsmangel wächst
Doch die Erfolgsgeschichte hat ein Ende gefunden – leider ist es kein Happy End. 2023 wurden in Hamburg nur noch 6000 Wohnungen gebaut; und wenig spricht dafür, dass sich dieser Trend rasch dreht. Am Markt hat sich ein perfekter Sturm zusammengebraut: Auf der einen Seite hat die Zinserhöhungspolitik der Europäischen Zentralbank die Finanzierung deutlich verteuert, zugleich sind die Baukosten infolge des Ukraine-Krieges dramatisch gestiegen. Kostete ein Quadratmeter einschließlich Grundstück in Metropolen im Jahr 2020 im Mittel noch 3028 Euro, ist diese Summe auf 4318 Euro gestiegen, ein Plus von 42,6 Prozent.
Mit einer erratischen Politik hat die Bundesregierung vom Förderstopp bis zum Heizungsgesetz die Branche zusätzlich verunsichert. Erschwerend kommt hinzu, dass die Bauindustrie langsam wie ein Tanker umsteuert: Was heute fertiggestellt wird, hat seinen Anfang vor vielen Monaten genommen. Was heute nicht mehr angeschoben wird, fehlt in zwei bis drei Jahren.
Die steigende Nachfrage vergrößert das Problem
Zu dieser Angebotsverknappung kommt ein weiterer Trend – die wachsende Nachfrage. Auch der Wohnungsmarkt ist am Ende ein Markt, der von Angebot und Nachfrage getrieben wird. Diese Nachfrage wird durch gesellschaftliche Trends, einem Hunger nach Quadratmetern, vor allem aber durch Zuwanderung angetrieben. Seit dem Jahr 2015 sind allein in der Hansestadt rund 120.000 Flüchtlinge registriert worden, die zunächst in Hamburg blieben. Sie mussten und müssen auch in Zukunft in der Hansestadt untergebracht werden, auf einem Markt, der schon jetzt ausgereizt ist.
Es gehört deshalb zur Wahrheit, dass die Wohnungsnot auch durch eine strenge Zuwanderungspolitik gelindert werden muss. Einiges haben EU und die Ampel in die Wege geleitet, anderes wird folgen müssen – gerade eine gerechtere Verteilung von Schutzsuchenden in Europa. Das wird dauern. So schnell dürfte sich an dem wachsenden Bedarf nichts ändern.
Die geplante Lockerungen des Senats sind richtig
Deshalb ist es gut und richtig, beim Angebot anzusetzen. Die geplante Lockerung des Senats bei den Auflagen, bei neuen kostensparenden Gebäudetypen und eine Entbürokratisierung können der darbenden Branche neuen Schub verleihen.
Zugleich gehört auch auf Bundesebene alles auf den Prüfstand, was Investitionen verhindert. Die Grunderwerbssteuer beispielsweise ist in dieser dramatischen Krise aus der Zeit gefallen und sollte zumindest für einen absehbaren Zeitraum halbiert werden. Zudem sind Ideen, etwa die Zinsen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau deutlich herunterzusubventionieren, eine schnell wirkende Lösung.
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Auch wenn es der reinen Lehre widerspricht, muss Deutschland in den kommenden Jahren bauen, bauen, bauen. Denn das Thema Wohnungsmangel und Wohnungsnot wird zur sozialen Frage dieses Jahrzehnts. Gerade in unruhigen Zeiten benötigen die Menschen einen sicheren und bezahlbaren Heimathafen.