Hamburg. Unfallzahlen hoch, Behindertenverbände klagen, CDU warnt vor Bekifften auf Rollern. Hamburg geht bei E-Scootern einen besonderen Weg.

E-Scooter ade? Gelsenkirchen hat sich anscheinend für ein Verbot und gegen die elektronischen Kleinstfahrzeuge entschieden. Zur Begründung verweist die Stadt auf gestiegene Unfallzahlen. Zuletzt hatte sie nach Pariser Vorbild gefordert, E-Scooter-Fahrer müssten sich via Personalausweis verifizieren, um einen Roller ausleihen zu können. So hätte sich Fehlverhalten leichter ahnden lassen. Doch die Scooter-Anbieter stellten sich quer. Tier und Bolt legten Beschwerde ein, woraufhin die Stadt im Ruhrgebiet nun mit einem vollständigen E-Scooter-Verbot reagiert. Ab kommendem Sonnabend sind die Leih-Roller vorerst verboten. Private Gefährte dürfen weiterhin genutzt werden. Das Gelsenkirchener Verwaltungsgericht hat allerdings keine Entscheidung in der Hauptsache getroffen, sondern nur im Eilrechtsschutz.

Kommt das E-Scooter-Verbot nach Gelsenkirchener Vorbild auch in Hamburg?

Ob ein E-Scooter-Verbot auch für Hamburg denkbar wäre? Ein Sprecher der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) erklärte, man beobachte die Entwicklungen in anderen Kommunen und Bundesländern sehr genau. Ein Verbot sei für Hamburg derzeit nicht geplant. Stattdessen setze man auf Kooperation: „Weil uns die Pflege des öffentlichen Raums wichtig ist, haben wir im geltenden Rechtsrahmen mit den Scooter-Anbietern eine Vielzahl an Vereinbarungen beschlossen, unter anderem die Begrenzung von Fahrzeugen auf 1000 innerhalb des Ring 2, Parkverbotszonen in Bereichen, die besonders stark von Fußgängerinnen und Fußgängern frequentiert sind oder in der Nähe von Gewässern.“

Es gebe feste Parkzonen zum Abstellen sowie eine „Fußpatrouille“, die Scooter umstellt, sowie für den Landesbetrieb Verkehr und die Polizei die Möglichkeit, Ordnungswidrigkeitenverfahren einzuleiten. „Diese Vereinbarungen zeigen auch Wirkung.“ Darüber hinaus setze sich die Verkehrsbehörde auf der Bundesebene für einheitliche Scooter-Richtlinien in der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung ein. Ziel: In jedem Bundesland gelten dieselben Regeln.

E-Scooter gefährlich für Sehbehinderte und Blinde

Tatsächlich sanken zuletzt die Unfallzahlen mit E-Rollern. Zudem zeigen Anbieterzahlen, dass E-Scooter mit 11,3 Millionen Fahrten im Jahr 2023 deutlich gefragter waren als die alternativ angebotenen Leihfahrräder. Nichtsdestotrotz offenbart eine ADAC-Studie aus dem vergangenen November auch: 69 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger stören sich an E-Scootern, die über Bürgersteige rasen oder schlicht im Weg liegen. Vor allem Behindertenverbände machen immer wieder auf Beeinträchtigungen aufmerksam, die durch herumliegende E-Scooter für Blinde und Menschen im Rollstuhl entstehen.

So fordert etwa der Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg e. V. nach wie vor feste und verbindliche Abstellflächen. Dazu Pressesprecherin Melanie Wölwer: „Für uns als Interessenvertretung der seheingeschränkten Menschen in Hamburg hat die Situation nichts an Brisanz verloren. Noch immer berichten unsere Mitglieder regelmäßig von schwierigen Situationen im Zusammenhang mit E-Scootern. Denn jeder falsch auf dem Fußweg abgestellte oder gefahrene Scooter stellt ein gefährliches Hindernis für seheingeschränkte Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer dar.“

Hamburger CDU fordert für E-Scooter klarere Regeln und mehr Kontrollen

Dem schließt sich Richard Seelmaecker an, verkehrspolitischer Sprecher der Hamburger CDU-Fraktion: „E-Scooter brauchen in Hamburg feste Abstellflächen, wie es in anderen Städten schon an der Tagesordnung ist.“ Neben der Parksituation sieht er auch fehlende Kontrollen als wesentliches Problem: „Zahlreiche Unfälle und Fahrten auf dem E-Scooter erfolgen in alkoholisiertem Zustand. Demnächst werden wir auch noch die Bekifften zu beklagen haben. Hier muss der Senat für die notwendigen Kontrollen sorgen, doch auch dies geschieht nicht.“

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Was außer Kontrollen noch wichtig wäre? Seelmaecker ist sich sicher: „Helfen würde hier ein vernünftiger Radwegeausbau, damit es zu weniger gefährlichen Situationen auf den Gehwegen kommt.“