Hamburg. Das Pilotprojekt mit der Verkehrsbehörde verlief erfolgreich und wird fortgesetzt. Ein Streitpunkt ist allerdings noch ungeklärt.
Wenige Themen polarisieren so sehr in der Hansestadt wie solche, die sich um die E-Scooter drehen: Die Elektroroller müssen sich einiges gefallen lassen, wurden sie doch im Sommer 2019 mit hehren Zielen in Sachen Mikromobilität aufgestellt und von gerade den jüngeren Bürgern geliebt. Ebenso verhasst sind sie mittlerweile bei anderen.
Argumente für und gegen die langhalsigen Mietroller gibt es zuhauf. Und auch, wenn die Fronten der Parteien manchmal verhärtet scheinen, so kann man weder der tonangebenden Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) noch den Anbietern wie Voi, Tier, Bolt oder Lime fehlende Mobilität in ihren Konzepten zum Umgang mit der Situation vorwerfen.
E-Scooter: Unsachgemäßes Abstellen ist Hauptstreitpunkt
Jüngstes Beispiel dafür, dass nachgebessert, probiert und getestet wird, wie das Zusammenleben von Scootern und Menschen reibungsloser laufen kann, ist das jüngst abgeschlossene Pilotprojekt von Stadtreinigung (SRH) und BVM: Von Anfang Oktober 2022 bis Ende Januar 2023 waren zwei mobile Zwei-Personen-Teams von Müllwerkern exklusiv dafür zuständig, falsch abgestellte E-Scooter und E-Bikes umzusetzen. 13 weitere Duos halfen zusätzlich.
Denn gerade das unsachgemäße Abstellen ist der Hauptpunkt im Streit. So wurden E-Roller und -Räder, die andere Verkehrsteilnehmer beeinträchtigten, indem sie beispielsweise Gehwege oder Zufahrten blockierten, Einfahrten, U-Bahn-Zugänge oder Bushaltestellen versperrten, um maximal 20 Meter versetzt. Schwerpunktmäßig wurde auf besonders betroffene Bereiche wie beispielsweise die U- und S-Bahn-Haltestellen geachtet.
Jeden Tag packt die Kolonne der Stadtreinigung 130 E-Scooter an
Die BVM zieht ein positives Resümee. „Eine weitere Maßnahme zur Verbesserung der Abstellsituation ist das Projekt mit der Stadtreinigung. Seit Beginn des Projekts im Oktober 2022 bis heute wurden rund 15.000 verkehrswidrig abgestellte Scooter durch die Stadtreinigung umgestellt, was spürbar zur Pflege des öffentlichen Raums und zur Verkehrssicherheit beigetragen hat“, sagt Behördensprecher Dennis Heinert.
Aktuell würden durch diese Kolonne täglich rund 130 E-Scooter angefasst. Auf einen Monat hochgerechnet, würden damit 2500 bis 2800 E-Scooter umgestellt. Insgesamt gibt es aktuell knapp 20.000 Scooter im Stadtgebiet, die Zahl wird in den wärmeren Sommermonaten wieder ansteigen. „Deshalb hat die Stadt entschieden, das Projekt fortzuführen“, so Heinert.
Wer zahlt fürs Versetzen falsch geparkter E-Scooter
Jedoch ist die Vergütung noch ungeklärt: Rund 20.000 Euro kosten die SRH-Dienste monatlich, eine Ausgabe, die die Stadt dauerhaft nicht allein tragen will. „Es ist nach wie vor angestrebt, die Scooter-Anbieter im Sinne des Verursacherprinzips an den Kosten des Wegräumens zu beteiligen. Hierzu laufen weiterhin die Gespräche mit den Anbietern. Aus Sicht der Stadt waren die ersten Angebote zur Beteiligung seitens der Anbieter jedoch unzureichend“, sagt Heinert.
Was diesem Fakt übrigens gegenübersteht, ist, dass Polizei und der Landesbetrieb Verkehr (LBV) seit Oktober 2021 bereits rund 9000 Bußgelder für falsch abgestellte Scooter verhängten – da die Höhe für ein solches Strafmandat bei mittlerweile mindestens 55 Euro liegt, sei auf diese Weise laut Heinert „ein mittlerer sechsstelliger Betrag“ zusammengekommen. Komplett bezahlt von den Verleihfirmen.
Tatsächlich war im Pilotprojekt die Nichteinhaltung von 1,60 Meter Durchgangsbreite auf den Gehwegen die häufigste Ursache, weshalb die Müllwerker die Fahrzeuge anpackten. Als weiteren häufigen Grund seien E-Scooter zu nennen, die die Nutzbarkeit von verkehrlicher Infrastruktur wie Ampeln und Blindenleitstreifen beeinträchtigt hätten.
Einen positiven Nebeneffekt sieht zudem noch SRH-Geschäftsführer Rüdiger Siechau: „Insbesondere bei der Erbringung unserer Reinigungs- und Entsorgungsaufgaben stoßen wir täglich auf Situationen, die uns in der Erfüllung unserer hoheitlichen Aufgaben behindern.“ Denn die Scooter blockieren teilweise auch die Müllabfuhr.
„Aus betrieblicher Sicht bei der SRH kann ich sagen, dass wir den Pilotversuch mit dem zusätzlich eingesetzten Personal gut in den Arbeitsalltag der Reinigungskolonnen integrieren konnten“, bekräftigt SRH-Pressesprecher Kay Goetze. „Das Wegstellen der E-Scooter ermöglicht uns betrieblich einen reibungsloseren Ablauf in der Regelreinigung.“