Bergedorf. Verleiher von E-Scootern sollen kräftig zur Kasse gebeten werden. Warum die Bezirksversammlung diesen Vorschlag ablehnt.
Die Grundidee schien gut: Schnell mal eben auf einen elektrisch angetriebenen Roller steigen und losflitzen, das Ganze auch noch umweltschonend. Vor vier Jahren machte der Hamburger Senat Straßen und Wege frei für Verleih und Gebrauch von Fahrzeugen wie E-Scooter oder -Motorroller. Mittlerweile ist die Idee der Stadtflitzer fast entzaubert, weil sie überall – in Bergedorf beispielsweise besonders krass am Ulmenliet – Geh- und Radwege blockieren und ihre Umweltbilanz niederschmetternd ist.
Für Bergedorfs Linke reicht der Ärger: Sie wollte in der Bezirksversammlung eine Mehrheit dafür gewinnen, dass sich das Bezirksamt dafür einsetzen soll, unter anderem für Verleiher von E-Scootern eine Sondernutzungsgebühr einzuführen, um damit das achtlose Abstellen dieser Fahrzeuge einzudämmen und gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit allen Bezirken die Zahl der E-Mobile zu reglementieren – die Mehrheit des Plenums lehnte den Vorschlag allerdings ab.
Ärger um E-Scooter: „Warum übernehmen die Betreiber diese Kosten nicht?“
Dabei haben die Antragssteller nicht nur die Bergedorfer Situation im Blick, sondern schauen auch über den Tellerrand hinaus. Robert Gruber, Verkehrssprecher der Linken, stellt zunächst fest, dass E-Scooter „nicht das beste Verkehrsmittel für die letzte Meile“ seien. Es sei ja nicht nur die alleinige Tatsache, dass die Gefährte von Voi, Lime und Co. überall herumliegen oder mitten im Weg stünden, für Fußgänger und Radfahrer zur Unfallgefahr würden. Gruber fragt sich bei so wenig „Parkdisziplin“ etwas Grundsätzliches: „Warum übernehmen die Betreiber diese Kosten nicht?“
Denn diese Kosten sind nicht eben niedrig: Von Oktober bis Dezember 2022 sammelten zwei Teams der Stadtreinigung Hamburg 12.820 E-Fahrzeuge (entspricht 203 am Tag) geparkt auf Hamburger Rad- und Fußwegen ein und beförderten sie „auf geeignete Abstellflächen“, wie die Linke in ihrem Antrag schreibt, ohne allerdings aufzuschlüsseln, was geeignete Abstellflächen sind. Dafür wird aber erwähnt, wie hoch die Kosten für den Abtransport gewesen sind: 41.560 Euro. Für Gruber müssten hier ganz klar die Anbieter zur Kasse gebeten werden, „so würden wir Ordnung reinkriegen“.
E-Roller-Chaos: Bergedorf kann von Kölner Verbotszonen lernen
Und der Verkehrssprecher der Linken urteilt weiter knallhart: „Die Hamburger Strategie der freiwilligen Vereinbarungen ist gescheitert.“ Bisher verweigert sich Hamburg, E-Roller und Co. als Sondernutzung im öffentlichen Raum zu deklarieren und schloss freiwillige Vereinbarungen mit sämtlichen Anbietern. Grundlage für die Verweigerung sei ein Beschlusses des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2009.
Wie es besser laufen könnte, haben sich die Linken in anderen deutschen Städten angeschaut. Der Bezirk Bergedorf könne zum Beispiel den Weg von Städten wie Bremen, Köln, Nürnberg, Dresden oder Düsseldorf gehen, in denen teilweise die Anzahl der E-Roller per Sondernutzungserlaubnis reguliert wurde.
Die Stadt Köln beispielsweise erweiterte im August 2021 sogenannte Abstellverbotszonen und richtete feste Rückgabeorte ein. Nicht mehr stehengelassen dürfen diese Flitzer unter anderem in Fußgängerzonen, auf Brücken und in Grünanlagen. Verhindert wird das Ende der Ausleihe in diesen Gebieten durch ein GPS-System. Auf diese Regelungen haben sich die Verantwortlichen der Domstadt mit sämtlichen Anbietern geeinigt.
Problem ist bekannt, doch andere Fraktionen mögen die populären Verkehrsmittel
Robert Gruber ergänzt: „In anderen Städten ist geplant, die Zahl der Scooter durch eine Ausschreibung zu begrenzen und an Qualitätskriterien zu binden.“ Damit sind Umweltstandards, Arbeitsbedingungen und Reaktionszeit bei Parkverstößen angedacht. Und überhaupt: Wer sage denn, dass die Fortbewegung mit E-Scootern besonders umweltverträglich sei? Die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich habe dazu nachgewiesen, dass der CO2-Fußabdruck eines Leih-E-Scooters mit 110 Gramm pro Kilometer nur wenig unterhalb der Emissionsbilanz von Autos (130 Gramm CO2 pro Kilometer) liege.
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Das Problem ist vielen bekannt – doch im Grunde mögen alle anderen Fraktionen die elektrisch angetriebenen Verkehrsmittel, weil sie um deren Popularität wissen: Julian Emrich, Bergedorfs CDU-Fraktionschef, glaubt nicht, dass zusätzliche Gebühren der Königsweg zu höherer Parkdisziplin sind.
„Viel stärkere Kontrollen durch Polizei“ sowie entsprechende „Sanktionierungen der Nutzer“ bei festgestellten Verstößen kommen Emrich eher als erzieherische Mittel in den Sinn. Eine Sondernutzungsgebühr mache das Thema doch eher „unattraktiv“, meint der Unions-Mann, der aus all dem schlussfolgert: „Sie als Linke senden mit ihrem Antrag doch eher die Botschaft, dass sie E-Roller gar nicht im Straßenbild haben wollen.“ Deshalb lehne die CDU den Antrag ab.
Urteilslage in Hamburg gibt andere Regelungen nicht her
Wie übrigens alle anderen Fraktionen der Bezirksversammlung auch: Frauke Rüssau (Grüne) stimmt zwar zu, dass E-Scooter „in Sechserreihen ein Hindernis“ viel zu oft im öffentlichen Raum darstellen würden. Jedoch könne sich der Bezirk Bergedorf nicht über eine geltende Rechts- und Urteilslage in Hamburg hinwegsetzen. Um einen Weg wie in Köln zu forcieren, liege der Spielball beim Hamburger Senat.