Hamburg. Die Partei will im Rathaus wieder mitregieren, vermeidet aber eine Koalitionsaussage. Was die Christdemokraten für die Bezirke fordern.

Zwar sind am 9. Juni zunächst die Bezirksversammlungs- und Europawahlen, aber der Blick des CDU-VorsitzendenDennis Thering geht längst in Richtung Bürgerschaftswahl, die voraussichtlich am 2. März 2025 stattfinden wird. Selbstbewusst und deutlicher als bisher hat der designierte Spitzenkandidat den Machtanspruch seiner Partei formuliert. „Wir wollen so stark werden, dass an uns kein Weg vorbeiführt. Nur mit der CDU kann es einen Politikwechsel geben“, sagte Thering am Donnerstag vor Journalisten in der Parteizentrale Ludwig-Erhard-Haus am Leinpfad (Winterhude).

Die CDU hatte bei der Bürgerschaftswahl 2020 mit 11,2 Prozent das schlechteste Ergebnis aller Zeiten eingefahren, sieht sich nun aber durch Umfragen, die der Partei um die 20 Prozent bescheinigen, im Aufwind. „Wir wollen besser werden. Wir wollen die Wahl gewinnen“, sagte Thering. Aber was bedeutet das genau? „Die Wahl gewinnt die Partei, die mit Abstand die meisten Stimmen dazu gewinnt oder die stärkste Kraft wird“, bot Thering zwei Interpretationen an, hielt einen Augenblick inne und setzte dann frohgemut hinzu: „Wir wollen stärkste Kraft werden. Wir setzen total auf Sieg.“

CDU-Hamburg: Je nach Wahlergebnis wäre Bündnis mit SPD oder Grünen denkbar

Die Union strebt nach dem schmachvollen Machtverlust 2011 wieder in die Regierungsverantwortung. Nach Lage der Dinge wären je nach Wahlergebnis SPD oder Grüne als Partner denkbar, aber Thering vermeidet eine klare Koalitionsaussage. „Ein Zusammengehen mit der AfD oder der Linken schließen wir aus. Die FDP spielt in Hamburg ohnehin keine Rolle mehr“, sagte der Christdemokrat nur. Dabei ist es kein Geheimnis, dass die Union die größeren Schnittmengen mit der SPD und nicht mit den Grünen sieht.

Genüsslich wies Thering auf die jüngsten Streitfälle im rot-grünen Rathaus-Bündnis hin: die Teil-Legalisierung von Cannabis, die Köhlbrandquerung oder den Bau der A 26-Ost, ehemals Hafenquerspange. Themen, bei denen zwischen SPD und CDU kein Dissens besteht, aber das sagte der CDU-Oppositionschef nicht, sondern nur: „Rot-Grün trennt mehr, als sie verbindet.“ Dass Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sich frühzeitig für eine Fortsetzung des Bündnisses mit den Grünen ausgesprochen habe, so Thering, habe „bei vielen SPD-Genossen für Kopfschütteln gesorgt“.

CDU-Hamburg: Sicherheit, Verkehr und Wirtschaft im Zentrum von Bezirkswahlprogramm

Am Donnerstagabend hat die CDU auf ihrem Landesparteitag das Wahlprogramm für die Bezirksversammlungswahl einstimmig beschlossen. Die 190 Delegierten arbeiteten sich im Bürgerhaus Wilhelmsburg in einer gut halbstündigen Beratung durch rund 60 Änderungsanträge, die im Wesentlichen redaktioneller Natur waren.

Es sei zum ersten Mal gelungen, so der CDU-Vorsitzende, sich auf ein gemeinsames Mantelprogramm für alle sieben Bezirke zu verständigen. „Das zeigt unsere Geschlossenheit“, befand Thering. Die 19 Seiten lesen sich über weite Strecken wie eine vorweggenommene Kurzfassung des Programms für die Bürgerschaftswahl. Die zentralen Themen Sicherheit, Verkehr, Wirtschaft und „Arbeitsplätze neuerdings“ würden auch die Kampagne zur Bürgerschaftswahl bestimmen, sagte der Parteivorsitzende denn auch.

Die CDU betont den Zusammenhang beider Urnengänge auch durch eine gemeinsame Wahlplakatlinie, deren erste Motive Thering am Donnerstag vorstellte. „Mehr Sicherheit. Starke Wirtschaft. Schluss mit Verkehrschaos. Diesmal CDU wählen“, lauten die bewusst textarmen Botschaften auf dem in der neuen Parteifarbe Türkis gehaltenen Grund.

CDU Hamburg will den 2014 aufgelösten bezirklichen Ordnungsdienst wieder einführen

Zu den konkreten Forderungen der Union für die Bezirksebene zählt laut dem Wahlprogramm, „in allen Bezirken einen schlagkräftigen Ordnungsdienst“ wieder einzuführen, der die Lebensqualität verbessern und für Sauberkeit und Ordnung in jedem Stadtteil, in Grünanlagen und Parks sorgen soll. „Das entlastet die Polizei, die sich auf die Verbrechensbekämpfung konzentrieren kann“, sagte Thering. Die SPD hatte den von der CDU geschaffenen bezirklichen Ordnungsdienst 2014 aufgelöst. Die Union will Straßen und Gehwege besser beleuchten und die Videoüberwachung ausbauen.

Die CDU will die Bezirksparlamente stärken und die Bürgerbeteiligung vor Ort ausbauen. „Wir sind gegen den Zentralisierungswahn von Rot-Grün. Regionale Entscheidungen sollen vor Ort getroffen werden“, sagte Thering. Die Christdemokraten halten die Anbindung der Bezirkszuständigkeit im Senat an die Wissenschaftsbehörde für „sachfremd“ und fordern die Rückführung in die Finanzbehörde.

Bauherren sollen wieder verpflichtet werden, bei Wohnungsneubauten Stellplätze zu errichten

Die Union will den Parkplatzabbau stoppen und Bauherren wieder verpflichten, bei Wohnungsneubauten Autostellplätze mitzuplanen. P+R-Anlagen sollen wieder kostenlos nutzbar sein und, wo möglich und sinnvoll, ausgebaut werden. Auch neue P+R-Anlagen sollen entstehen. Die CDU spricht sich gegen ein flächendeckendes Tempo 30 aus. Eine bezirksübergreifende Baustellenkoordination soll helfen, Engpässe des Verkehrsflusses zu vermeiden.

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„Wir wollen feste Abstellbereiche für E-Scooter schaffen. Auf Gehwegen abgestellte E-Scooter stellen zum Beispiel die größte Gefahr für blinde Menschen dar“, sagte Thering. Ein besonderes Engagement der CDU gilt den Wochenmärkten, die ausgebaut werden sollen. Die Union fordert die Rücknahme der Gebührenerhöhung für die Betreiber von Marktständen. Die Bezirksverwaltung soll digitaler werden. „Ziel muss es sein, dass alle Dienstleistungen online erledigt werden können“, sagte Thering.

CDU erreichte 18,2 Prozent bei der Bezirkswahl 2019 und „regiert“ nur in Hamburg-Mitte mit

Die CDU spricht sich gegen „Wohnungsbau um jeden Preis“ aus und dagegen, dass „die letzte Grasfläche zubetoniert“ wird, wie es im Wahlprogramm heißt. Die Innenstadt soll auch als Wohnort wieder attraktiver werden. Dazu bringt die Partei erneut die Verlegung der Willy-Brandt- und Ludwig-Erhard-Straße unter die Erde ins Gespräch, wodurch „mehr Raum und Aufenthaltsqualität für die Hamburgerinnen und Hamburger“ geschaffen würde.

Bei den Wahlen zu den Bezirksversammlungen vor fünf Jahren landete die CDU mit 18,2 Prozent hamburgweit auf dem dritten Platz nach Grünen und SPD. Die Union stellt keinen Bezirksamtsleiter, regiert aber in Hamburg-Mitte an der Seite von SPD und FDP mit – ein Bündnis, das Thering ausdrücklich lobte. „Die 18,2 Prozent waren ein ganz gutes Ergebnis“, sagte Thering, ohne sich auch hier auf eine Ziel-Prozentzahl für die anstehende Wahl festzulegen. Es gebe Bezirke wie Wandsbek oder Bergedorf, wo die CDU „eventuell ganz vorne liegen“ könnte. „Hamburg ist immer eine Herausforderung für die CDU“, sagte Thering allerdings auch einmal, womit er zweifellos recht hat.