Hamburg. Der FDP droht ein ernüchterndes Schicksal. Große Mehrheit sieht Rechtsextremismus als Gefahr. Wie es um die Grünen steht.

Wenn am Sonntag Bürgerschaftswahl wäre, dann müssten SPD und Grüne deutliche Verluste hinnehmen, könnten ihre seit 2015 bestehende Koalition aber fortsetzen. Laut der aktuellen Umfrage von Infratest dimap im Auftrag von NDR Info, NDR 90,3 und „Hamburg Journal“ ein Jahr vor der Bürgerschaftswahl kommt die SPD auf 30 Prozent (Bürgerschaftswahl 2020: 39,2 Prozent) und bleibt damit klar stärkste politische Kraft. Für die Grünen votierten 21 Prozent der Befragten (24,2 Prozent), dicht gefolgt von der CDU, die auf 20 Prozent taxiert wird. Die größte Oppositionskraft in der Bürgerschaft könnte ihr Ergebnis nach dem Rekordtief von 2020 mit 11,2 Prozent fast verdoppeln.

Deutliche Gewinne kann die AfD auch in Hamburg verbuchen, allerdings auf relativ niedrigem Niveau. Laut Umfrage würden neun Prozent (2020: 5,3 Prozent) der rechtspopulistischen Partei ihre Stimme geben. Aber: Verglichen mit der Abendblatt-Umfrage vom Oktober 2023, als die AfD auf 14 Prozent kam, ist die Zustimmung schwächer geworden. Möglicherweise spielt die Berichterstattung der vergangenen Wochen über ein Treffen von Rechtsextremisten und AfD-Mitgliedern in einer Villa nahe Potsdam und die sich anschließenden zahlreichen Demonstrationen gegen Rechtsaußen dabei eine Rolle. Die Telefon- und Online-Interviews mit 1164 Befragten wurden im Zeitraum 1. bis 5. Februar geführt.

Hamburg-Wahl: FDP muss um ihre politische Zukunft an Alster und Elbe bangen

Die Linke kommt in der NDR-Umfrage auf sieben Prozent (2020: 9,1). Im Oktober 2023 hatte die Partei noch bei zehn Prozent gelegen. Hier könnte die zwischenzeitlich erfolgte Gründung der Partei Bündnis Sahra Wagenknecht die Linke Zustimmung gekostet haben. Die neue Partei der Ex-Linken-Politikerin Wagenknecht wird in der Umfrage nicht extra ausgewiesen, sondern ist Teil der acht Prozent für andere Parteien. Laut Infratest dimap kommt keine dieser kleinen Parteien auf mehr als drei Prozent.

Nachdem die FDP 2020 mit 4,97 Prozent denkbar knapp den Einzug in die Bürgerschaft mit Fraktionsstärke verpasste, müssen die Liberalen angesichts eines Umfragewerts von fünf Prozent erneut um ihre politische Zukunft an Elbe und Alster bangen. Die Schwankungsbreite beträgt bei einem Anteil von zehn Prozent plus/minus zwei Prozentpunkte.

Nur 39 Prozent der Befragten halten eine Regierungsbeteiligung der CDU für gut

Rechnerisch wäre laut der Umfrage auch ein Bündnis von SPD und CDU möglich, das es in Hamburg noch nie gab. Doch scheint die Neigung der Hamburgerinnen und Hamburger zu dieser Variante nicht sehr ausgeprägt zu sein. Nur 39 Prozent der Befragten hielten eine Regierungsbeteiligung der CDU für „gut“ oder „sehr gut“, während 51 Prozent die Teilhabe der Union an der Macht mit „weniger gut“ oder sogar „schlecht“ bewerteten. Mehrheitlich für einen Regierungseintritt der CDU sind naheliegenderweise die CDU-Anhänger (95 Prozent), aber auch die Sympathisanten von FDP (53 Prozent) und AfD (51 Prozent).

Die Zufriedenheit mit der Arbeit des Senats hat seit 2020 deutlich abgenommen. 48 Prozent der Befragten sind mit den rot-grünen Politikerergebnissen „sehr zufrieden“ oder „zufrieden“. Vor vier Jahren hatte der Wert noch bei 66 Prozent gelegen. Entsprechend ist der Anteil derjenigen, die „weniger zufrieden“ oder „gar nicht zufrieden“ mit Rot-Grün sind, von 31 auf 48 Prozent gestiegen. Allerdings: Der Senat liegt mit der Zustimmung zu seiner Arbeit im Vergleich zu den 15 anderen Landesregierungen immer noch auf einem der vorderen Plätze.

Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) ist der mit Abstand beliebteste Hamburger Politiker

Interessant ist auch dieser Befund: Insgesamt ist die Zufriedenheit der Befragten mit der SPD mit 43 Prozent deutlich höher als die Zustimmung zur Arbeit der Grünen, die auf 31 Prozent kommen. Zwar sind immerhin 57 Prozent der Grünen-Anhänger mit der Arbeit der SPD im Senat zufrieden, aber umgekehrt sieht es anders aus: Eine Mehrheit von 51 Prozent der SPD-Anhänger ist mit der Grünen-Politik im Senat unzufrieden.

Eine Bank für die Sozialdemokraten ist ausweislich der NDR-Umfrage der Erste Bürgermeister. Mit Peter Tschentscher sind 55 Prozent „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“. Zwar bedeutet das ein Minus von zwölf Prozentpunkten gegenüber Februar 2020, aber der Sozialdemokrat ist der mit Abstand beliebteste Hamburger Landespolitiker. Tschentscher behauptet auch in der Zufriedenheitsskala der Ministerpräsidenten der Länder einen der vorderen Plätze.

Für drei Viertel der Befragten ist der Rechtsextremismus eine Gefahr für die Demokratie

Die Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) kommt auf 36 Prozent Zustimmung (minus 14 Prozentpunkte), die Linken-Bürgerschafts-Fraktionschefin Cansu Özdemir auf 28 Prozent (minus sechs Prozentpunkte). Erst auf Rang vier folgt CDU-Partei- und Fraktionschef Dennis Thering, mit dem 20 Prozent der Befragten zufrieden sind. Thering muss zudem an seinem Bekanntheitsgrad arbeiten: Mit seinem Namen konnten nur 46 Prozent der Befragten etwas anfangen.

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Möglicherweise besteht ein Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Zustimmung für die AfD gegenüber der Oktober-Umfrage und den Antworten auf folgenden Fragekomplex: Die eindeutige Mehrheit von 76 Prozent der Befragten sieht den Rechtsextremismus als Gefahr für die Demokratie in Deutschland. Die Skala reicht von den Grünen-Anhängern (98 Prozent) bis zu den möglichen FDP-Wählern (56 Prozent). Bei den AfD-Anhängern sind es immerhin noch acht Prozent. Die große Sorge vor einem Erstarken des Rechtsextremismus nimmt mit dem Bildungsgrad und dem Alter zu.

Mehr als zwei Drittel der Hamburger fühlen sich in der Stadt sicher

Mit relativ großer Wahrscheinlichkeit wird die Innere Sicherheit eines der zentralen Wahlkampfthemen werden. Eine Mehrheit der Hamburger scheint in diesem Punkt allerdings derzeit eher gelassen zu sein. 70 Prozent der Befragten fühlen sich in ihrer Stadt „sehr sicher“ oder „eher sicher“. Selbst bei den Anhängern der CDU, die aus der Opposition heraus die Sicherheitslage immer wieder kritisiert, fühlt sich eine Mehrheit von 57 Prozent sicher. Nur bei den AfD-Anhängern ist es umgekehrt: 61 Prozent fühlen sich „eher unsicher“ oder „sehr unsicher“, bei nur 36 Prozent ist es andersherum.