Hamburg. Gudrun Schittek: „Rechte als Abgeordnete sind missachtet worden.“ Muss sich die Bürgerschaft mit den Folgen der A26 befassen?

Es gehört zu den Kuriositäten rund um die Hamburger Hafenautobahn A26-Ost, dass für ihren Bau erst einmal die Eisenbahn gesperrt werden muss. Das betrifft die S-Bahn zwischen Harburg und der City, die ICE und den Metronom von Hamburg in den Süden sowie die Güterbahn und ihre Züge von und zu den Hamburger Hafenterminals. Wie berichtet, braucht die Hafenautobahn zwischen A7 und A1 einen Tunnel in Wilhelmsburg unter den Bahngleisen.

Um den zu graben, sollen Hilfsbrücken für die Gleise errichtet werden. Und um die zu installieren, fährt im kommenden Jahr tagelang, möglicherweise sogar über einen längeren Zeitraum, kaum ein Zug zwischen Harburg und der City.

Hafenautobahn A26: Beschlossen, aber umstritten in der Hamburger Politik

Dagegen regt sich erheblicher Widerstand. Er kommt von den Umweltschützern, die ohnehin gegen die A26 klagen, von der Wilhelmsburger Interessenvertretung Zukunft Elbinsel e. V. – und nun auch aus der grünen Fraktion des Hamburger Rathausbündnisses. Der Verein beklagte, dass es noch nicht einmal ein „Baurecht“ für diesen Teil der A26 gebe. Das stimmt. Der Plan dafür wurde zunächst für den ersten Abschnitt an der A7 festgestellt. Und die Interessenvertreter aus dem Hamburger Süden kritisieren, dass Hunderttausende Bahnkunden während der Streckensperrungen auf den Ersatzverkehr mit Bussen umsteigen müssten. Dafür sei der ebenfalls im Umbau befindliche Bahnhof Harburg nicht gerüstet.

Die Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete Gudrun Schittek, die auch Mitglied im Verkehrsausschuss ist, weist wie der Wilhelmsburger Verein darauf hin, dass die Wirtschaftsbehörde für diese gravierende Maßnahme weitere Ämter ins Boot hätte holen müssen: die Verkehrsbehörde, die Umweltbehörde und auch die Wissenschaftsbehörde, die für die Belange der Bezirke verantwortlich ist. Immerhin seien die Fahrgäste aus Wilhelmsburg (Mitte) und Harburg erheblich beeinträchtigt.

A26: Hätte die Hamburger Bürgerschaft informiert werden müssen?

Schittek sagte dem Abendblatt, es sei nach dem Bundesfernstraßengesetz Pflicht, dass die Autobahngesellschaft Deges eine Anhörung einer betroffenen „Gemeinde“ organisieren müsse. Das sei eben nicht nur ein Bezirk, sondern heiße auf die Hansestadt bezogen: ganz Hamburg. Und die Bürgerschaft hätte ebenfalls informiert werden müssen. Die Eisenbahn-Sperrungen für die noch nicht genehmigte Autobahn seien von erheblicher Tragweite.

Schittek sagte: „Als direkt gewählte Bürgerschaftsabgeordnete des in Harburg liegenden Wahlkreises Süderelbe und zugleich Mitglied des Verkehrsausschusses bin daher bei der Ausübung meines Mandats übergangen worden. Meine Mitwirkungs- und Informationsrechte als Abgeordnete sind missachtet worden.“ Sie schrieb auch an Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD), um sich darüber zu beschweren.

Die Grünen-Abgeordnete weiß, dass die Hafenautobahn ein schwelender, selten offen angesprochener Streitpunkt zwischen den Senatsparteien ist. Die A26 steht allerdings fest im Koalitionsvertrag, „wird also gebaut“, heißt es selbst in grünen Senatskreisen. Punkt. Das „Aber“ in dieser Formulierung muss man sich dazudenken: Viele Grüne sehen den Bedarf nicht mehr. Ob die A1/A7-Verbindung für den Hafen gebraucht wird, ist umstritten. Spötter sagen: Da fahren die Lkw ein 2,3 Milliarden Euro teures, 9.7 Kilometer kurzes Stück vom Stau auf der einen in den Stau auf der anderen Autobahn.

A26 in Hamburg: Die Strecke der Hafenautobahn im Video

Die Elbquerung wird mit 53 Metern über dem Fluss so hoch wie die heutige Köhlbrandbrücke. Wird der Bund eine zweite Brücke dieser Dimension fördern? Daran gab es zuletzt Zweifel. Doch die Befürworter im Hafen und die straßenverkehrsgeplagten Menschen im Süden verweisen auf die Dauerstaus gerade auf dem Weg nach Harburg. Die B73 aus dem Alten Land gilt vielen als „Horror-Route“. Für die Wirtschaftsbehörde und Senatorin Melanie Leonhard (SPD) ist die Hafenautobahn ein Muss. Seit Jahrzehnten wird über diese Querverbindung diskutiert.

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Wirtschaftsbehörde: Alle erforderlichen Anhörungen wurden durchgeführt

Leonhards Sprecher Martin Helfrich sagte dem Abendblatt, aus Sicht der Planfeststellungsbehörde seien die erforderlichen Anhörungen durchgeführt worden. Der „vorzeitige Maßnahmenbeginn“ für die A26 in diesem Bereich sei genehmigt. Die Behörde ist sich der Bahnsperrungen bewusst. „Ziel ist es gerade, die Auswirkungen für alle möglichst gering zu halten, indem Bauarbeiten und nötige Vorarbeiten bei Bahn und Straßen möglichst gut aufeinander abgestimmt sind.“

Grünen-Politikerin Schittek erinnerte an die Folgen des Brandes an einer S-Bahn-Brücke und die Verzögerungen bei verschiedenen Hamburger Bahnprojekten. Sie sieht nicht nur die lokalen Verbindungen bedroht, sollte das „Projekt Hilfsbrücken“ in Wilhelmsburg nicht wie vorgesehen klappen. „Die Auswirkungen von etwaigen längeren Störungen für den Fern- und Regional- sowie Güterverkehr nach Nordeuropa wären unvorstellbar. Ausweichstrecken über die Elbe stehen für den Notfall nicht zur Verfügung.“