Hamburg. Nach der Vorentscheidung drücken zwei Parteien aufs Tempo, eine will die alte Brücke erhalten, und einem Verband ist die neue zu hoch.
Die Entscheidung für eine neue Köhlbrandbrücke ist offiziell zwar noch nicht gefallen. Aber die Vorentscheidung auf Basis eines internen Prüfberichts der Wirtschaftsbehörde, über den auch das Abendblatt berichtet hatte, wird in der Politik bereits intensiv diskutiert. „Wirtschaftssenatorin Leonhard hat ein transparentes Verfahren angekündigt, daher erwarte ich, dass uns Abgeordneten das Gutachten und die Entscheidungsfindung des Senats vollständig offengelegt wird“, forderte Dennis Thering, Vorsitzender der CDU-Fraktion.
Der Oppositionsführer warf dem rot-grünen Senat fehlendes Tempo vor: „Die SPD regiert jetzt seit 13 Jahren, und bis heute ist bei der neuen Köhlbrandquerung außer offensichtlicher Fehl- und Neuplanungen nichts passiert.“ Thering spielte damit darauf an, dass der Senat lange einen Tunnel als Ersatz für die Brücke favorisiert hatte. Doch dessen Kosten stiegen derart an, dass die neue Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD), die Ende 2022 ins Amt kam, als eine der ersten Amtshandlungen noch einmal prüfen ließ, ob eine neue Brücke nicht doch die bessere Lösung wäre.
Neue Köhlbrandbrücke im Hamburger Hafen soll 20 Meter höher werden als die alte
Darauf läuft es nun hinaus. Wie berichtet, soll die neue Brücke der bestehenden zwar sehr ähnlich sehen, aber deutlich höher werden: Die Durchfahrtshöhe soll von jetzt 53 auf 73,5 Meter steigen, damit die immer größeren Frachtschiffe das dahinter liegende Containerterminal Altenwerder erreichen können. Während ein Tunnel bis zu sieben Milliarden Euro gekostet hätte, wird für die Brücke „nur“ mit viereinhalb bis fünf Milliarden Euro kalkuliert – plus eine halbe Milliarde Euro für den Abriss des alten Bauwerks.
Am Dienstag vor Ostern will der Senat sich mit der Entscheidung befassen und dann die Bürgerschaft um die Freigabe der Planungsmittel bitten. Das begrüßte auch CDU-Fraktionschef Thering: „Eine Entscheidung muss jetzt zeitnah erfolgen, und dann bleibt zu hoffen, dass jetzt zügig geplant wird und eventuelle Klagen, Baukostensteigerungen oder Unvorhersehbares nicht für noch weitere Verzögerungen beim Brückenneubau sorgen.“
Linkspartei will alte Köhlbrandbrücke erhalten: „Senat hat Unterlagen ignoriert“
Die Linkspartei will sich mit dem Abriss der denkmalgeschützten Brücke noch nicht abfinden. „Wir werden diese neuen Berechnungen und Studien intensiv prüfen, denn wir sind skeptisch“, sagte ihr hafenpolitischer Sprecher Norbert Hackbusch. „Der Senat hatte Unterlagen ignoriert, die für eine Sanierung der bestehenden Brücke sprachen.“
Auch der Denkmalverein gibt Kontra: „Wir kritisieren die Abrissplanung scharf, denn bis heute wurde nicht untersucht, ob und wie man die Brücke erhalten könnte und ob eine zweite Brücke für Lkw möglich wäre, wie es schon zur Bauzeit geplant war“, sagte Geschäftsführerin Kristina Sassenscheidt. Eine Online-Petition zum Erhalt der Brücke hätten schon fast 25.000 Menschen unterschrieben.
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„Das wurde auch Zeit“, sagte dagegen die FDP-Landesvorsitzende Sonja Jacobsen zu der absehbaren Entscheidung. Wenn die neue Köhlbrandbrücke planmäßig 2034 fertiggestellt werde, seien das „gut 25 Jahre vom Erkennen des Problems bis zu seiner Lösung“, so Jacobsen. „Das ist Infrastrukturpolitik im Schneckentempo.“ Bei der A26-Ost und einer schnelleren Bahnverbindung Hamburg–Hannover müsse Rot-Grün mehr Tempo machen.
Die AfD kritisierte ebenfalls, dass der Senat „wertvolle Zeit verschwendet“ habe, so Fraktionschef Dirk Nockemann. Die neue Brücke sei aber nur die zweitbeste Lösung, seine Fraktion präferiere weiterhin den Tunnel. „Er ist zwar teurer, aber er hält auch deutlich länger und belastet den Schiffverkehr weniger“, so Nockemann, der forderte, an wichtigen Infrastrukturprojekten nicht zu sparen.
Neue Köhlbrandbrücke: Steuerzahlerbund plädiert für geringere Höhe
„Endlich bewegt sich etwas“, sagte auch Petra Ackmann, Landesvorsitzende des Bundes der Steuerzahler. Ihr Verband halte die Entscheidung für eine neue, höhere Brücke allerdings „für verfehlt“. Ackmann: „Sollte sich herausstellen, dass eine mehr als 70 Meter hohe Brücke lediglich für eine kleine Anzahl von Schiffen benötigt wird, müssen Alternativen in Betracht gezogen werden, etwa eine deutlich niedrigere Brücke.“
SPD-Wirtschaftsexperte Hansjörg Schmidt kann sich die neue Brücke hingegen gut vorstellen: „Die Brücke über den Köhlbrand ist heute ein weithin sichtbares Wahrzeichen unserer Stadt. Leider ist das jetzige Bauwerk nicht zu halten, aber es würde der Stadt gut zu Gesicht stehen, wenn eine neue Brücke dessen Platz in der Hamburger Skyline einnimmt.“