Hamburg/Berlin. Grüne verraten, wie der Senat im Bundesrat gestimmt hat. Katharina Fegebank geht auf Kritik an Cannabis-Freigabe ein.
Es ist schon eine historische Entscheidung – und in Hamburg wird sie teils bejubelt, teils sehr kritisch gesehen: Die künftige Legalisierung von Cannabis in Deutschland vom 1. April (Ostermontag) an ruft Reaktionen in Politik und Gesellschaft hervor, die extremer kaum sein können. Der Bundesrathat den Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Freitag nicht in den Vermittlungsausschuss und damit ins sichere Aus geschickt. Vielmehr werden der Konsum für Erwachsene sowie der kontrollierte Anbau in Zukunft legal sein. Rückwirkend sollen wegen Cannabis verurteilte Menschen in den Genuss einer Amnestie kommen können.
In Hamburg erklärte die Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Jennifer Jasberg, sie begrüße die Legalisierung und mahnte gleichzeitig an, dass das Gesetz gut und „durchdacht“ umgesetzt werde. „Die Entkriminalisierung des Cannabiskonsums ist ein zentrales grünes Anliegen und zudem ein wichtiger Schritt hin zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis, echter Prävention sowie wirkungsvollem Kinder- und Jugendschutz.“ Gerade das Signal einer Legalisierung im Hinblick auf Jugendliche und Heranwachsende hatten Ärzte und andere Experten kritisiert.
Cannabis in Hamburg: Tschentscher sieht Fehlentscheidung und „großen Schaden“
Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) erklärte dagegen: Er halte die teilweise Freigabe zum Konsum der Droge für Erwachsene nach wie vor für einen Fehler, der die Probleme der Drogenpolitik in Deutschland weiter verschärfe und großen Schaden anrichte. „Vor allem die jungen Menschen erhalten mit der Legalisierung ein völlig falsches Signal. Der Konsum von Cannabis gefährdet ihre Gesundheit sehr“, so Tschentscher zum Abendblatt. „Die Ministerpräsidenten der Länder waren der Auffassung, dass der Gesetzentwurf in den Vermittlungsausschuss überwiesen werden sollte. Sie wurden überwiegend von ihren Koalitionspartnern auf Grundlage der bestehenden Koalitionsverträge daran gehindert.“ Bund und Länder hätten nun einen großen Aufwand, die mit dem Gesetz verbundenen „Fehlentscheidungen“ korrigieren.
Jasberg sagte in ihrer Erklärung versteckt, wie sich Hamburg im Bundesrat verhalten habe: Enthaltung bei der Frage Vermittlungsausschuss oder nicht. Sie erklärte außerdem: „Eine erfolgreiche Blockade der Union wäre nichts anderes als ein rechtsstaatlicher Tabubruch gewesen.“
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Hamburger Oppositionsführer Thering: Polizei und Justiz jetzt besser aufstellen
Der Oppositionsführer in der Bürgerschaft und designierte Spitzenkandidat der CDU bei der Bürgerschaftswahl 2025, Dennis Thering, sagte am Freitag: „Die Freigabe von Cannabis ist ein folgenschwerer Fehler. Unser Land hat derzeit viele ungelöste Probleme, die Freigabe von Cannabis gehört mit Sicherheit nicht dazu.“ Da ist Thering gar nicht weit entfernt von Bürgermeister Peter Tschentscher oder Innensenator Andy Grote, die eine Legalisierung in dieser Form ebenfalls abgelehnt hatten. Doch in einer Koalition ist es geübte Praxis, sich bei abweichenden Meinungen im Bundesrat zu enthalten.
Thering fürchtet nun: „Kinder und Jugendliche werden damit großen gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt und Justiz und Polizei zusätzlich belastet.“ Er erwarte von Tschentscher, „dass er Polizei und Justiz jetzt endlich so aufstellt, dass der zusätzliche Aufwand durch das Cannabisgesetz auch geschultert werden kann“.
Für Schleswig-Holstein sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), er halte vieles an dem Gesetz für falsch, vor allem die Art der Umsetzung. Sie sei bis heute nicht geklärt. „Ich bedauere, dass es uns nicht gelungen ist, diese Elemente noch zu korrigieren.“ Günther sagte weiter: „Diese Punkte hätte man in einem Vermittlungsausschuss gut miteinander lösen können, aber am Ende gab es dafür keine Mehrheit. Auch in Schleswig-Holsteins schwarz-grünem Bündnis habe „die grüne Seite diese Probleme nicht in dem Maße gesehen, wie wir in der CDU sie gesehen haben“. Es sei jedoch zu akzeptieren, dass es im Bundestag eine breite Mehrheit für das Gesetz gibt. „Aber die Verantwortung für das Gesetz tragen nicht die Länder, sondern die Ampel-Koalition in Berlin. Auch dafür, dass es in seiner jetzigen Form fast unmöglich zu administrieren sein wird, ungeachtet dessen, dass es bereits in wenigen Tagen in Kraft tritt.“
Cannabis: Kiffen ab Ostermontag – zu früh für Anna Gallina
Die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) sah ebenfalls den Konsumaspekt der mutmaßlich Millionen Kiffer: „Es ist gut und richtig, dass sich Erwachsene nun nicht mehr strafbar machen, wenn sie einen Joint rauchen.“ Auch Fegebank gab sich besonnen, was die Umsetzung des Gesetzes angeht und nahm die Kritik von Polizei und Justiz auf: „Die Kontrolle der Anbauvereinigungen, der Abstandsregeln und die rückwirkende Straffreiheit stellen Hamburg vor große Herausforderungen, die jetzt mit aller Kraft angegangen werden. Und klar ist auch: Der Konsum von Drogen ist nie ohne Risiko.“
Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne), die die Legalisierung grundsätzlich befürwortet, sprach dennoch von einem „bitteren Nachgeschmack“, den der Prozess der Cannabis-Legalisierung hinterlasse. „Es ist nach wie vor nicht ansatzweise nachvollziehbar, warum Bundesgesundheitsminister Lauterbach (SPD) sich so gegen die Bedenken der Justiz der Länder gesperrt hat.“ Eine Freigabe zum 1. April komme zu schnell. „Jeder zusätzliche Monat hätte die Lage verbessert.“
Die Hamburger AfD sah einen „schwarzen Tag“ für die Gesellschaft. „Einzig für den Schwarzmarkt ist es ein guter Tag“, sagte der gesundheitspolitischer Sprecher Thomas Reich. „Durch die Legalisierung ist zu befürchten, dass Cannabiskonsum einen Höhenflug erlebt und Drogen insgesamt salonfähiger werden.“