Hamburg. Neue Regeln ab Ostermontag, 1. April 2024. Details liegen dem Abendblatt vor. Kann Alkoholverbot nach Waffenverbot die Lage beruhigen?

Es ist ein ganzes Paket von Maßnahmen gegen die angespannte Lage um den Hamburger Hauptbahnhof, das über Monate Schritt für Schritt eingeführt wird. Vom Sommer des vergangenen Jahres bis zum Ostermontag am 1. April 2024 wird es dann gedauert haben, um zu einschneidend veränderten Regeln, neuen Hilfsangeboten und mehr Druck auf mutmaßliche Täter zu kommen. In einer Woche beginnt das Alkoholverbot. Die Senatsdrucksache dafür liegt dem Abendblatt exklusiv vor.

Jeder einzelne Step ist mit gesetzlichen Vorgaben verknüpft, mit höherem Personal bei Polizei, Behörden und Helfern – und mit einem neuen Sicherheitsgefühl. Das zumindest erwartet der Hamburger Senat und vor allem Innensenator Andy Grote (SPD). Ihm und Bürgermeister Peter Tschentscher hatten Opposition und Kritiker der Lage rund um Drob Inn, St. Georg und Bahnhofsvorplatz vorgeworfen, zu lange weggesehen zu haben. Mit dem Auslaufen der Corona-Pandemie, dem Wiederanstieg des Reiseverkehrs – rund 550.000 Menschen kommen Tag für Tag zum Hauptbahnhof – und zunehmender Verelendung der Klientel aus Gestrandeten, Crack-Süchtigen und Obdachlosen drohte die Situation aus dem Ruder zu laufen.

Hauptbahnhof Hamburg: Diese neuen Regeln gelten ab 1. April 2024

Nun soll vom Ostermontag an das Trinken von Alkohol im Bahnhof (außer Gaststätten) und auf ausgewählten Flächen rundherum verboten werden.

Zu den neuen Maßnahmen am Hauptbahnhof zählen:

  • Gemeinsame Quattro-Streifen von Hamburger Polizei, Bundespolizei, Bahn-Sicherheitspersonal und Hochbahnwache
  • Waffenverbotszone mit schärferen Kontrollen
  • Video-Überwachung ausgebaut
  • Häufigere Reinigungen der stark beanspruchten Flächen
  • Hilferuf-App Safe now für Reisende
  • Alkoholkonsumverbot
  • Bahnhofsmission als neuer, zentraler „HuB“ (Hilfe und Beratung) für alle Hilfen
  • Neue „Sozialraumläufer“, um Bedürftige direkt anzusprechen
  • Verlängerung von Verträgen für Tagesaufenthaltsstätten für Bedürftige

Alkoholverbot am Hauptbahnhof Hamburg: 200 Euro Geldbuße bei Verstößen

Am Hamburger Hauptbahnhof gilt die Alkoholkonsumverbotszone, die auf der Karte zu sehen ist, vom 1. April 2024 an.
Am Hamburger Hauptbahnhof gilt die Alkoholkonsumverbotszone, die auf der Karte zu sehen ist, vom 1. April 2024 an. © Senat Hamburg | HA

Die Zone für das Alkoholverbot ist kleiner als die für das Waffenverbot. Bier, Wein und anderes in einer Tasche zu tragen, ist davon grundsätzlich zwar auch betroffen. Allerdings ist das nur verboten, wenn „die Getränke den Umständen nach zum dortigen Verzehr bestimmt sind“. Heißt: Wer zu Edeka Tamme geht, eine Dose Bier kauft, um sie offensichtlich am U-Bahn-Abgang oder vor dem Ohnsorg-Theater zu trinken, der begeht eine Ordnungswidrigkeit. Das Bußgeld kann 200 Euro betragen. Im Hauptbahnhof nutzen viele Bewohner des Stadtteils die Wandelhalle und ihre Geschäfte als Läden für den täglichen Bedarf. Ihre Einkäufe und die Gastronomie sind nicht gemeint.

Die neue Verordnung, angelehnt an das Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG), gilt vorerst für zwei Jahre und kann anschließend um drei Jahre verlängert werden. Die Begründung dafür muss zeigen, dass tatsächlich durch „übermäßigen“ Alkoholkonsum „regelmäßig“ am Hauptbahnhof Ordnungswidrigkeiten und Straftaten begangen werden. Die Innenbehörde glaubt, das belegen zu können. Sie argumentiert, dass in den zurückliegenden Jahren „Menschen in augenscheinlich prekären Lebenslagen, wie zum Beispiel Menschen ohne Obdach, bettelnde Personen, aber auch Betäubungsmittel-Abhängige und Personen, die der Trinkerszene zuzuordnen sind, sowohl den Hauptbahnhof als auch das direkte Umfeld vermehrt aufgesucht (haben), um soziale Kontakte zu pflegen, sich mit Gleichgesinnten zu treffen und dabei in Teilen auch ihren Lebensunterhalt durch Betteln aufzubessern.“

Viele Straftaten unter Alkoholeinfluss am Hauptbahnhof Hamburg

Innensenator Andy Grote (SPD) bei der Vorstellung des neuen Konzeptes am Hamburger Hauptbahnhof im Sommer 2023.
Innensenator Andy Grote (SPD) bei der Vorstellung des neuen Konzeptes am Hamburger Hauptbahnhof im Sommer 2023. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Grotes Behörde nennt als Orte den Heidi-Kabel-Platz, den Eingang der Wandelhalle (auf der Schauspielhaus-Seite) und den Hachmannplatz rund um den am Ausgang Südsteg, wo es zu U1 und U3 hinuntergeht. Hier komme es vermehrt aufgrund von Alkohol zu Körperverletzungen, Bedrohungen, Sachbeschädigungen und Urinieren. Viele der Täter und Opfer kennen sich demnach, die Beute bei Rauben liegt oft im Wert unter 5 Euro.

Anhand von „Handakten“, die ausgewertet wurden, schreibt der Senat von einem Zusammenhang bei Alkoholkonsum und Körperverletzungs- und Sexualstraftaten von rund 38 Prozent. Dabei ging es um die Jahre 2019 bis 2023 und 695 ausgewertete aktenkundige Fälle. Bei der Gesamtzahl der Hamburger Fälle in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) war nur die Hälfte unter Alkoholeinfluss.

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Die neue Trinker-frei-Area wird mit Hinweisschildern flankiert und erstreckt sich vom Parkplatz im Norden am Ohnsorg-Theater über den Hachmannplatz bis zum Gehweg am Steintordamm. Auf der Gastro-Seite der Kirchenallee gilt sie nicht, ebenso wenig am Übergang Richtung Steindamm und auch nicht am Museum für Kunst und Gewerbe und dem U-Bahn-Abgang davor. Die Waffenverbotszone reicht dagegen bis zum Drob Inn und dem ZOB. Zusätzliches Personal plant der Senat nicht für die Alkoholkontrollen. Doch wie bei der Waffenverbotszone wird es Schwerpunkteinsätze geben.