Hamburg. 740.000 Euro für 18 Monate: Die „Sozialraumläufer“ rufen heftige Kritik hervor. Suchtexperten warnen vor falschen Hoffnungen.

Sollen die neuen Platzwarte am Hamburger Hauptbahnhof aus dem Finanztopf für die Suchthilfe dort bezahlt werden? Diese „Sozialraumläufer“, die mit dem neuen Senatskonzept rund um das Areal bis zum Drob Inn in zwei Schichten von 6 Uhr morgens bis 22 Uhr eingesetzt werden, kosten in 18 Monaten insgesamt 740.000 Euro. Das sorgt für „große Irritation“ bei der Hamburgischen Landesstelle für Suchtfragen (HLS), die die Arbeit mit den Drogenkranken in Hamburg koordiniert. Geschäftsführerin Sarah Kessler argwöhnt, dass diese Summe nun für die eigentliche Arbeit fehle.

Bei den Sozialraumläufern handele es sich um Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes, im Volksmund „schwarze Sheriffs“ genannt, die Menschen bei Verstößen gegen die Regeln rund um den Hauptbahnhof ansprechen sollen. Nach dem Konzept der Sozialbehörde sollen sie Hilfebedürftige wie Anwohner informieren. Bei der Landesstelle heißt es: „Von Beginn an hat die HLS stets betont, dass die finanziellen Mittel für die Maßnahmen aufgestockt werden müssen und nicht zulasten des bestehenden Budgets der Suchthilfe gehen dürfen. Dass dies nun im Umfang einer dreiviertel Million geschieht, während die Sozialbehörde langjährig bewährte Projekte der Suchthilfe nicht auskömmlich finanziert, hinterlässt zumindest einen bitteren Beigeschmack.“ So fehle zum Beispiel bislang die Zusage, die Tarifsteigerungen bei den Mitarbeitergehältern abzufedern.

Hauptbahnhof Hamburg: 740.000 Euro für „Sozialraumläufer“

Behördensprecher Wolfgang Arnhold sagte dem Abendblatt, die Kosten für die Sozialraumläufer seien sogenannte „Mehrbedarfe“. Sie gingen nicht zulasten bestehender Angebote. In einer Senatsantwort auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Olga Fritzsche heißt es, die Kosten würden aus dem „Einzelplan 4, Produktgruppe 259.03“ getragen. Das steht im Haushalt der Stadt für die Suchthilfe.

Linken-Sozialexpertin Fritzsche erklärte: Der Einsatz der Sozialraumläufer könne die Sozialarbeit nicht ersetzen. Bei den Kosten bekomme sie „Schnappatmung“. Fritzsche sagte: „Da fallen mir deutlich bessere und nachhaltigere Maßnahmen ein, um obdachlose Menschen oder obdachlose Drogengebraucher an das Hilfesystem heranzuführen. Für das Geld könnte man beispielsweise eine konsumtolerante Tagesaufenthaltsstätte einrichten oder die Anzahl der Notschlafplätze für aktiv Konsumierende aufstocken.“

Nach wie vor offen ist, ob es ein zweites Drob Inn geben könnte, in dem Drogen unter medizinischer Aufsicht konsumiert werden. Das Konzept der Sozialbehörde, der Innenbehörde und des Bezirksamts Mitte sieht einen Umbau am bestehenden Drob Inn vor, wo es Sichtschutzelemente und eine neue Beleuchtung geben soll und die Grünfläche erneuert wird.

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Die Landesstelle für Suchtfragen warnt bereits in einem Papier vor dieser neuen „Zentrale“. Das sei verwirrend. Denn das „Fallmanagement“ mit den Süchtigen betrieben ja bereits die bestehenden Stellen. Und für die neuen Platzwarte gebe es am Drob Inn keinen Bedarf. Man habe ja die Polizei und die Straßensozialarbeiter. Auch bei Anwohnern könnten „diese Teams Hoffnungen wecken, die nicht erfüllt werden können“.