Hamburg. Viele Gebäude sind in ausreichendem bis mangelhaftem Zustand. Es soll systematisch durchsaniert werden. Der Masterplan.
Viele Gebäude der staatlichen Hamburger Hochschulen sind in einem nur ausreichenden oder sogar mangelhaften Zustand – das zeigt eine umfassende Untersuchung von 230 Bestandsimmobilien, die Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) und Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) am Freitagmittag im Rathaus vorstellten. Damit gebe es nun eine Grundlage für einen „Sanierungsfahrplan“, hieß es. Über die kommenden zwei Jahrzehnte seien Investitionen von insgesamt rund sechs Milliarden Euro vorgesehen, so Fegebank und Dressel. „Exzellente Wissenschaft braucht exzellente bauliche und technische Infrastruktur“, sagt die Grünen-Politikerin. Schon in diesem Jahr fließen 75 Millionen Euro in mehr als 60 Sofortmaßnahmen.
Der Senat hatte die beiden städtischen Immobilienunternehmen Sprinkenhof und Gebäudemanagement Hamburg (GMH) mit der Bestandsaufnahme beauftragt. Geprüft wurden elf Hochschul- und Wissenschaftseinrichtungen an 20 Standorten mit einer nutzbaren Fläche von insgesamt rund einer Million Quadratmetern, die sich im Eigentum der Stadt befinden. Die untersuchten Gebäude sind zwischen den 1850er- und 2010er-Jahren errichtet worden.
Uni: Hamburger Senat sieht rund sechs Milliarden Euro für Sanierungen vor
Die Analyse begann im März 2022. Bewertet wurden laut Wissenschafts- und Finanzbehörde insgesamt 13 Gewerke, etwa Dach und Fassade, Brandschutz, Heizung und Kältetechnik, Lüftung, Elektrotechnik, Aufzüge und Gebäudeautomation. Auch eine energetische Bewertung war Teil der Analyse. Aus der jeweiligen Gesamtbewertung ergab sich die Eingruppierung in eine Gebäudezustandsklasse (GZK) von 1 („sehr guter Zustand“) über 2 („guter Zustand“), 3 („gepflegter Zustand“), 4 („ausreichender Zustand“), 5 („mangelhafter Zustand“) bis 6 („ungenügender Zustand“).
Demnach gilt – so zeigt es eine Präsentation der beiden Behörden – für die Universität Hamburg, die größte Hochschule der Hansestadt, ebenso wie für die HAW Hamburg, die zweitgrößte Hochschule: Die von ihnen genutzten Bestandsimmobilien sind in einem ausreichenden bis mangelhaften Zustand. Besonders sanierungsbedürftig ist etwa die Staats- und Universitätsbibliothek (Stabi) am Von-Melle-Campus. Etwas besser sieht es zumindest teilweise offenbar an der Technischen Universität Hamburg in Harburg aus: Ihre Gebäude für Forschung und Lehre sind in einem gepflegten bis mangelhaften Zustand.
Hamburgs Hochschulgebäude bekommen durchschnittlich eine 3 -
Insgesamt, so formulierte es Finanzsenator Dressel, gibt es für den Gebäudezustand aller Hochschulen mit 2025 als Ausgangsbasis einen Notendurchschnitt von 3,3, also eine 3 -. „Unser Ziel ist es, am Ende über alles auf eine 2 + zu kommen.“ Das sei auch als Bekenntnis des Senats zur Priorität von Wissenschaft und Forschung für die Zukunft Hamburgs zu verstehen, sind sich beide Politiker einig.
Zurückgreifen will man bei der Sanierung und dem Neubau auf die Erfahrungen von Schulbau Hamburg, dessen Erfolg „bundesweit zum Markenzeichen“ geworden sei. „Wir wollen das Problem strukturell angehen und dabei das Erfolgsmodell Schulbau übertragen auf die Hochschulen“, so Dressel. Das bedeutet auch: Man will ausloten, wo seriell gebaut werden kann, wie im Modell des „Hamburger Klassenzimmers“. In den kommenden Wochen will man mit den Hochschulleitungen die konkreten Bedarfe besprechen und die Vorhaben erst „dann priorisieren“, erläuterte GMH-Geschäftsführer Jens Kerkhoff.
Hochschulneubauten entstehen etwa in Oberbillwerder und in Bahrenfeld
Da nicht überall gleich eine Komplettsanierung möglich ist, sind Sofortmaßnahmen beispielsweise im Brandschutz, Technik und bei undichten Dächern nötig – also alles, was unterdessen zwingend nötig ist, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Da macht die Stabi noch in diesem Jahr den Anfang. Beim Neubau „Haus der Erde“, der sich immer wieder verzögert habe und deutlich teurer geworden sei, habe man viel „Lehrgeld“ bezahlen müssen, räumten die Senatoren ein. Aber: „Wir haben vor, das Haus der Erde Ende dieses Jahres fertigzustellen, sodass es Anfang kommenden Jahres bezugsfertig ist“, kündigte Fegebank an.
Zu den Neubauvorhaben zählen etwa geplante Gebäude am neuen HAW-Campus in Oberbillwerder und am HAW-Campus Berliner Tor. Für die Universität Hamburg gehören dazu auf dem Campus Bahrenfeld das geplante Hamburg Fundamental Interactions Laboratory – kurz HAFUN, ein Neubau mit Hightech-Laboren für die Physiker, ein Lernzentrum für Studierende und weitere Vorhaben. Auch das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin am Hafenrand soll erneuert werden.
Staats- und Universitätsbibliothek muss schnell saniert werden
In der HafenCity Universität, die erst 2006 gegründet worden ist, lernen und arbeiten die Hochschulmitglieder der Untersuchung zufolge in Gebäuden, die in einem guten bis ausreichenden Zustand sind. In einem gepflegten bis ungenügenden Zustand sind die von der Hochschule für Musik und Theater und von der Hochschule für bildende Künste genutzten Immobilien. Gelb und dunkelrot markiert ist auch die Staats- und Universitätsbibliothek.
Bereits grunderneuert wurden der Philosophenturm. Seit 2011 hat Hamburg bereits 1,5 Milliarden Euro in fertige oder noch laufende Bauprojekte für Forschung und Lehre investiert. Dazu zählen u. a. das Trautwein-Gebäude der Hochschule für Musik und Theater und das Kinder-UKE und das Hauptgebäude der TU Hamburg in Harburg.
Uni: Aus sechs könnten neun Milliarden bei der Hochschulsanierung werden
Die insgesamt über die kommenden Jahrzehnte vorgesehenen Investitionen lassen sich laut Finanz- und Wissenschaftsbehörde wie folgt aufteilen: Im Einzelnen geplant seien 1,5 Milliarden Euro für Sanierungen, die dem Stand der Technik entsprechen, außerdem 200 Millionen Euro für energetische Einzelmaßnahmen, 1,2 Milliarden für Instandsetzungen, 1,8 Milliarden für Neu- bzw. Ersatzbauten bis 2033 und 1,4 Milliarden Euro für Neu- bzw. Ersatzbauten ab 2034. Für das voraussichtliche Ende des Sanierungsprogramms im Jahr 2044 gehen die Behörden von einer durchschnittlichen Gebäudeklasse 2 („guter Zustand“) aus.
Die sechs Milliarden Euro müssen nach den Worten von Finanzsenator Dressel über zwei Jahrzehnte finanziert werden. Geplant werden soll so, dass sich die Bauten an sich verändernde Bedarfe der Wissenschaft anpassen können. Abhängig ist die Gesamtsumme u. a. auch von Preissteigerungen im Bau – am Ende könnte die Summe laut Dressel bis auf neun Milliarden anwachsen.
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Vor ziemlich genau zehn Jahren hatte Dieter Lenzen, der damalige Präsident der Uni Hamburg, öffentlich den teils desaströsen baulichen Zustand seiner Hochschule kritisiert und von den „Ruinen, die sich hier Universität nennen“ gesprochen. Manches hat sich seither getan, nun soll die Grundsanierung systematisch geplant werden. „Unser Ziel ist es“, sagte Dressel, „dass wir uns mit dem Problem ,Es regnet durch´nicht mehr befassen müssen.“