Bergedorf. Zweite Bürgermeisterin und Finanzsenator unterzeichnen „Letter of Intent“: Investitionen im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich.
Es sind Unterschriften im Wert eines mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Betrags: Am Donnerstag unterzeichneten die zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) und Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) einen „Letter of Intent“ für den Neubau der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) in Oberbillwerder.
Auch wenn das Papier formal nur eine Absichtserklärung ist, feierten es beide als entscheidenden Grundstock für den Bau der bis zu 6000 Studenten und über 400 Mitarbeiter großen Hochschule der Zukunft. Sie soll den heutigen HAW-Campus in Lohbrügge vollständig aufnehmen und erheblich erweitern. Dabei geht es auch um studentisches Wohnen in direkter Umgebung, was den gesamten Stadtteil Oberbillwerder sowie möglichst auch das benachbarte Neuallemöhe-West jung und attraktiv machen soll.
Zentraler Standort gleich neben der S-Bahn-Station Allermöhe an der Fußgängerzone
„Das muss nun aber auch zügig realisiert werden“, betonte Sabine de Buhr, kommissarische Chefin der für Oberbillwerders Planung und Entwicklung zuständigen IBA Hamburg, beim Unterzeichnungstermin im IBA-Dock auf der Veddel. „Der künftige Gesundheitscampus der HAW wird seinen zentralen Standort gleich neben der Fußgängerzone in Bahnhofsnähe erhalten und zu einem Kernprojekt des ganzen Stadtteils werden. Verzögert sich seine Planung, leidet allerdings die Entwicklung von ganz Oberbillwerder.“
Ganz so schnell wird es den ersten Spatenstich allerdings noch nicht geben: „Mit einem Baubeginn wird frühestens im Jahr 2027/28 gerechnet“, heißt es in der gemeinsamen Pressemitteilung von Senat und Hochschule zur Unterzeichnung vom Donnerstag.
Vorplanungen für „HAW der Zukunft“ nehmen noch Jahre in Anspruch
Tatsächlich läuft einerseits das Bebauungsplanverfahren beim Bezirksamt Bergedorf noch bis Mitte 2024 und erst danach kann mit der erforderlichen, auf drei Jahre geschätzten, Aufhöhung des Geländes um rund 1,50 Meter begonnen werden. Andererseits nimmt die mit der Realisierung dieses Hochschulneubaus bedachte städtische Gebäudemanagement Hamburg GmbH (GMH) erst jetzt konkrete Gespräche mit der HAW auf.
„Wir haben zwar schon einige andere Projekte miteinander realisiert. Aber der komplette Neubau eines ganzen Hochschul-Campus ist im Vergleich dazu eine ganz andere und weit herausfordernde Aufgabe“, sagte GMH-Geschäftsführer Jens Kerkhoff. Er schätzt, dass die Abstimmungen bis Ende 2025 dauern werden.
Hochschulstandort der HAW in Lohbrügge wird komplett geräumt
Wie wichtig der Neubau für die Zukunft der HAW im Bezirk Bergedorf ist, macht Präsident Prof. Dr. Micha Teuscher deutlich: „Schon heute hat unsere Fakultät Life Sciences am Standort Lohbrügge mehr als 3000 Studenten, obwohl dort eigentlich nur 900 vorgesehen sind. Eine Erweiterung ist dort ausgeschlossen, weil alle ehemals dafür vorgesehen Potenzialflächen heute längst anderweitig bebaut sind.“
Am neuen Standort sei nun sogar die Ergänzung um verschiedene Gesundheitsstudiengänge möglich, die neu eingerichtet werden oder vom HAW-Standort Berliner Tor dorthin umziehen, sagt Teuscher: „So wird die Fakultät Life Sciences in Oberbillwerder zum Gesundheits-Campus, der sogar die Möglichkeit bietet, zusätzlich eine eigene Fakultät Gesundheit ins Leben zu rufen.“
Neue Hochschul-Gebäude mit Geschäften, Cafés oder anderer Nutzung im Erdgeschoss
Wo genau die großen Pläne für die HAW der Zukunft umgesetzt werden, zeigt ein Blick auf den frisch abgestimmten Funktions-und Gestaltungsplan für Oberbillwerder. Er sieht den Campus gleich neben der S-Bahn-Station Allermöhe, östlich der künftigen Fußgängerzone, die dann schon im Bahnhof beginnt, wo heute noch die Linienbusse unter den Gleisen hindurch zu ihrem Warteplatz fahren.
Weil die gesamte Hochschule im zentralen Bahn-Quartier liegt, das als erstes der fünf Teile Oberbillwerders entsteht, dürfen ihre Gebäude die maximal zulässigen sechs bis acht Stockwerke im Stadtteil erreichen. „In den Erdgeschossen können wir uns alternative Nutzunge vorstellen, etwa Geschäfte, Cafés oder Sportangebote“, sagt HAW-Präsident Prof. Dr. Micha Teuscher. Das gelte besonders für das Empfangsgebäude, das an den ersten größeren Platz der Fußgängerzone grenzen wird.
Studenten-Wohnheime verteilen sich in Oberbillwerder und Neuallermöhe-West
Ohnehin versteht sich die Campus-Hochschule als Einrichtung für alle Bürger des Stadtteils, die verschiedene Angebote und vor allem Räumlichkeiten der HAW nutzen können. Den wichtigsten Beitrag zur Durchmischung sollen die im Stadtteil verteilten Studenten-Wohnheime leisten, die nicht auf dem eigentlichen Hochschulgelände liegen. Verschiedene Flächen dafür – und für mögliche HAW-Erweiterungen oder -Ausgründungen wie Start-ups – haben die Oberbillwerder-Planer der IBA Hamburg östlich und nördlich vom Campus vorgesehen: „Für einige hat das Studierenden-Werk Hamburg schon Interesse bekundet, als Ergänzung der Wohnheime, die es auf der anderen Seite der Bahnlinie in Neuallermöhe-West ja schon gibt“, sagt die kommissarische IBA-Chefin Sabine de Buhr.
Lob für diese Durchmischung gibt es sowohl von HAW-Präsident Teuscher, als auch Jens Kerkhoff, Geschäftsführer der Gebäudemanagement Hamburg GmbH, die das Projekt umsetzen soll. Prof. Dr. Micha Teuscher sieht im Neubau „eine Hochschule der Zukunft, die Bergedorf im härter werdenden Wettstreit um gute Wissenschaftler und motivierte Studenten einen entscheiden Vorteil in der Konkurrenz mit anderen Standorten“ verschaffe. Und Jens Kerkhoff lobt die hohe Zahl von bis zu 6000 Studenten unter künftig etwa 15.000 Oberbillwerderanern. Das sei wichtig für die Attraktivität des ganzen Stadtteils: „Sie sorgen tagsüber wie auch nachts für viel Lebendigkeit“, was bei der 2024 beginnenden Investorensuche für Oberbillwerders Wohnkomplexe ein wichtiges Argument sein dürfte.
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Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) und Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) nutzten die Unterzeichnung des „Letter of Intent“ für den Neubau der HAW am Donnerstag derweil schon für vorgezogenen Wahlkampf: „Es gibt Politiker in unserer Stadt, die haben schon vergessen, wie wichtig das Thema Wohnungsbau in Hamburg ist“, nahm Dressel den CDU-Bürgermeisterkandidaten Dennis Thering ins Visier, der im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt hatte, Oberbillwerder nach einem Sieg bei der Hamburg-Wahl 2024 sofort zu stoppen.
Katharina Fegebank, die auch Wissenschaftssenatorin ist, betonte: „Mit unserer Unterschrift heute haben wir die Weichen für ein Projekt gestellt, das erst in der kommenden Legislaturperiode entstehen wird. Hinter diese Entscheidung kann jetzt niemand mehr so einfach so zurück.“