Hamburg. Bei vielen Bauten bestehe “erheblicher Sanierungsbedarf“. Laut Gutachten müssen 500 Millionen Euro investiert werden.

Nach Hamburgs Schulen und Kitas sollen nun die Gebäude der Universität saniert werden. Für 93 der rund 170 Uni-Bauten liegt jetzt ein bauliches Gutachten vor über den Sanierungs- und Modernisierungsbedarf. Um alle Gebäude auf den Stand der Technik zu bringen, müssen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten laut Gutachten bis zu 500 Millionen Euro investiert werden.

„Nun belegen Zahlen, was alle Mitglieder der Universität seit Langem wissen und jeden Tag spüren: Bei vielen Gebäuden besteht erheblicher Sanierungsbedarf“, sagt Universitätspräsident Professor Dieter Lenzen. Manche Fachbereiche seien in einem so schlechten Zustand, „dass der Aufwand erheblich ist, um die Betriebserlaubnis nicht zu verlieren“, so Lenzen.

Vier Chemie-Gebäude bereits außer Betrieb

Beispiel der Fachbereich Chemie am Martin-Luther-King Platz in Eimsbüttel. Vier Chemie-Gebäude hatten im vergangenen Sommer vorübergehend außer Betrieb genommen werden müssen: Der Brandschutz war nicht ausreichend. Das war auch ein Ergebnis der baulichen Prüfung, die die Wissenschaftsbehörde vor zwei Jahren in Auftrag gegeben hatte.

Kommentar: In Wissenschaft zu investieren ist klug

Mittelfristig, also in den kommenden fünf bis zehn Jahren, werden die Chemie-Gebäude abgerissen, der Fachbereich auf das Desy-Gelände nach Bahrenfeld umziehen. Die Zoologie siedelt um nach Klein Flottbek zum Botanischen Garten, die Biologie nach Bahrenfeld. Auf dem Campus Martin-Luther-King-Platz hatten die Gutachter 16 Gebäude analysiert.

Auf dem zweitgrößten Uni-Campus ist der Investitionsbedarf am größten. Deshalb geht die bauliche Entwicklung der Uni dort am weitesten voran. Die Chemie wird auf den Campus Bahrenfeld umziehen, der Fachbereich Informatik vom Standort Stellingen an den Campus an der Bundesstraße.

181,4 Millionen Euro für MIN- und Informatik-Neubauten

Mehr noch: Die Fakultät Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften (MIN) bekommt mit dem MIN-Forum und dem Neubau für die Informatik zwei neue Gebäude auf dem Bundesstraßen-Campus. Das hat der Senat nun konkretisiert. Baustart soll im Winter diesen Jahres sein, im Herbst 2022 sollen die Studenten dort lernen können.

Der Siegerentwurf der Neubauten MIN-Forum und Informatik der Uni Hamburg
Der Siegerentwurf der Neubauten MIN-Forum und Informatik der Uni Hamburg © Bez+Kock, Architekten

Finanziert werden diese und andere Vorhaben nach dem Mieter-Vermieter-Modell mit der Gebäudemanagement Hamburg GmbH (GMH) – ähnlich wie bereits bei den Schulgebäuden durch die Schulbau Hamburg. Kosten für das MIN-Forum und Informatik-Neubau: 181,4 Millionen Euro.

Bereits im Bau ist das Haus der Erde (Neubau am Geomatikum an der Bundesstraße) für die Geowissenschaften und die Klimaforschung. Das Haus der Erde soll 2019 fertig gestellt sein. Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne): „Rund um die Bundesstraße wächst ein zentraler Campus für die Naturwissenschaften, der eine Querverbindung zwischen Bundesstraße und Grindelallee schafft.“

Dort an der Grindelallee auf dem Campus am Von-Melle-Park haben die Gutachter 17 Gebäude bewertet. Es ist eine Inaugenscheinnahme ohne weitreichendere Prüfungen der Bausubstanz. Der Von-Melle-Park mit einer Nutzfläche von 65.894 Quadratmetern ist der größte flächenmäßige Uni-Standort, der begutachtet wurde – ausgenommen von dieser Untersuchung ist der Philosophenturm, für den bereits ein Modernisierungsplan vorliegt.

Audimax muss energetisch saniert werden

Laut Gutachten sind die Gebäude der Erziehungswissenschaft, das Rechtshaus und die Bibliothek der Rechtswissenschaften in einem guten Zustand. Nicht so gut sieht es dagegen im Büro- und Seminargebäude VMP9 sowie beim Audimax aus. Das denkmalgeschützte Audimax muss energetisch saniert werden – notwendig sind unter anderem eine neue Heizung, eine neue Abwasserführung. Um das Gebäude auf den neuesten Stand der Technik zu bringen, sind rund fünf Millionen Euro nötig.

Viele Universitätsgebäude stammen aus den 1960er und 1970er Jahren und sind stark sanierungsbedürftig. Nicht nur in Hamburg. „Das ist bundesweit ein Problem“, so Katharina Fegebank.

Der Opposition geht das alles nicht schnell genug. „Dass das Gutachten nun, mit einer Verzögerung von weit mehr als einem Jahr, vorgestellt wird, ist ein Armutszeugnis für die rot-grüne Hochschulpolitik. Zudem wird Gebäuden ein guter Zustand bescheinigt, die international maximal als zweitklassige Hochschulinfrastruktur zu bezeichnen sind“, so Carsten Ovens, wissenschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion.

Hoffnung für den Philosophenturm

Der wissenschaftspolitische Sprecher der FDP-Bürgerschaftsfraktion, Daniel Oetzel: "Der Senat muss jetzt dringend erklären, wie genau er die 500 Millionen Euro in den kommenden 20 Jahren finanzieren will, zumal zusätzliche Bedarfe rausgerechnet wurden, beispielsweise für Interimsmietungen und Grundstückskosten. Die heute vorgestellten Pläne sind im Grundsatz ein Schritt in die richtige Richtung. Nachdem jahrelang Wassereimer unter die Löcher in den Dächern gestellt wurden, war ein Umsteuern dringend erforderlich."

Hoffnung gibt es für den Philosophenturm: nachdem gravierende Mängel am Dach und an den Fenstern festgestellt worden waren, kann mit den vorbereitenden Baumaßnahmen nun in diesem Jahr begonnen werden, die Sanierung des Innenbereiches erfolgt dann im kommenden Jahr – sofern die Bürgerschaft dem Vorhaben zustimmt. Das soll voraussichtlich im Sommer so weit sein. „Das ist im Prinzip eine Kernsanierung“, so Martin Görge, Geschäftsführer der Sprinkenhof GmbH.