Hamburg. Wackelt der Bebauungsplan HafenCity 15? Oberverwaltungsgericht fordert Senat auf, sich mit Anwohnern zu einigen. Es geht um viel.
- Anwohner setzen sich seit Jahren gegen den Hamburger Bebauungsplan HafenCity 15 zur Wehr
- Nun schlägt ein Gericht dem Senat vor, sich in einer Mediation mit den Betroffenen zu einigen
- Das Überseequertier soll künftig das XXL-Einkaufszentrum Westfield beherbergen
Der Stillstand beim Elbtower setzt den Hamburger Senat derzeit erheblich unter Druck. Bauruinen und Brachflächen in der City verdüstern die Lage um die Immobilien-Projekte des einstigen Star-Investors René Benko (Signa) zusätzlich. Nun hat auch noch das Oberverwaltungsgericht (OVG) dem Senat vorgeschlagen und sehr eindringlich nahegelegt, sich in einem Mediationsverfahren mit den Anwohnern des XXL-Einkaufszentrums in der HafenCity (Westfield) zu einigen.
Die Anwohner streiten seit Jahren gegen den Bebauungsplan HafenCity 15 um weniger Verkehr und eine bessere Luft am Elbrand. Das Gericht hatte zwar Fehler in den Planungen entdeckt, aber nie einen Baustopp angeordnet. Nun hat der Anwalt der Anwohner beantragt, den Bebauungsplan aufgrund von Fehlern beim „Ermitteln“ und „Abwägen“ vor allem von Umweltfaktoren für unwirksam zu erklären. Das OVG bestätigte dem Abendblatt, dass es nun dem Senat bis Anfang Januar eine Frist gesetzt hat, um sich zu einer Verständigung mit den Anwohnern zu äußern.
HafenCity: Verursacht XXL-Einkaufszentrum hohe Schadstoff-Emissionen?
Es geht den Richtern offenbar nicht darum, ein schnelles Urteil zu fällen, sondern vorher zu vermitteln. Den Klimaschutz hat das Gericht dabei augenscheinlich ebenso im Sinn. Es werde sich „in Zukunft die Aufgabe stellen, die tatsächlichen Auswirkungen des Planvorhabens in einen angemessenen Ausgleich mit den berechtigten nachbarlichen Interessen zu bringen“.
Hier geht es darum, wie viele Autos zum neuen Einkaufs-Tempel fahren, wie viele Lkw Waren anliefern, ob tatsächlich das große Kreuzfahrtterminal an diesem Standort gebaut werden muss, wie sich das Quartier im Sommer aufheizt, wie hoch die Schadstoffbelastung für die Anwohner und die nahe Kita mit ihrem Spielplatz ist. Eine der Anwohnerinnen ist die Architektin Iris Neitmann, die sich mit der Initiative „Lebenswerte HafenCity“ für erheblich mehr Grün in dem Stadtteil einsetzt. Sie verweist auf Luftreinhalteplan und Klimapläne des Senats, die erneuerbaren Energien zu fördern und die Schadstoffbelastung erheblich zu senken.
Kreuzfahrtschiffe in Hamburg: Neues Terminal für 200 Anfahrten?
Zusätzlich führt sie eine Studie des Umweltbundesamtes an, nach der ein erhöhter Ausstoß von Stickoxiden zu einer erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigung führe, zu vermehrten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfällen und Asthma. Die Kritiker befürchten, dass die Zahl der Anläufe von Kreuzfahrtschiffen sich von 80 auf 200 pro Jahr mehr als verdoppeln könnte, dass das Einkaufszentrum auch sonntags geöffnet werde, was erneut mehr Autoverkehr nach sich ziehe. Neitmann sagte, das Projekt sei überdimensioniert und „unangemessen für diesen Ort“.
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Der Bau des Einkaufszentrums hat nicht nur mit Klagen der Anwohner und Argwohn von Geschäftsleuten aus der Hamburger Innenstadt zu kämpfen. Zuletzt gab es einen Großbrand und einen fürchterlichen Arbeitsunfall, in dessen Folge fünf Bauarbeiter nach einem Absturz in einem Schacht starben.
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Kurz vor dem Unfall hatten die Behörden Mängel auf der Baustelle festgestellt. Konsequenzen hatte es offenbar nicht gegeben. Nach dem Unglück hatte die Staatsanwaltschaft „umfangreich“ Beweismittel sichergestellt. Wegen eines Anfangsverdachts der fahrlässigen Tötung wird weiter ermittelt, wie die Behörde dem Abendblatt bestätigte. Die Bauarbeiten gehen weiter. Im Frühjahr 2024 soll das Shoppingcenter eröffnen. Ob das dazu geplante Event mit einem internationalen Musikstar noch stattfindet, ist ungewiss.