Hamburg. „Probleme an Hamburgs Hauptbahnhof werden verschärft.“ Was der Fahrplanwechsel 2023/2024 bei ICE, Intercity und Metronom bringt.

  • Im Dezember gibt die Deutsche Bahn den neuen Fahrplan für 2023/2024 bekannt
  • Änderungen betreffen nicht nur Fernverkehr, sondern auch S-Bahn, HVV-Busse und Regionalbahnen
  • Es sollen neue Verbindungen geschaffen werden, es werden aber auch einige Züge gestrichen

Alles neu macht der Dezember – zumindest im Bahnverkehr. Nachdem sich Reisende erst einmal mit Zugausfällen aufgrund des Lokführer-Streiks auseinandersetzen müssen, sollten sie sich spätestens am Sonntag mit dem neuen, vom 10. Dezember an geltenden Fahrplan vertraut machen. Sowohl bei den HVV-Bussen gibt es Veränderungen als auch im S-Bahn-Verkehr und ebenso bei den Regionalbahnen und Schnellzügen von und nach Hamburg.

Mehr Intercitys nach Kopenhagen, neue Verbindungen zwischen Sylt und Stuttgart, ein neuer Direkt-IC nach Magdeburg und ICE auf den Strecken zwischen Hamburg und Köln – nach eigenen Angaben schafft die Deutsche Bahn (DB) diesmal so viele Verbindungen wie seit 20 Jahren nicht mehr.

Deutsche Bahn streicht viele Züge ab Hamburg-Dammtor und Altona

Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Denn mit dem Fahrplanwechsel 2023/2024 erfolgt auf manchen Linien auch eine Ausdünnung. Dabei zeigt sich, auf welchen Strecken in und um Hamburg künftig weniger Züge rollen, wo 2024 gebaut wird und wieso der Hamburger Hauptbahnhof unter den Änderungen ächzen dürfte.

Zwar verkehren vom 10. Dezember an drei ICE weniger auf der Strecke Hamburg-Göttingen und zwei ICE weniger zwischen Hamburg und Berlin. Der Fahrplanwechsel dürfte sich zum Leidwesen der Hamburger trotzdem auf den sowieso schon überlasteten Hauptbahnhof auswirken. Denn in Hamburg-Altona sowie Hamburg Dammtor verringern sich die Fernzug-Abfahrten drastisch. Dementsprechend mehr Fahrgäste sind dann auf den Ein- und Ausstieg am Hauptbahnhof angewiesen.

Deutsche Bahn: Zahl der Abfahrten reduziert sich am Dammtor um fast 30 Prozent

Nach Angaben von Heike Sudmann (Die Linke), Vorsitzende des Verkehrsausschusses in der Bürgerschaft, reduzieren sich die Abfahrten von Fernzügen in Altona um rund 22 Prozent und am Bahnhof Dammtor sogar um fast 30 Prozent im Vergleich zum bisherigen Fahrplan.

Damit „beschert die DB dem Hamburger Hauptbahnhof eine Verschärfung bereits bestehender Probleme“, sagt Sudmann dem Abendblatt. Ein beispielhafter Vergleich von zwei repräsentativen Stichtagen ergebe etwa, dass künftig 17 in Hamburg ankommende Züge und 17 von Hamburg abfahrende Züge nicht mehr in Altona und Dammtor halten. „Damit werden täglich noch mehr Reisende den eh schon völlig überfüllten Hauptbahnhof nutzen müssen“, so die Linken-Abgeordnete.

Und auch für die Züge könnte es dann enger werden. Denn endende oder startende Züge hätte eine erheblich längere Standzeit als weiterfahrende. Dadurch werde die Gleiskapazität des Hauptbahnhofs noch weiter eingeschränkt. „Hoffentlich wird die Hamburger Verkehrsbehörde endlich mal aktiv und fordert eine Beteiligung bei den neuen Fahrplänen ein“, fordert Sudmann.

Bahnhof Diebsteich Ursache für fehlende Halte in Altona und Dammtor?

Die DB möchte konkrete Zahlen zwar nicht bestätigen, gesteht jedoch ein, dass Halte in Altona und Dammtor wegfallen. Das sei allerdings nicht in einer Ausdünnung des Fahrplans begründet. Stattdessen seien die Bauarbeiten am Bahnhof Diebsteich sowie auf der Strecke Berlin–Hamburg im zweiten Halbjahr 2024 ursächlich dafür.

Den Bahnhof Diebsteich will die DB nach aktuellem Stand im Jahr 2027 in Betrieb nehmen. „In Zusammenhang mit den Bauarbeiten lassen sich vorübergehende Einschränkungen in der Erreichbarkeit des heutigen Bahnhofs leider nicht vermeiden. So müssen einige Fernverkehrslinien ab Fahrplan 2024 am Hamburger Hauptbahnhof statt in Altona beginnen und enden“, so eine Bahnsprecherin. Dies betreffe unter anderem einen Teil der Züge von und nach München sowie in die Schweiz.

Alexander Montana, Vorstandsmitglied im Verkehrsclub Nord (VCD), zweifelt daran, dass allein Baumaßnahmen schuld an den fehlenden Halten in Altona und Dammtor sind. Insbesondere die entfallenden Halte am Dammtor seien für ihn damit ad hoc nicht erklärbar. „Ich denke, dass nicht nur Baumaßnahmen der Grund für die fehlenden Halte sind. Vermutlich soll auch die eine oder andere Zug-Bereitstellung eingespart werden“, sagt er.

Baustellen zwischen Hamburg und Berlin, aber auch in Richtung Frankfurt und München

Apropos Baustellen. Die könnten in Kürze auch Hamburger Urlaubsreisenden so richtig missfallen, berichtet Montana. Denn die Bahn wolle während der Frühjahrsferien Bauarbeiten durchführen, die die Nachtzugverbindung Hamburg–Zürich beeinträchtigen. Ausgerechnet in der Ferienzeit starten Nachtzüge gen Süden erst ab Hannover – und enden auf der Rückfahrt teils auch schon dort. Den Stress, gegen Mitternacht oder in den frühen Morgenstunden mit Kindern, Sack und Pack von Hamburg nach Hannover zu zuckeln, hätte die Bahn den Menschen ersparen können, meint Montana.

Weitere umfassende Beeinträchtigungen aufgrund von Baustellen können Reisende auf den ICE-Strecken Hamburg–München und Hamburg–Frankfurt noch bis Ende Februar erwarten. Hier sind Verzögerungen zwischen 30 und 50 Minuten einzuplanen. Vom 17. August bis 14. Dezember 2024 saniert die DB zudem Teile der Strecke Hamburg-Berlin. Hier entfallen die Halte Büchen, Ludwigslust und Wittenberge auf ICE- und EC-Fahrten. Stattdessen halten die Züge teilweise in Uelzen, Salzwedel und Stendal. Dafür benötigen sie rund 45 Minuten länger. Wegen der Baustelle verkehrt in der Zeit nur noch ein Zug pro Stunde zwischen Hamburg und Berlin, planmäßig sind es zwei.

Weniger Züge: Metronom ersetzt Ersatzfahrplan durch Ersatzfahrplan

Abgespeckt wird im Übrigen nicht nur bei der Deutschen Bahn, sondern auch beim Metronom. Die Eisenbahngesellschaft leidet unter massivem Personalmangel. Ihren derzeitigen Ersatzfahrplan tauscht der Metronom am 10. Dezember daher gegen einen überarbeiteten Ersatzfahrplan, der vorerst bis zum 3. Februar 2024 gilt. Bestimmte Fahrten auf den Linien RE3, RB31, RE4 und RB41 fallen also weiterhin weg. „Auch künftig werden unter anderem die sogenannten Verstärkerzüge in den Hauptverkehrszeiten entfallen“, heißt es vom Unternehmen. Hintergrund sei der Mangel an Lokführern – trotz großer Anstrengungen, neues Personal zu rekrutieren.

Wer etwa über Lüneburg nach Uelzen, von dort aus weiter nach Hannover oder per Rotenburg (Wümme) nach Bremen reisen möchte, muss sich in den kommenden Monaten auf ausfallende Verstärkerzüge gefasst machen. Zudem fährt die Linie RB31 zwischen Hamburg und Uelzen an Sonntagen tagsüber nur noch im Zweistundentakt, und der Wochenend-Nachtverkehr der Linien RB31 und RB41 zwischen Hannover, Hamburg und Bremen ist ebenfalls auf einen Zweistundentakt reduziert. Die zusätzlichen Fahrten zwischen Hamburg und Tostedt sowie Hamburg und Lüneburg entfallen. Schienenersatzverkehr gibt es unter anderem sonntags auf der Linie RB31 zwischen Lüneburg und Winsen und zwischen Winsen und Hamburg-Harburg im Zweistundentakt zwischen 10 Uhr und 20 Uhr.

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Metronom-Ausfälle sind „eine Katastrophe“, sagt VDC-Mann

„Das ist natürlich eine Katastrophe“, so VCD-Mann Montana. Um das Problem zu lösen, brauche es flexiblere Mitarbeiter in den Verkehrsunternehmen, „aber dazu muss man in die Leute investieren“, sagt er. So wäre es sinnvoll, einen Pool an Mitarbeitern zu beschäftigen, die sowohl als Triebführer als auch als Schaffner eingesetzt werden können. Dann könnte man im Zweifel auf den zweiten Kundenbetreuer auf der Fahrt verzichten – Hauptsache, der Zug rollt erst mal.

Und da davon auszugehen sei, dass sich der Personalmangel nicht allzu schnell in Luft auflöst, seien jetzt Strategien zu debattieren, die dennoch fahrende Bahnen ermöglichen. Beispielsweise wäre ein flächendeckender Einsatz längerer Züge mit zwölf statt wie derzeit oft nur fünf oder sechs Wagen denkbar, so Montana. Dazu müssten lediglich die derzeit oftmals zu kurzen Bahnsteige insbesondere kleinerer Stationen verlängert werden. Ein vergleichsweise einfacher Lösungsansatz – wäre das deutsche Verkehrssystem nur weniger bürokratisiert und die Zuständigkeiten besser verteilt, sagt der Verkehrsexperte.