Hamburg. Die schillernden Austro-Rocker aus Wien begeisterten im ausverkauften Kiezclub 1400 Fans mit optischen und akustischen Leckerbissen.

„Das letzte Mal waren wir in irgend so einem Opernhaus“, erinnert sich Sänger Maurice Ernst von Bilderbuch am Donnerstag an das Konzert der Wiener Band vor zwei Jahren in der Elbphilharmonie, „ich bin froh, wieder im Docks zu sein.“ Der ausverkaufte Club am Spielbudenplatz ist neben dem Dockville Festival der Hamburger Stammplatz der nicht nur in den Alpenregionen enorm populären Austro-Rocker. Und ja, da gehören sie wirklich hin.

„Wir sind eure Lieblingsösterreicher, oder?“, fragt Maurice Ernst und kennt die Antwort. Österreich? Ungern. Aber Bilderbuch? Bitte! Schon die Bühne im Docks ist sehenswert, mit drei großen LED-Leinwänden, die Ernst, Gitarrist Michael Krammer, Bassist Peter Horazdovsky, Schlagzeuger Philipp Scheibl und einen zusätzlichen Perkussionisten von drei Seiten umgeben. Das sieht aus wie bei den Dreharbeiten von modernen „Star-Wars“-Serien, bei denen sich die Schauspieler vor projizierten Landschaften bewegen.

Konzert Bilderbuch im Docks.
Gitarrist Michael Krammer von Bilderbuch versucht im Docks in Hamburg den Überblick über seine Effektpedale zu behalten. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Bilderbuch im Docks: 105 Minuten optische und akustische Leckerbissen

Aber auch ohne die eingespielten Drohnenflüge, Autounfälle und anderen optischen Gimmicks ist das letzte Bilderbuch-Konzert des Jahres jeden Cent wert. Los geht es mit dynamischem, eitlem Arena-Rock, mit „Softpower“, „Dino“, „Digitales Wunder“ und „Gigolo“. Die Mischung aus elegantem Funk und zupackender Härte und die gezeigte Haut von Ernst und Krammer erinnert an Anthony Kiedis und John Frusciante. Red Hot Wiener Schnitzel. Wie die Chili Peppers lässt Bilderbuch einen Song wie „Aber Airbags“ auch gern mal in einen 15 Minuten langen Jam ausarten.

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Vor Electro und Artpop hat die Band ebenfalls keine Scheu. „Lounge 2.0“ und „Bluezone“ piepsen schräg oder reiten die Post-Wave-Welle, und „Ab und auf“ klingt, als würde Prince eine Country-Ballade singen. Das ist optisch wie akustisch (trotz des eher mulmigen Sounds) eine 105 Minuten lange Abfolge von Leckerbissen, mit dem sexy Mitsinghit „Machine“ als Kirsche obendrauf.

Bilderbuch in Hamburg: Die Auswahl der Zugaben könnte besser sein

„Könnt ihr heute etwas böse sein?“, fragt Maurice Ernst, aber man muss schon sehr ungnädig sein, um die Auswahl der vier Zugaben eher mittelstark zu finden: „Willkommen im Dschungel“, „Baba“, das schon an Schlager grenzende „Nahuel Huapi“ und das obligatorische lange Finale mit „Spliff“ schicken die 1400 Fans raus in das Hamburger Bilderbuchwetter. Es nieselt.

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