Hamburg. Am 31. Dezember 2026 endet die Nutzungsvereinbarung für das beliebte Kulturschiff. Wie die HafenCity Hamburg GmbH die Entscheidung begründet.

  • Die MS „Stubnitz“ liegt seit 2013 in der HafenCity und veranstaltet dort ein subkulturelles Kulturprogramm.
  • Die Wohnbebauung der HafenCity schreitet voran und sorgt für Streitpotenzial über den Lärmschutz.
  • Ein Gutachten der HafenCity Hamburg GmbH soll zeigen: ab 2027 gibt es keine Möglichkeit für einen permanenten Standort des Kulturschiffs.

Hohe Kosten, verändertes Ausgehverhalten, Umsatzeinbrüche: Die Veranstaltungs- und Clubbranche hat seit Jahren mit strukturellen Problemen zu kämpfen, auch 2024 mussten und müssen viele Clubs in Hamburg umsiedeln oder schließen. Mit der Finanzierung ringt ebenfalls seit Jahren das weitgehend ehrenamtlich geführte Kultur- und Clubschiff in der HafenCity, die MS „Stubnitz“.

Eigentlich wollte die Crew der MS „Stubnitz“ dieser Tage nur eine frohe Botschaft mit den Hamburgerinnen und Hamburgern teilen: „Im Rahmen der Spendenkampagne ist ein weitaus größerer Betrag zusammengekommen als angepeilt“, heißt es in einer Mitteilung des Kollektivs. Statt der notwendigen 111.000 Euro sind 143.000 Euro gespendet worden, gekoppelt an eine Förderung von 522.000 Euro seitens des Bundes und der Hamburger Bürgerschaft.

Club in der HafenCity: MS „Stubnitz“ sichert Finanzierung – Liegeplatz wird zum Problem

Nachdem das Schiff im August im Heimathafen Stralsund renoviert wurde – der „Schiffs-TÜV“ ist wieder für mehrere Jahre gesichert – mussten Fans des schwimmenden Denkmals nämlich bangen, ob das subkulturelle Konzept aufgrund der Finanzierungsschwierigkeiten zukünftig weitergeführt werden kann. Denen gilt „das größtmögliche Dankeschön der Welt“, denn zumindest bis 2026 ist das jetzt der Fall.

MS Stubnitz
Das Hamburger Kulturschiff MS „Stubnitz“ am derzeitigen Liegeplatz am Kirchenpauerkai. Erst 2023 wurde die „Stubnitz“ nach Anwohnerbeschwerden 400 Meter elbaufwärts verlegt. © Hauke Dressler | Hauke Dressler

Statt diesen Erfolg ausgiebig zu feiern, gibt es jedoch einen herben Dämpfer. Nach der erfolgreichen Spendenkampagne wird der temporäre Liegeplatz an den Elbbrücken nämlich zu einem großen Problem für die Schiffscrew. Zuletzt musste das Schiff 2023 nach sechs Jahren verlegt werden, weil sich Anwohner aufgrund der Lautstärke beschwert hatten. An den Elbbrücken darf die MS „Stubnitz“ nun bis 2026 am Ostende des Kirchenpauerkais liegen. Vor vier Wochen habe sich dann die Befürchtung der Crew bewahrheitet: „Die HafenCity GmbH plant eine Zukunft ohne die Stubnitz“, heißt es in einer Mittteilung.

„Die HafenCity GmbH plant eine Zukunft ohne die Stubnitz“

Die HafenCity GmbH habe mitgeteilt, dass es im gesamten Stadtteil keinen Liegeplatz gebe, der für die MS „Stubnitz“ infrage käme. Grundlage für die Entscheidung sollen laut Stefan Hangl, Vorstandsmitglied und Sprecher des MS „Stubnitz“-Kollektivs, Machbarkeitsstudien der HafenCity GmbH sein: „Diese wurden jedoch ohne unsere Beteiligung durchgeführt, von den Ergebnissen haben wir bisher nichts zu sehen bekommen.“

„Wir wissen nicht, ob es einen Liegeplatz für uns nach dem 31.12.2026 gibt“, heißt es in dem Schreiben weiter. Eine Programmplanung über 2026 hinaus sei daher unmöglich. Man wolle nun sämtliche Ressourcen darauf verwenden, einen neuen Platz zu finden. Wenn diese Suche erfolglos bleibt, sieht die Zukunft für das 1964 erbaute Schiff düster aus.

34 Jahre als Kulturschiff: Zukunft der MS „Stubnitz“ ab 2027 ungewiss

„Entweder die Stadt Hamburg rettet uns und gibt uns einen Liegeplatz oder wir schmeißen das Ding in den Hochofen“, sagt Hangl. In dem Fall würde die inzwischen 34-jährige Geschichte des Schiffs als „hochseetaugliches, gemeinnütziges Kulturschiff und Industriedenkmal, das es in der Größenordnung weltweit kein zweites Mal gibt“ 2026 endgültig enden.

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Auf Anfrage des Abendblatts bestätigte die HafenCity GmbH die Existenz der Machbarkeitsstudien und die darin enthaltenen schlechten Nachrichten für die MS „Stubnitz“ und ihre Fans: „Vor dem Hintergrund zunehmender Anwohnerbeschwerden hat die HafenCity Hamburg GmbH im Jahre 2023 ein Emissionsgutachten in Auftrag gegeben, um die Lärmbelastung am damaligen Liegeplatz der MS ,Stubnitz‘ nahe dem Lola-Rogge-Platz zu messen und Lärmquellen zu identifizieren. Auf dieser Basis wurde 2024 ergänzend die zu erwartende Lärmexposition an aktuellen und zukünftigen Wohngebäuden an anderen Liegeplätzen rechnerisch ermittelt, darunter vor allem für den aktuellen Liegeplatz weiter östlich an Kirchenpauerkai“, teilt die HafenCity GmbH mit.

MS Stubnitz
Im Bauch der „MS Stubnitz“ steigen fast täglich Underground-Konzerte und Partys. © MS Stubitz | Stefan Hangl

HafenCity: „Die ,MS „Stubnitz‘ ist ein wichtiger Kulturort“

Für den aktuellen Liegeplatz soll es demnach keine langfristige Perspektive über Dezember 2026 hinaus geben: „In den Quartieren Baakenhafen und Elbbrücken sind zahlreiche Wohnvorhaben im Bau, die bis 2026 und 2027 fertig gestellt werden. Die Lärmgutachten haben – auf Basis von Messungen nach einer erheblichen Beschwerdelage 2023 – die zu erwartende Emissionswerte für die künftigen Wohngebäude errechnet. Im Ergebnis ist am gegenwärtigen Liegeplatz das Überschreiten der gesetzlichen Richtwerte insbesondere für die neuen Wohngebäude zu erwarten.“

Allerdings soll ein weiterer Alternativ-Standort gefunden werden: „Die MS ,Stubnitz‘ ist ein wichtiger Kulturort“, betont die HafenCity GmbH und gibt an, mit der Kulturbehörde und weiteren Einrichtungen intensive Gespräche zu führen: „Mit Blick auf Lärmschutz und Bestimmungen auf einer der wichtigsten Wasserstraßen ist es nicht leicht, einen dauerhaften Liegeplatz für das Schiff zu finden.“

Kirchenpauerkai: Auch ohne MS „Stubnitz“ keine ruhige Lage

Seit dem Umzug 2023 an das Ostende des Kirchenpauerkais entstanden in unmittelbarer Nähe des Kulturschiffes bereits neue Büro- und Geschäftsgebäude, und auch ohne MS „Stubnitz“ ist dieses Areal durch die nahe U/S-Bahnstation Elbbrücken und die benachbarten, viel befahrenen Elbquerungen keine ruhige Lage. Trotzdem werden die beinahe täglichen Konzerte, Partys und Bandproben im Bauch der MS „Stubnitz“, die Nutzung der (neuen und leiseren) Gangways und der Aufenthalt der Besuchenden auf dem Oberdeck offensichtlich als zukünftiges Problem gesehen.

Denn der Schutz vor Lärmemissionen ist gesetzlich geregelt und einklagbar. Schon der extrem beliebte Club „Moloch“ im Oberhafenquartier gab 2020 mit Blick auf die zukünftige Enwicklung der HafenCity auf. Jetzt wird das Areal „mit einer entsprechenden Schallisolierung und einer vorliegenden Genehmigung für lärmintensive Nutzungen“ neu ausgeschrieben für Clubbetreibende. Die „MS Stubnitz“ hingegen plant kurzfristiger. Für den 1. Dezember hat die Crew einen Musikflohmarkt angekündigt, um die erfolgreiche Spendenkampagne zu feiern, sich zu vernetzen und ein Zeichen für den Erhalt des Schiffs zu setzen.

„Musikflohmarkt“ So 1.12., 14.00–19.00, MS „Stubnitz“, Kirchenpauerkai 29 (U/S Elbbrücken), www.stubnitz.com

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