Hamburg. Fans des Clubs in Altona spendeten in kürzester Zeit 160.000 Euro. Aber 2029 läuft der Mietvertrag mit einer Investorengruppe aus.
„Haste mal ‘ne Mark?“: Beim alten Punker-Schnorrerspruch wusste man immer, dass das Geld gut aufgehoben und schlau investiert wird, in Dosenbier, Hundefutter oder Karten für die UK Subs. Auch beim in finanzielle Schieflagen geratenen Hamburger Musikclub Hafenklang wissen die Fans, was sie bekommen: Ein gut kuratiertes, experimentierfreudiges Musikprogramm abseits des Mainstreams, von Punk bis Electro, mit Herz und Haltung.
Am 9. August hatte der Club an der Großen Elbstraße verkündet, durch zurückzuzahlende Corona-Hilfen, gestiegene Betriebskosten und ein geändertes Ausgehverhalten ein beachtliches Loch im Budget stopfen zu müssen, und richtete auf dem Crowdfunding-Portal Startnext die Kampagne „Broke but dope“ („Pleite, aber klasse“) ein. Das erste Spendenziel von 100.000 Euro wurde nach nur 48 Stunden erreicht, jetzt läuft die Aktion bis 20. September weiter. Fast 160.000 Euro sind bislang zusammengekommen.
Hafenklang: „Dass wir es so schnell schaffen, hätte niemand von uns gedacht“
„Dass unser Spendenziel innerhalb von 48 Stunden erreicht wurde, hat uns alle umgehauen und zu Tränen gerührt. Wir haben zwar auf unseren überregionalen Ruf gezählt und gehofft, dass innerhalb der Kampagnenzeit da ein guter Teil des Geldes zusammenkommt. Aber dass wir es dann so schnell schaffen, hätte niemand von uns gedacht. Dafür sind wir unheimlich dankbar“, freut sich Rosa Muminovic vom betreibenden Verein des Hafenklangs.
Auch nach Steuern und bezahlten Ausständen, unter anderem beim langjährigen Getränkelieferanten, bleibt ein gutes Sümmchen, um den fast 30 Jahre alten, zuletzt 2007 sanierten und aufgestockten Club zu modernisieren, die kürzlichen Veranstaltungsabsagen nach einer verstopften WC-Anlage sollen sich nicht wiederholen und auch „alte Stromfresser“ sollen überholt werden. Umso mehr freut sich der Verein über die große Solidarität: „Das bestärkt uns darin, dass wir doch einiges richtig machen. Ohne den Support des Publikums und der Künstlerinnen und Künstler, die im Hafenklang auftreten, wäre das Ganze ziemlich sinnlos. Dann wäre das Hafenklang ja auch nur ein inhaltsloser Raum“, sagt Muminovic.
Hafenklang: Die Umstände für Clubbetreibende bleiben prekär
Die Szene ist nach den Schließungen von Waagenbau, Astra Stube, Beat Boutique, Fundbureau und PAL und dem mal wieder nur knapp abgewendeten Ende des Molotows sensibilisiert. Auch wenn das Hafenklang wieder Wasser unter dem Kiel hat und Fundbureau und Beat Boutique Anfang August neu in den Deichtorhallen-Kasematten eröffnet wurden, bleiben die Bedingungen für Clubs so, wie sie sind mit hohen Betriebskosten und Mieten und kleinen Geldbeuteln der Fans. Das Hafenklang wird nicht der letzte Club sein, der wackelt.
Da sieht der Hafenklang-Verein auch die Politik gefordert: „Die Politik ist viel zu träge und schaut zu, wie die Clubs, die Grundlagenarbeit betreiben, den Bach runtergehen und langsam aussterben. Erst wenn es zu spät ist, wird gehandelt. Auch im Falle der Sternbrücke, da war bereits 2006 klar, dass die Clubs weichen müssen. An einer Lösung und Ersatzlocations wurde erst gearbeitet, als das Kind schon in den Brunnen gefallen ist“, blickt Rosa Muminovic zurück, „es sind immer die kleinen Bühnen, die ein Experimentierfeld und Raum für junge, unbekannte Künstlerinnen und Künstler bieten. Daher sollten sich die Branchenriesen schwer überlegen, ob sie auf Bühnen verzichten können, die Grundlagenarbeit leisten.“
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Auch die Stadt könnte darüber nachdenken, was ihr Grundlagenarbeit wert ist: „Eine Angleichung der Etats zwischen unabhängigen Musikbühnen und beispielsweise der Theaterförderung ist nötig, wenn man Räume wie das Hafenklang erhalten möchte.“
Hafenklang: Mietvertrag des Clubs läuft 2029 aus
Die nächste Krise für das Hafenklang lauert jedenfalls schon am Horizont. 2029 läuft der Mietvertrag mit der Signal-Iduna-Tochter HansaInvest aus, und ob der Club im mittlerweile stark veränderten Investment-Areal des Holzhafens dann dort noch eine Zukunft hat, wird sich erst zeigen.
„Viel zu oft bleibt vielfältiges, lebendiges Kulturleben zugunsten von Investmentblasen auf der Strecke. Inzwischen sieht bereits der komplette Holzhafen charakterlos und uniform aus. Bis auf die Hausnummer 84.“ Dort steht das Hafenklang. Noch.