Hamburg. Der Hansa-Theater-Premierengast über seine Star-Club-Zeit in Hamburg, Fab Four und Rolling Stones und den Zufallshit „Yesterday Man“.
Die neue Varieté-Spielzeit im Hansa-Theater hat begonnen. Und wie es seit Jahren Tradition ist, begrüßte die ehrwürdige Bühne am Steindamm bei der Premiere am Donnerstag auch einen musikalischen Stargast: Chris Andrews (81). Der mit seiner Frau und Managerin Alexandra bei Dortmund lebende britische Sänger und Songschreiber trat bereits 1962 im Hamburger Star-Club auf, machte mit den Beatles die Nächte durch, tourte mit den Rolling Stones und schrieb zahlreiche Hits für Sandie Shaw, Adam Faith, Peter Orloff und weitere Stars der 60er- und 70er-Jahre. Sein bekanntestes Lied sang er allerdings 1965 selber: „Yesterday Man“. Das Abendblatt traf Andrews kurz vor seinem Hansa-Auftritt zum Gespräch über Männer von gestern, Pläne für morgen und seinen ersten Song „I Do“, der der Legende nach nur einmal verkauft wurde – immerhin von einem gewissen Bill Wyman.
Chris Andrews: „Ich bin wohl für immer der ,Yesterday Man‘.“
Hamburger Abendblatt: Herr Andrews, Sie sind der diesjährige Premieren-Gaststar zum Start der neuen Spielzeit im Hansa-Theater und damit in einer Reihe mit Tony Christie, Roberto Blanco, Peter Kraus, Michael Holm und Bill Ramsey. Man könnte jetzt unken, das wären alles „Yesterday Men“ – oder doch eher Showlegenden in ihren besten Jahren, immer noch erfüllt von der Musik?
Chris Andrews: Ich bin beides, wenn ich das so sagen darf. Ich bin wohl für immer der „Yesterday Man“, auch wenn ich schon davor und danach Hits geschrieben habe und immer noch Platten mache.
Wie sind Sie denn damals, also gestern geradezu, zur Musik gekommen?
Andrews: Bei uns zu Hause stand ein Klavier, und da habe ich schon mit drei oder vier Jahren drauf herumgeklimpert und als Teenager im Pub gespielt, bis es mein Vater mir verboten hatte. Mit 15 hatte ich meinen ersten TV-Auftritt in der „Oh Boy“-Talentshow. Dann ging es mit Skiffle und dem Rock ‘n‘ Roll los, besonders mit Jerry Lee Lewis und seinen Eskapaden am Piano. Da habe ich mein Herz verloren.
Chris Andrews in Hamburg: Der erste Auftritt war im Top Ten
1962 mit 20 sind sie zeitgleich mit den Beatles im Star-Club aufgetreten, und 1966 und bei einem Revival 1980 – da war aus dem Star-Club bereits das Sex-Kabarett Salambo geworden, Ihr Schlingel – erneut. Sie gehören damit zu den Legenden, die im Star-Club gereift sind?
Andrews: Nicht ganz. Wie auch die Beatles habe ich vorher im Top Ten gespielt, das waren meine ersten Konzerte in Hamburg, nachdem mich Top-Ten-Boss Peter Eckhorn aus London geholt hatte. Dort hat mich dann Horst Fascher gehört und mir angeboten, im Star-Club aufzutreten.
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Mit den Beatles machten Sie die Nächte zu Tagen?
Andrews: Gerry And The Pacemakers, Tony Sheridan, die Beatles, ja, die waren alle da. Die Beatles nannten mich hinter meinem Rücken „The Crazy Rocker“, waren aber immer begierig, mein Tonbandgerät auszuleihen, um ihre Songideen aufzunehmen. So saßen wir nachts zusammen, haben Zigaretten oder Ähnliches geraucht und Musik gemacht. Eine tolle Zeit, so weit ich mich erinnern kann.
Chris Andrews: „Yesterday Man“ wurde sein erster Zufallshit
Ganz sicher können Sie sich aber noch an jeden der über 700 Songs erinnern, die Sie im Verlauf der Jahrzehnte für sich, Sandie Shaw, Agnetha, Suzie Quatro oder Cher geschrieben haben. Und haben Sie ein Lied abseits ihrer bekannten Hits, das einen besonderen Platz in ihrem Herzen hat?
Andrews: Vor einer Weile kam Peter Orloff zu mir und sagte: „Chris, ich nehm das Lied ,Davon träume ich‘ neu auf, das du mir damals geschrieben hast“, und ich konnte nur antworten: „Das habe ich geschrieben?“ (lacht). Auch wenn Bill Wyman, den ich immer noch oft treffe und der wahrscheinlich die einzige Single meines ersten Songs „I Do“ gekauft hat, von unseren Tourneen mit den Rolling Stones erzählt, muss ich schon scharf nachdenken. Aber ja, Song-Favoriten ... also wenn es ein Lied gibt, das ich besonders schön finde, dann ist es „Girl Don‘t Come“, das Sandie Shaw und auch Cher sowie Chrissie Hynde mit den Pretenders gesungen haben.
Für Sandie Shaw war ja eigentlich auch „Yesterday Man“ bestimmt.
Andrews: Ich hatte damals Mitte der 60er jede Woche drei Songs für Adam Faith und Sandie Shaw abzuliefern. Für Faith zum Beispiel „It‘s Alright“, das Sie vielleicht aus dem Film „Good Morning Vietnam“ kennen. „Yesterday Man“ fiel wohl durch das Raster. Aber so kam ich zu meinem eigenen Zufallshit. Sandie Shaw und die Jungs meiner damaligen Band Chris Ravel And The Ravers pflegen übrigens immer noch regelmäßigen Kontakt. Das ist alles noch beständiger als das heutige Showgeschäft.
Chris Andrews: 2025 feiert er 60 Jahre Karrierestart
Schreiben Sie weiterhin neue Lieder? Und gibt es noch musikalische Träume zu verwirklichen?
Andrews: Ich versuche es, ja. Und ich habe schon angefangen, an einem Album zu arbeiten, nur mit mir am Piano. Ich hoffe, das klappt bis nächstes Jahr, wenn ich 60 Jahre Karriere feiere. Als Nächstes erscheint erst mal eine Version von „Yesterday Man“ von mir mit der Band Wind, die geht eher in Richtung Country.
Eine gewisse optische Ähnlichkeit zwischen Ihnen und Johnny Cash lässt sich ja auch nicht verleugnen.
Andrews: Das nehme ich als Kompliment.
Varieté im Hansa-Theater bis 9.3.2025., Mi–Fr 19.30 (3.–17.2. auch Di 18.30), Sa 15.30 und 19.30, So 14.30 und 18.30, Karten ab 49,90, Hansa-Theater (U/S Hauptbahnhof), Steindamm 17, T. 47 11 06 44; www.hansa-theater.com, 25% Rabatt für Abendblatt-Abonnentinnen und -Abonnenten für Vorstellungen bis 17.11., buchbar bis 13.10., unter 040/47 11 06 44 mit dem Stichwort „Hamburger Abendblatt – Varieté im Hansa-Theater“ oder unter www.hansa-theater.com mit dem Aktionscode „HA25“, zusätzlich eine exklusive Abendblatt-Vorstellung am Do, 26.12., 20:00, Tickets ab 79,50 ab sofort buchbar