Hamburg. Im Cinemaxx stellten die neue Leiterin Malika Rabahallah und ihr Team die Höhepunkte des Festivals vor. Was sich besonders lohnt.

124 Langfilme aus 55 Produktionsländern. Schon diese Zahlen zeigen die Bandbreite des diesjährigen Filmfests Hamburg, des ersten Festivals unter der Leitung von Malika Rabahallah, der Nachfolgerin des langjährigen Direktors Albert Wiederspiel. „Die ganze Kraft des Kinos“ wolle man in diesem Jahr zeigen, heißt es bei der Programmvorstellung am Dienstagvormittag im Saal 3 des Cinemaxx Dammtor. Und was dann von der Festivalleiterin, aber auch von ihrem Team um Programmchefin Kathrin Kohlstedde, vorgestellt wird, lässt für die Zeit vom 26. September bis zum 5. Oktober tatsächlich Großes erwarten. Die innere Liste der „Muss ich sehen“-Filme wird jedenfalls schnell lang und länger.

Da wäre etwa der Eröffnungsfilm „Könige des Sommers“, eine französische Tragikomödie über das Erwachsenwerden auf dem Land und die Kunst des Käsemachens, ausnahmslos besetzt mit Laiendarstellern, die mit ihrer Natürlichkeit verzaubern. Ein idealer Start ins Filmfest. Um eine Art Coming-of-Age geht es auch bei „Good One“, dem Debütfilm von India Donaldson, über eine Teenagerin, die mit ihrem Vater und dessen Freund einen Campingausflug macht – US-Independent-Kino, das an Kelly Reichardt („Wendy and Lucy“) erinnert.

Filmfest Hamburg: Starkes Programm, ab 12. September Karten sichern

Überhaupt ist das Filmfest Hamburg ein gutes Pflaster für Langfilmdebüts: Gleich 27 gibt es in diesem Jahr zu sehen. Dass in Sachen Frauenquote zwar viel, aber noch lange keine Parität erreicht ist – 43 Regisseurinnen bei 124 Filmen –, spiegele die Realität im Filmgeschäft wider, so Kathrin Kohlstedde. In zahlreichen Ländern würden Frauen als Filmemacherinnen kaum oder gar nicht gefördert. Mit entsprechendem Ergebnis.

Auf der Leinwand jedoch spielen Frauen beim Filmfest vielfach die Hauptrollen(n). Etwa in „The Room Next Door“ von Pedro Almodóvar, der für sein Drama bei den Filmfestspielen in Venedig gerade mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde. Er erzählt die Geschichte zweier Frauen (Tilda Swinton und Julianne Moore), die einst Freundinnen waren, sich dann aus den Augen verloren und nun wiedertreffen. Eine von ihnen ist an Krebs erkrankt und bittet die andere um Hilfe, um selbstbestimmt sterben zu können.

Malika Rabahallah
Malika Rabahallah leitet 2024 erstmals das Filmfest Hamburg. © Carolin Windel | Carolin Windel

Wie eine Anwältin einem Mafiaboss hilft, sein kriminelles Leben hinter sich zu lassen

Auch in „Emilia Pérez“ von Jacques Audiard geht es um weibliche Protagonistin: Eine Anwältin (Zoe Saldaña), die einem Mafiaboss helfen soll, einen Schlussstrich unter sein kriminelles Leben zu ziehen und sich in die Frau zu verwandeln, als die er sich schon lange fühlt, in die titelgebende Emilia Pérez. Ein bildgewaltiges, hoch energetisches Epos, in Cannes mit dem Preis der Jury ausgezeichnet. In Hamburg wird Regisseur Audiard („Ein Prophet“, „Der Geschmack von Rost und Knochen“) mit dem Douglas-Sirk-Preis für sein filmisches Schaffen ausgezeichnet. Ebenso wie die britische Regisseurin Andrea Arnold, die (nicht nur in Hamburg) mit Sozialdramen wie „Red Road“ (2006) und „Fish Tank“ (2009) begeisterte und beim Filmfest nun ihren neuen Film „Bird“ zeigt, eine Vater-Tochter-Geschichte, in die ein Purzelbäume schlagender Außenseiter hineinplatzt.

Pressefoto Filmfest Hamburg 2024
Regisseur Jacques Audiard kommt mit seinem neuen Film „Emilia Pérez“ (Foto). Er wird ebenso mit dem Douglas-Sirk-Preis ausgezeichnet wie seine Kollegin Andrea Arnold. © Neue Visionen Filmverleih Wild Bunch Germany | Neue Visionen Filmverleih Wild Bunch Germany

Und das ist noch längst nicht alles: Von Thomas Vinterberg („Das Fest“) ist die siebenteilige TV-Serie „Families Like Ours“ zu sehen, die in einem Dänemark spielt, das aufgrund des Klimawandels vor der Überschwemmung steht. Nun muss die gesamte Bevölkerung evakuiert werden. Ganz starke Animationsfilme kommen mit „Der wilde Roboter“ von Chris Sanders und mit „Das Kostbarste aller Güter“ von Michel Hazanavicius (berühmt durch seinen Schwarz-Weiß-Film „The Artist). Mit der Band Element of Crime beschäftigt sich Charly Hübners Dokumentation „Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“.

Auch ukrainische Langfilme werden gezeigt

Auch „Die Saat des heiligen Feigenbaums“, der neue, heimlich gedrehte Film des in seiner iranischen Heimat politisch verfolgten Regisseurs Mohammad Rasoulof, wird in Hamburg zu sehen sein. Und dann ist da ja auch noch als Gast das Molodist Kyiv International Film Festival mit ukrainischen Langfilmen sowie das Michel Kinder und Jugend Filmfest (27. September bis 3. Oktober), das mit dem ziemlich abgedrehten niederländischen Spektakelspaß „Dein Kopf, der Superheld“ startet.

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Zu sehen ist das alles in den Festivalkinos Cinemaxx Dammtor, Metropolis, Abaton, Passage und Studio. Am „Filmfest ums Eck“-Special sind in diesem Jahr Zeise, Hansa, Koralle, Blankeneser, Magazin, Alabama, Astor FilmLounge, 3001 und Savoy beteiligt. Am 3. Oktober ist der Eintritt frei, in den 14 Kinos können dann insgesamt 35 Filme kostenlos besucht werden. Der Kartenvorverkauf für das Filmfest beginnt am 12. September unter filmfesthamburg.de, in den beteiligten Kinos sowie im Levantehaus.