Hamburg. Ein nicht perfekter, aber starker Saisonauftakt im Großen Saal in der Elbphilharmonie. Mit einem amüsierten Publikum und den fast richtigen Noten.
Die beiden Mini-Pannen zum Start wirken fast wie mit Absicht platziert, um die Stimmung aufzulockern. Erst die Ansage, dass die Hamburger Camerata nach der Pause nicht, wie im Programmheft zu lesen, Mozarts Jupiter-Sinfonie spielt, sondern dessen g-Moll-Sinfonie („mindestens genauso schön!“).
Und dann der kurze Abgang vom Dirigenten Nicolas Krüger, der – ups – die falsche Partitur auf dem Pult liegen hat. Also schnell noch mal hinter die Bühne und die richtige geholt. Dafür gibt’s gleich den ersten Zwischenapplaus. Und eine Welle Heiterkeit, die durch den Großen Saal der Elbphilharmonie schwappt.
Hamburger Camerata in der Elbphilharmonie: Plötzlich hatte der Dirigent die falschen Noten vor sich
Passend zum Ton der Sinfonia Concertante in Es-Dur, mit der das Konzert beginnt. Ein klassisches Stück für vier Solobläser und Orchester, früher mal Mozart zugeschrieben, voller gewitzter Ideen und Dialoge. Angeführt von der Oboistin Tamar Inbar und dem Klarinettisten Johann-Peter Taferner werfen sich die Solisten – vorn im Halbkreis um den Dirigenten gruppiert – musikalische Bälle zu. Und die hüpfen, ditschen und springen munter zwischen ihnen und dem Orchester hin und her. Allerliebst, das Ganze.
Die anschließende Serenade für Streicher von Ermanno Wolf-Ferrari hat ebenfalls ihre spritzigen Momente, vor allem im Scherzo. Andere Passagen ziehen sich dagegen. Weil es der damals achtzehnjährige Komponist in seinem Stück noch nicht schafft, die Inspirationsdichte dauerhaft hochzuhalten – aber auch, weil die Einheit des Ensembles hier und da ein bisschen bröselt. Die Serenade gibt sich leichtfüßig, ist aber ziemlich anspruchsvoll, mit ihren chromatischen Wendungen und ständigen Tempowechseln. Da bringt Nicolas Krüger die Streicherinnen und Streicher der Camerata nicht immer präzise zusammen.
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Auch in Mozarts g-Moll-Sinfonie offenbart die mikroskopische Akustik der Elbphilharmonie ein paar Unschärfen im Zusammenspiel und im Timing. Aber die fallen kaum ins Gewicht – weil das Orchester mit einer packenden Interpretation fesselt. Sie profitiert spürbar von der Opernerfahrung des Dirigenten.
Krüger formt mit der Camerata dramatische Kontraste, etwa bei den Bläserakzenten im Kopfsatz, die wie kleine Schockeffekte aufzucken, aber auch im aufmüpfigen Menuett, das den höfischen Tanzrhythmus fast schon zornig aus dem Tritt bringt. Keine Spur von Klassik-Routine. Sondern nervöse Unruhe, in der ganzen Sinfonie. Und die treibt auch das Finale voran. Aufregend und lebendig, diese Mozart-Aufführung. Der Schlusspunkt eines sicher nicht perfekten, aber dennoch starken Saisonauftakts bei der Hamburger Camerata.