Hamburg. Kreative Zwischennutzung der HipHop Academy im Jupiter: Im „Urbandocks“ gibt es Graffiti und Tanz – nicht nur zum Zusehen.
Das, was sich sonst hinter verschlossenen Türen im Kulturpalast Billstedt abspielt, hat nun gewissermaßen zu seinen Wurzeln zurückgefunden – nämlich in die Öffentlichkeit. Die HipHop Academy ist neuerdings auch in der Hamburger City anzutreffen. Im Jupiter an der Mönckebergstraße, direkt hinter dem Hauptbahnhof, wird auf 1300 Quadratmetern gesprayt, getanzt und geplaudert.
Hier treffen jüngere auf ältere Hip-Hopperinnen und Hip-Hopper und erfahrene Graffiti-Künstler auf Passanten, die sich schon immer einmal in der Straßenkunst versuchen wollten. Denn die Academy bietet im ersten Stockwerk des ehemaligen Karstadt-Sports-Gebäudes „Jupiter“ nicht nur Kurse für Amateure bis Profis an, sondern hat auch Schnupperstunden für absolute Beginner in petto.
Und wer sich einfach nur umsehen möchte, ist ebenso willkommen. Das ist schließlich, wie die Subkultur entstanden ist: als Neben- und Miteinander der verschiedenen Sparten im öffentlichen Raum. Academy-Intendantin Dörte Inselmann erhofft sich, mit dem „Urbandocks“ ein ganz neues Publikum zu erobern.
Hamburg City: Was die HipHop Academy im Jupiter treibt
Als „Schaufenster“ in die Welt des Hip-Hop begreift Inselmann die neue Dependance „Urbandocks“ im Jupiter, das derzeit für kreative Zwischennutzungen vermietet wird. In der ersten Etage des Gebäudes tun sich die Hip-Hopper und Künstler Alex Heimkind zusammen, um ihre urbane Kunst vor Ort gemeinsam zu präsentieren. Heimkind initiierte mit seinem gemeinnützigen Unternehmen OneZeroMore (OZM) die Ausstellung „Female Frames“, die derzeit die Räumlichkeiten schmückt.
Der weite Raum schafft Platz für Synthese-Effekte: So profitiert die Hip-Hop-Tanzgruppe von den großflächigen Graffiti, zwischen denen sie stilecht proben kann. Die Sprayer hingegen dürfen mit standesgemäßer Beschallung rechnen. Die Fläche im ehemaligen Kaufhaus hat sich unter der Residenz der Academy in einen echten Begegnungsraum verwandelt. Hier herrscht reger Austausch.
Hip-Hop im „Urbandocks Jupiter“ in Hamburg – die Tür steht jedem offen
Im „Urbandocks“ trifft der 14-jährige Luca auf die 55-jährige Bettina. Seite an Seite arbeiten die beiden hochkonzentriert an ihrem jeweiligen Kunstwerk. Während Luca – „Ich möchte Künstler werden“ – das Sprayerhandwerk in der Masterclass mehrere Stunden in der Woche intensiv erlernt, ist Bettina erstmalig bei der Academy zu Gast. „Ich fand Graffiti schon immer toll und wollte es einfach mal ausprobieren“, sagt sie. „Dass es hier die Möglichkeit dazu gibt, finde ich einfach cool. Die Tür steht offen, und jeder kann vorbeikommen.“
Professionell unterwiesen wird Bettina von Graffitikünstler Benjamin alias „Stock La Rock“. Benjamin ist bei der Academy angestellt. Im Jupiter gibt er Einsteiger- bis Profikurse oder designt mit Passanten Papphocker und T-Shirts. „Hier geht es in erster Linie darum, sichtbar zu machen, was wir sonst in Billstedt oder Harburg tun. Hier kommen ständig interessierte Leute ins Haus, es gibt Laufkundschaft“, sagt er.
Das öffne den Hip-Hop-Kosmos auch für ganz neue Altersgruppen. Im Jupiter habe er schon Sieben- und 70-Jährige gleichermaßen in die Welt der bunten Buchstaben geführt. Was ihn außerdem antreibt, den Radius der Academy zu erweitern: „Wir helfen, junge Leute davon abzubringen, den ganzen Tag am Jungfernstieg oder in der Europa Passage herumzuhängen und auf dumme Gedanken zu kommen.“
HipHop Academy im ehemaligen Karstadt Sports in Hamburg: zurück zu den „Roots“
Für Tanz-Coach AnDy Calypso ist der Freiraum im Jupiter das, „was ich vermisst habe“, sagt sie. Ihre Gruppen zwischen den Graffiti zu trainieren, in einem Raum, in dem es immer wieder auch Zuschauer gibt, „genau das ist ja Hip-Hop.“ Oft würde die Subkultur viel zu sehr in den einzelnen Sparten vermittelt, dabei seien diese gar nicht voneinander zu isolieren. „Man darf die Roots nicht vergessen, die Geschichte der Hip-Hop-Kultur. Das hier ist der perfekte Ort dafür“, sagt AnDy. Denn Hip-Hop sei nicht zuletzt ein ständiges Präsenzzeigen in der Stadt.
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„Hip-Hop ist leider in vielen Kreisen immer noch verpönt, weil das Gefühl herrscht, es sei eine reine Jugendkultur“, sagt Tänzer Franklyn „Slunch“ Kakyire. Im Jupiter soll die halbstündige „Aktive Pause“, die er jeden Donnerstag anbietet, insbesondere Büroangestellte in Bewegung bringen und von der Hip-Hop-Kultur überzeugen. Anmelden können sich Interessierte für die „Aktive Pause“ sowie weitere Tanz- und Graffiti-Kurse auf der Webseite des „Urbandocks“ www.urbandocksjupiter.de. Einfach vor Ort vorbeizuschauen ist auch möglich.
Geöffnet ist das Jupiter montags und dienstags zwischen 10 und 21 Uhr, mittwochs bis sonnabends sogar bis Mitternacht und am Sonntag bis 18 Uhr. Wie lange die Academy unter dem Titel „Urbandocks“ im Jupiter residieren kann, steht noch nicht fest. Die Mietzeit läuft offiziell noch bis August. Geht es nach Intendantin Inselmann und ihrem sprayenden, tanzenden Team, wird der Vertrag aber bis zum Jahresende verlängert.