Hamburg. Tanzschule feiert auf Kampnagel 50 Jahre Hip-Hop. Und erweitert die Subkultur beherzt und mit überraschend interaktivem Finale.

Tradition ist wichtig im Hip-Hop. Weswegen die Hamburger HipHop Academy ihre jährliche Gala auf Kampnagel dieses Jahr als Geburtstagsfeier anlegt.

Am 11. August 1973 organisierte Kool DJ Herc eine sogenannte Block Party in der New Yorker Bronx, und was damals im Sozialraum eines Plattenbaus entstand, ist 50 Jahre später eine weltweite Jugendkultur. Da kann man sich schonmal an seine Wurzeln erinnern, auch wenn es stilecht gewesen wäre, zum Einstieg Hercs von Reggae und Dub beeinflusste Tracks zu hören. Stattdessen wummert das neun Jahre jüngere „The Message“ von Grandmaster Flash & The Furious Five aus den Boxen, aber egal. Man muss es auch nicht übertreiben mit der Traditionstreue.

Die Hip-Hop-Academy bietet seit 2007 ein kostenloses Trainigsprogramm an: Rap, Breakdance, DJing, Beatboxing, Graffity, Producing und Tanz. Die jährliche Gala ist einerseits Präsentation der Arbeitsergebnisse, die die Vielfalt der Subkultur abbildet, andererseits notwendig, um die weitere Arbeit sicherzustellen: Die Academy ist eine Non-Profit-Organisation, die sich über Spenden und Sponsoren finanziert. Das verschafft dem Abend eine Establishmentnähe, die dem Straßencharakter des Hip-Hop ein Stück weit zuwiderläuft – besonders bronxhaftig ist so eine Gala nicht. Wobei der Charme der jugendlichen Performer das schnell wieder auffängt.

Kampnagel: Hamburger HipHop Academy holt Publikum auf die Bühne

Ohnehin geht es bei der zweiteiligen Show in erster Linie um die ganz jungen, die als „Calypso Kids“ Gruppenchoreografien zeigen, um Ältere, die als „Next Selection“ mit Spins und Breakdance beeindrucken, um die Gesangsklasse, die mit Rap überraschend wenig zu tun hat und näher an Soul und R’n’B rückt (wobei jede Stimmakrobatik mit ohrenbetäubendem Applaus goutiert wird). Tradition ist wichtig, also gibt es auch Traditionswächter – nach der Show hört man mehrfach abfällige „Hip-Hop war das aber nicht!“-Kommentare. Sei es drum, das ist der Streit zwischen Konservativen und Avantgardisten, der sich irgendwann in jeder Kultur breitmacht.

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Nach der Pause dann: „The Living Room“, ein Musik- und Tanzstück, das die reiche Hip-Hop-Geschichte in der Regie von Philipp Kaufmann noch einmal auffächert. Ein wenig hätte man sich hier einen druckvolleren Sound gewünscht, doch auch im zweiten Teil sind es die Menschen auf der Bühne, die das Stück tragen, trotz schwammiger Beats. Deutlich wird hier die integrative Leistung, die Hip-Hop beinhaltet: Iranischstämmiger Rapper, Nerdgirl hinter dem Bildschirm oder extrovertierte B-Boys – für jeden ist eine Nische vorhanden.

Und zum Finale auch fürs Publikum, das schließlich auf die Bühne darf und mittanzt. Und dann ähnelt die Gala auf Kampnagel doch noch der Block Party in der Bronx. Ein bisschen.