Hamburg. Regisseur Matthias Glasner zeigt sein neues Familien-Drama in den Kinos Abaton und Zeise. Weshalb „Sterben“ auch zum Lachen anregen darf.

Alle gesunden Familien gleichen einander, aber jede sterbende Familie stirbt auf ihre eigene Weise. Das lässt sich vielleicht mitnehmen aus Matthias Glasners neuestem Drama „Sterben“. Ausgangs-, Dreh- und Angelpunkt für den Film des Hamburger Regisseurs war der Tod seiner eigenen Eltern, sagt er. Und vieles, was Matthias Glasner auf der Leinwand zeigt, habe er selbst so oder ähnlich erlebt.

Zur Hamburg-Premiere des Films, dessen offizieller Kinostart am 25. April ist, besuchte der Regisseur gemeinsam mit einigen seiner Darstellerinnen und Darsteller – unter anderen Lars Eidinger, Lilith Stangenberg, Ronald Zehrfeld – erst das Zeise- und darauf das Abaton Kino, um dem „Sterben“-Premierenpublikum im Filmgespräch Rede und Antwort zu stehen. Das Abendblatt passte die Stars in Altona am roten Teppich ab.

Kino Hamburg: Hamburg-Premiere von „Sterben“ mit Staraufgebot in Altona

Lars Eidinger ist in „Sterben“ in der Rolle des Tom Lunies zu sehen, einem Dirigenten, zerstritten mit der kranken Mutter (Corinna Harfouch), in einer komplexen bis komplizierten Beziehung mit der Ex (Anna Bederke) und überfordert mit den Launen seines suizidalen Kollegen und Freundes Bernard (Robert Gwisdek). Tom Lunies versucht zu handeln, doch meist passieren ihm die Dinge einfach.

Dass er in Glasners autobiografisch inspiriertem Film gewissermaßen auch den Regisseur selbst mimt, war für Eidinger eine besondere Herausforderung, sagt er: „Es stört mich zum Beispiel, wenn ich historische Persönlichkeiten spiele, dass man dann immer am Original gemessen wird, aber auch, dass man der Persönlichkeit gerecht werden muss und da eine Verantwortung hat. Bei ,Sterben‘ war es ungleich schwerer, weil genau die Person ja anwesend war“, erzählt er.

Als Herzstück des Films mag ein ausgedehnter, schmerzhafter Dialog zwischen Tom Lunies und seiner Mutter gelten. „Ich habe es an der Aufregung, Nervosität, Anspannung von Matthias Glasner gemerkt, wie wichtig ihm die Szene ist“, sagt Eidinger zu den Dreharbeiten, „weil sie tatsächlich aus einem Gedankenprotokoll heraus entstanden ist. So erinnert er das Gespräch mit seiner Mutter.“

Für Lars Eidinger war die Rolle des Tom Lunies in „Sterben“ eine besondere Herausforderung, weil der Charakter teils auf dem Leben und den Erfahrungen des Regisseurs Matthias Glasner basiert.
Für Lars Eidinger war die Rolle des Tom Lunies in „Sterben“ eine besondere Herausforderung, weil der Charakter teils auf dem Leben und den Erfahrungen des Regisseurs Matthias Glasner basiert. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

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Kinofilm: In „Sterben“ steckt auch ganz, ganz viel Leben

Bei „Sterben“ ist der Name Programm. Noch dazu ist der Film rund 180 Minuten lang. Wer nun denkt, das ist filmisches Schwarzbrot, liegt aber falsch. Denn in „Sterben“ steckt auch ganz, ganz viel Leben: Geburt und Exzess, Freude und Neuanfänge. „Wie denken wir über uns nach? Wie erleben wir uns, wenn das Sterben plötzlich im Raum steht?“, seien Fragen, die den Film für ihn ausmachen, sagt Glasner. „Es geht um das Leben angesichts des Sterbens.“

Zumal der Film reichlich pointiert ist – trotz oder gerade wegen all dem Düsteren, das da auf der Leinwand passiert. „Ich habe beim Schreiben wahnsinnig viel gegrinst“, sagt Glasner. „Das hat mir Spaß gemacht – und ich wollte, dass es Spaß macht, den Film zu gucken. Ich wollte, dass er Intensität hat, die nicht anstrengend ist.“

Das bisherige Publikum habe dabei jeweils an ganz unterschiedlichen Stellen lachen müssen und „sie lachen auch unterschiedlich doll“, so der Regisseur. „Wie ich die Hamburger kenne, lachen sie heute weniger als woanders. Meine Erfahrung mit Hamburg-Premieren ist immer, dass die Hamburger doch eher trocken sind.“ Das darf er sagen – ist schließlich selbst einer.

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Kino Hamburg: Wie viel Hamburg steckt eigentlich in „Sterben“?

Abgesehen von den Szenen, die auf dem Kiez gedreht wurden: Wie viel Hamburg steckt eigentlich in „Sterben“? „Viel mehr, als man wahrscheinlich denkt“, sagt Glasner. „Ich bin ja in Hamburg groß geworden. Der Film handelt von einer Kindheit, von einer ungeliebten Kindheit – und das war Hamburg für mich.“

Die Premieren dieses Films in Abaton und Zeise dürften also eine besondere Erfahrung für den Regisseur sein. Und ein kleines Heimspiel: Denn mit dem ehemaligen Abaton-Programmchef und heutigen Zeise-Geschäftsführer Matthias Elwardt ist er schon sein ganzes Film-Leben verbunden, verrät Glasner. Als junge Erwachsene übernahmen die beiden gemeinsam die Tonsteuerung im Abaton – im Austausch gegen Kinotickets, versteht sich.