Hamburg. Hollywoodeske Hansestadt: Die Ausstellung „Hamburger Flimmern“ zeigt, welche Bedeutung Film, Kino und Fernsehen hier einmal hatten.
„Genau so einen hatten wir zu Hause“, ruft der Besucher erstaunt, „mit den Schranktüren!“ Er deutet aufgeregt auf einen alten Röhrenfernseher, und vor seinem inneren Auge dürfte beim Anblick des Geräts ein Film angesprungen sein, den nur er kennt.
Das TV-Gerät ist nicht das einzige Exponat in der Staats- und Universitätsbibliothek (Stabi) in Rotherbaum, das bei älteren Erinnerungen und bei jüngeren Hamburgerinnen und Hamburgern Entzücken wecken dürfte. Die kostenlos besuchbare Ausstellung „Hamburger Flimmern“, initiiert vom Film- und Fernsehmuseum Hamburg e. V., wartet mit Dokumenten und Gegenständen aus rund 100 Jahren Film-, Kino- und Fernsehgeschichte auf, die zum Schwelgen und Staunen einladen.
Film in Hamburg: Früher war mehr Flimmern – Ausstellung in der Stabi
In der Rückschau, die die Kuratoren Michael Töteberg, Volker Reißmann und Joachim Paschen in der Stabi aufgebaut haben, zeigt sich die Hansestadt von ihrer hollywoodesken Seite. Filmplakate legendärer Hamburger Produktionen wie „Große Freiheit Nr. 7“ mit Hans Albers oder „Das Mädchen aus Hamburg“, das niemand Geringeres als Hildegard Knef war, leuchten den Besucherinnen und Besuchern mit grellen Farben entgegen.
Einmalige Aufnahmen vom Set des Wim-Wenders-Films „Der amerikanische Freund“ oder dem Kultstreifen „Rocker“ von Klaus Lemke erinnern an die Stellung, die die Hansestadt einmal im Cineversum hatte. Ja, hatte – auch das macht die Ausstellung eher unbeabsichtigt deutlich.
Filmstadt Hamburg: „Das Kinosterben ist gewaltig gewesen“
„Hamburg hat seinen Ruf als Filmstadt verloren“, sagt Kurator und Erster Vorsitzender des Vereins Joachim Paschen. „Heute findet das meiste in Berlin statt. Mit der Wiedervereinigung ist manches nach Berlin gegangen. Dort, in Babelsberg zum Beispiel, wurde sehr viel investiert.“
Doch nicht nur die Filmsets sind vielfach aus der Stadt verschwunden, „auch das Kinosterben ist in Hamburg gewaltig gewesen“, sagt Paschen. An die vielen Filmtheater, die die Stadt früher zählte, erinnern nostalgische Fotografien in der Ausstellung: das Waterloo an der Dammtorstraße, Die Kurbel an Berliner Tor und Jungfernstieg, oder das Grindel-Kino beispielsweise.
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Fernsehen aus Hamburg: Geschichte des NDR
Alles war früher freilich nicht besser. Das zeigt etwa der historische Schneidetisch – ein Mammutgerät, an dem einstmals die „Tagesschau“ editiert wurde. Denn nicht nur dem Film und Kino, auch dem Fernsehen „made in Hamburg“ widmet sich das „Hamburger Flimmern“. In dem Zuge werden auch Exponate der Arbeitsgruppe Sammlung Technikgeschichte im NDR ausgestellt.
Bildstrecken, Zeitungsberichte und Reklamen vervollständigen die Geschichte der Fernsehproduktion in Hamburg. Sie zeigen, wie die ersten Live-Übertragungen des damals noch NWDR heißenden Senders aus dem mittlerweile abgerissenen zweiten Flakbunker auf dem Heiligengeistfeld entstanden oder wie der Sender 1953 in seinen Neubau in Lokstedt zog. Aufschlussreich auch die zahlreichen Programmzeitschriften aus den Urzeiten des TVs. Was damals lief? Polit-Talks, Kochsendungen, Rateshows. Manches ändert sich wohl nie.
Hamburger Flimmern in der Stabi noch bis Juni gratis zu besuchen
„Das ist nur ein kleiner Eindruck unserer Arbeit“, so Kurator Paschen bescheiden beim Gang durch die Ausstellung. Umso erstaunlicher, wie viele Anekdötchen und filmgeschichtliche Geheimnisse der Stadt sein Verein schon auf ein paar Dutzend Quadratmetern in der Stabi präsentieren kann. Die gezeigten Dokumente stammen teils aus der eigenen Sammlung, teils aus dem Staatsarchiv oder dem Bildarchiv der ehemaligen Produktionsgesellschaft Real-Film, erzählt er. Die Ausstellung „Hamburger Flimmern“ lässt sich zu den Öffnungszeiten der Stabi und noch bis zum 16. Juni gratis besuchen.