Berlin. Bei den Filmfestspielen lädt die Moin Filmförderung zur Tea Time. Wer dort aufkreuzte und welche Hamburger Filme preisverdächtig sind.
Für die Moin Filmförderung Hamburg und Schleswig-Holstein ist es das jährliche Heimspiel an der Spree: In der Landesvertretung der Hansestadt, nur wenige Fußminuten vom Glitzerglamour des Berlinale-Palastes entfernt, richtet Moin gemeinsam mit dem Hamburger Senat während des Filmfestivals eine „Tea Time“ aus. Mit dem Klischee ostfriesischer Rammdösigkeit hat das wenig gemein. Die mit rund 650 Gästen proppenvolle Landesvertretung vibriert förmlich, langersehnte und unverhoffte Wiedersehen überall.
Tja, wenn Hamburg einlädt, dann ist die Bude eben voll – auch in Berlin. Das Staraufgebot lässt sich sehen, schließlich konnte die Filmförderung zuletzt so manchen Kinokassenschlager und TV-Quoten-Hit an Land ziehen.
Hamburg auf der Berlinale: Hier treffen sich Leonie Benesch und Peter Tschentscher zum Tee
Helge Albers, Geschäftsführer der Filmförderung und damit Gastgeber, hat für eine ansehnliche Gästeliste gesorgt: Regisseur Fatih Akin („Der goldene Handschuh“ 2019) ist vor Ort, Lilith Stangenberg („Seneca“ 2023), Pheline Roggan („Soul Kitchen“ 2009), Aaron Hilmer (Serie „Luden“ 2023), Anna-Lena Schwing („Sörensen hat Angst“ 2021), Gisa Flake („Systemsprenger“ 2019) oder Jan Georg Schütte („Stromberg“ 2014). Auch Filmfest-Hamburg-Chefin Malika Rabahallah hat sich zum Tee eingefunden.
Nur auf eine schnelle Tasse schaut die Regisseurin Nora Fingscheidt („Systemsprenger“ 2019) in der Landesvertretung vorbei. Anschließend heißt es, die Europa-Premiere ihres neusten, ebenfalls Moin-geförderten Spielfilms „The Outrun“ mit der Irin Saoirse Ronan („Ladybird“ 2017) in der Hauptrolle zu bestreiten. Nach der Vorführung werden ihr mehr als 800 Filmliebhaber im Publikum nicht nur ordentlich Beifall spenden, sondern auch ein Ständchen singen. Es ist schließlich Fingscheidts Geburtstag – und was für einer.
Tee in der Landesvertretung Hamburg: „No Tea für Racists“ bei Berlinale-Event
Ebenfalls in der Landesvertretung ins Plauschen vertieft: Leonie Benesch, im vergangenen Jahr nicht nur Shootingstar der Berlinale, sondern noch dazu Hauptdarstellerin in „Das Lehrerzimmer“. Den Film des Regisseurs İlker Çatak – vor zwölf Monaten noch weitgehend unbekannt – hatte die Filmförderung stark unterstützt. Jetzt ist er Oscar-nominiert. „Ein fast vollständig in Hamburg produzierter, gedrehter und auch noch geförderter Film“, freut sich Kultursenator Carsten Brosda. Für die Oscar-Verleihung im März wolle er die Daumen so doll drücken, „bis die Fingerspitzen bluten“.
Ja, an den Hamburger Filmerfolgen ist ebenfalls die Politik interessiert. Deshalb hat sich neben Brosda auch Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher auf den Weg zur „Tea Time“ gemacht. Gut so, denn Tee spendiert die Filmförderung längst nicht nur Schauspielern oder Regisseurinnen, sondern allen, die etwas für den Film übrig haben. Also fast allen – zur Teestunde gilt nämlich konsequent: „No Tea für Racists“ („Kein Tee für Rassisten“), wie Statement-Plakate verkünden.
Die 74. Berlinale
Die Internationalen Filmfestspiele von Berlin sind neben den Festivals in Cannes und Venedig eines der wichtigsten Ereignisse der Film- und Kinobranche, aber auch der Filmliebhaber. Das Publikumsfestival zieht jährlich rund 300.000 Besucherinnen und Besucher in die Hauptstadt. In verschiedenen Sektionen feiern im Jahr 2024 ganze 233 Filme aus 80 Ländern ihre Welt-, Europa- oder Deutschlandpremiere.
In der Sparte Wettbewerb treten sie gegeneinander um die höchsten Auszeichnungen der Berlinale, die Goldenen Bären, an. Wer die Preise letztlich gewinnt, entscheidet eine hochkarätig besetzte Jury, diesmal mit der kenianisch-mexikanischen Filmemacherin, Schauspielerin und Autorin Lupita Nyong‘o an der Spitze.
Die 74. Internationalen Filmfestspiele von Berlin werden letztmalig von einer Doppelspitze bestehend aus Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian geleitet. Im kommenden Jahr soll die Amerikanerin Tricia Tuttle das Cineasten-Zepter übernehmen. Die diesjährige Berlinale findet vom 15. bis 25. Februar in zahlreichen Kinos in Berlin statt.
74. Berlinale: Thalia-Schauspieler debütiert in Andreas-Dresen-Film
Zumindest aus Branchen-Perspektive lässt sich konstatieren: Ganz Hamburg trifft sich hier. Obwohl, da fehlt doch jemand. Einer der wohl gewichtigsten der diesjährigen Berlinale-Stars aus dem Norden lässt sich bei der „Tea Time“ nicht blicken. Mit gutem Grund, denn Thalia-Ensemblemitglied Johannes Hegemann schlendert zur selben Zeit am Potsdamer Platz über den roten Teppich.
Die Weltpremiere von „In Liebe, Eure Hilde“ steht an. Hegemann spielt in dem Drama um die beiden Widerstandskämpfer Hilde und Hans Coppi, die 1942 und 1943 von den Nazis hingerichtet wurden, die zweite Hauptrolle neben Liv Lisa Fries („Babylon Berlin“ seit 2017). Regie führte einer der renommiertesten Filmemacher Deutschlands, Andreas Dresen („Gundermann“ 2018).
Ein ganz schöner Aufschlag: Mit dem im Wettbewerb der Berlinale laufenden Drama feiert Hegemann sein Spielfilm-Debüt. Ob der in der Kritik gelobte „In Liebe, Eure Hilde“ auch in den Augen der Jury besteht und einen Goldenen oder Silbernen Bären ein kleines Stück weit nach Hamburg holen kann, zeigt sich bei der Preisverleihung am kommenden Sonnabend.
Berlinale: Holt Hamburg den Goldenen Bären?
Und Hamburg hat noch mehr Chancen auf die begehrten Bären, die Auszeichnungen der Berlinale. Die Moin Filmförderung hat nämlich auch zwei Wettbewerbsbeiträge unterstützt. Einerseits den Science-Fiction-Film „L‘Empire“ vom französischen Regisseur Bruno Dumont, andererseits Matthias Glasners Drei-Stunden-Hammer „Sterben“.
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Der hat es im Übrigen in sich. Nicht nur inhaltlich (der Titel ist Programm), sondern auch was die Besetzung anbetrifft: Unter anderen Lars Eidinger, Corinna Harfouch und Lilith Stangenberg sind in „Sterben“ zu sehen. Der in Hamburg geborene Glasner hat zudem seiner Heimatstadt als Kulisse gewissermaßen eine kleine Rolle zugedacht. Ist das Berlinale-Bären-würdig? Noch bis Sonnabend heißt es „Tea Time“ – abwarten und Tee trinken.