Hamburg. Wie wird geheiratet, eingekauft, gelesen? Warum waren die 1980er-Jahre prägend? Historische Museen blicken 2024 zurück in die Zukunft.
Quadratisch, praktisch, gut startet das Altonaer Museum ins neue Ausstellungsjahr: Sie sind Gute-Nacht-Lektüre, Inhalt von Adventskalendern und Geburtstagstüten, begehrte Sammlerobjekte und nicht zuletzt ein eingetragenes und fest etabliertes Markenzeichen – mit über 2600 verschiedenen Titeln und zwölf Millionen verkauften Büchern im Jahr ist „Pixi“ die umfangreichste Bilderbuchreihe aller Zeiten. 1954 erschien mit dem Titel „Miezekatzen“ das erste „Pixi“-Buch in Deutschland; 2024 feiert die Reihe aus dem Altonaer Verlagshaus Carlsen sein 70. Jubiläum. Die Ausstellung „70 Jahre kleine Bücher“ (ab 7. Februar) zeigt anhand von Bildern, Geschichten und Filme, wie sich die Inhalte und Darstellungsformen verändert haben und dabei gesellschaftliche Entwicklungen reflektieren.
Die Jahre um 1980 bildeten in Deutschland eine Phase tiefgreifender Umbrüche, die zeitgleich von grundlegenden Innovationen und großen Zukunftsängsten geprägt war. Der erste Macintosh-Computer von Apple und das erste Mobiltelefon von Motorola kamen auf den Markt, Musik der Neuen Deutschen Welle, „Wetten, dass ..?“ und „Denver-Clan“ waren angesagt. Einer Pop- und Spaßkultur stand eine allgemeine Untergangsstimmung im geteilten Land gegenüber, hervorgerufen durch das globale Wettrüsten, Umweltzerstörung und steigende Arbeitslosenzahlen. 500.000 Menschen demonstrierten in Bonn 1982 gegen den Nato-Doppelbeschluss und formierten sich zu Menschenketten für den Frieden. Die Grünen gründeten sich 1980 als neue Partei, die Ära Helmut Kohl begann und gleichzeitig formierte sich eine Vielzahl von neuen sozialen Bewegungen mit dem Ziel, die Gesellschaft grundlegend zu verändern.
Vierzig Jahre später erscheint diese Zeit wie ein fernes Land, aber viele Entwicklungen, die um 1980 ihren Ursprung hatten, reichen bis in unsere Gegenwart. Die Ausstellung „Deutschland um 1980. Fotografien aus einem fernen Land“ (ab 9. Oktober) zeigt mit Arbeiten von Angela Neuke und Barbara Klemm, F.C. Gundlach, Martin Langer und Ingolf Thiel, Asmus Henkel, Mahmoud Dabdoub und Gerd Danigel neun unterschiedliche und prägnante Perspektiven auf diese Zeit – als freie Akteure, als Reportage-Fotografen im Auftrag von Zeitungen und Magazinen oder als Fotokünstler. Die Ausstellung wurde vom LVR Landesmuseum Bonn zusammen mit der Deutschen Fotothek Dresden und der Stiftung F.C. Gundlach Hamburg konzipiert und wird im Altonaer Museum durch Hamburger Positionen ergänzt.
Ausstellungen 2024: Ein Museum auf Reisen und Besucher als Paketboten
Einkaufen, ohne dafür das Haus zu verlassen: Der Versandhandel macht das seit rund 150 Jahren möglich. Nach den ersten Unternehmen, die sich im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert mit dem Versandgeschäft von allerlei Waren etablieren konnten, begann die Branche nach dem Zweiten Weltkrieg erneut zu florieren, mit den Zugpferden Neckermann und Otto-Versand an der Spitze. Heute hat der Versandhandel vor allem aufgrund der Digitalisierung eine ganz neue Dimension erreicht: Im Jahr 2022 betrug der Umsatz allein im deutschen Segment 75,4 Milliarden Euro.
In der ab dem 4. September geplanten Ausstellung „Dein Paket ist da. Shoppen auf Bestellung“ im Museum der Arbeit sollen Besucherinnen und Besucher das Phänomen Versandhandel als ein komplexes Netzwerk mit verschiedenen Rollen und Perspektiven erleben: Sie bieten Produkte an, füllen den Warenkorb, liefern aus und nehmen Pakete entgegen. So entsteht ein vielschichtiges Beziehungsgeflecht, das durch Kommunikation und Bewegung zwischen den einzelnen Beteiligten geprägt ist. Die Ausstellung möchte somit die Prozesse hinter den Kulissen aufzeigen, den Wert und die Menge der zu leistenden Arbeit verdeutlichen und den Versandhandel in den Kontext unserer modernen (Konsum-)Gesellschaft einordnen. Die Ausstellung wird von Otto anlässlich des 75. Jubiläums unterstützt.
Wie sagen die Menschen „Ja!“ in Ghana, Indien, Frankreich und Haiti?
Das Torhaus auf dem Gelände des Museums der Arbeit steht voraussichtlich im Sommer 2024 für die Neueinrichtung bereit. Neben der Museumsgastronomie soll dort auch ein innovatives Angebot der Museumspädagogik einziehen. Zusammen mit Hamburger Schulklassen werden Interviews und Geschichten verschiedener Menschen aus der Stadt zur Frage „Was ist Arbeit?“ zusammengestellt. Dieses Experimentierfeld wird das Publikum gleich am Eingang des Museums empfangen, in die Kernthemen einführen und unterschiedliche Perspektiven darauf präsentieren.
Das klassizistische Jenisch Haus im gleichnamigen Park ist eine der beliebtesten Adressen für Hochzeitsfotos in Hamburg. Ein perfekter Anlass für das Museum, um auf die Branche der Hochzeitsfotografen zu blicken, die mit allerlei Anforderungen für „den schönsten Tag im Leben“ konfrontiert ist und sich dafür mit neuster Technik rüstet und kulturelle wie gesellschaftliche Trends aufgreift. Für die Ausstellung „Ja, ich will! Die Kunst der Hochzeitsfotografie“ (ab 15. April) hat der niederländisch-kanadische Fotograf, Regisseur und Kurator Paolo Woods, Leiter des renommierten italienischen Fotofestivals „Cortona On The Move“, fotografische Hochzeitsimpressionen aus vier Kontinenten zusammengestellt. Die Arbeiten der acht Fotografinnen und Fotografen zeigen Hochzeiten in Ghana, Indien, Frankreich, Spanien, Italien, Saudi-Arabien und Haiti und spiegeln die internationale Vielfalt eines zentralen gesellschaftlichen Rituals wider.
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Am 8. Januar wird das Museum für Hamburgische Geschichte (MHG) komplett für die Öffentlichkeit geschlossen, damit Modernisierung und Umbau in die „heiße Phase“ starten können. Während der Ausstellungspause, die bis 2027 geplant ist, will das Museum den Spieß einfach umdrehen: Im Rahmen des Outreach-Inreach-Projektes „Hamburg 105. Das MHG on Tour und zu Gast in 105 Stadtteilen“ wird das Museum in den kommenden Jahren in möglichst alle 105 Hamburger Stadtteile ausschwärmen und gemeinsam mit diversen Partnern und Menschen vor Ort über die Themen Leben, Wohnen, Bewegen und Sich-Verorten diskutieren. Die Ergebnisse sollen später in eine Präsentation im „neuen“ MHG einfließen.