Hamburg. Die Ausstellung „Elbwärts“ zeigt beeindruckende Werke der norddeutschen Realisten Duwe, Möller und Warwas.
Lieblich spiegelt sich das Licht auf Till Warwas’ Gemälde „Alster Frühling“ (2023) im Wasser. Einen Raum weiter türmen sich in „Die Elbe bei Hanskalbsand“ (2015) von Lars Möller Elb-Wellen und Wolkengebirge auf der Leinwand zu dynamischer Bedrohlichkeit auf. Die Bilder der Gruppenausstellung „Elbwärts. Gemälde von Tobias Duwe, Lars Möller, Till Warwas“, die vom 3. April bis zum 12. Februar 2024 im Jenisch Haus zu sehen sein werden, kommen einer wahren Liebeserklärung an Hamburg gleich. Das Besondere: Das Gros der mehr als 100 Arbeiten der Ausstellung entstand in der freien Natur.
Die drei Künstler zählen zur Gruppe der Norddeutschen Realisten und haben sich seit mehr als 30 Jahren der Freilichtmalerei verschrieben. Die Maltradition der Pleinairmalerei entstand in der französischen Künstler-Szene des 19. Jahrhunderts und wurde maßgeblich von den französischen Impressionisten begründet, die das magische Licht des Südens in ihren Gemälden einfingen. Die nordische Variante ist in ganz Deutschland einmalig.
Die drei Maler scheuen die Begegnung mit den Elementen nicht. Bei Wind und Wetter errichten sie ihre Staffeleien zwischen Alster und Elbe, aber auch an markanten urbanen Orten etwa in der Speicherstadt oder an den Landungsbrücken, um eine besonders interessante Szene einzufangen. Die Kunst entsteht aus dem Augenblick heraus, vereint in sich jedoch viele Momente, da Licht, Wolken und Wellen einem stetigen Wandel unterliegen.
Jenisch Haus: Das Gros der mehr als 100 Arbeiten entstand in der freien Natur
Regelmäßig treffen sich Duwe, Möller und Warwas zum gemeinsamen Malen – und kommentieren ihre Arbeiten gegenseitig auch mal mit dem einen oder anderen Spruch. Sie würden sich nur so gut verstehen, weil sie sich nur ein- oder zweimal im Jahr sehen, scherzt Warwas. Je enger und je idealistischer man gemeinsam arbeite, umso eher hätte es längst zwischen ihnen – wie in vielen anderen Künstlergruppen – auch mal geknirscht.
Wer genau hinschaut, nimmt feine Unterschiede zwischen den Arbeiten wahr und erkennt bald die individuellen Handschriften. Zwar huldigen ihre Arbeiten alle mehr oder weniger einem Naturalismus, treten mit Landschaft oder Architektur in einen Dialog, um einen flüchtigen Moment auf gegenständliche Weise einzufangen. Aber: „Die Idee ist entscheidend“, erläutert der Hamburger Maler Lars Möller. In seinen Bildern sind Grau- und Brauntöne vorherrschend.
Er liebt dramatische Himmel, das Schemenhafte, Zugespitzte, etwa in „Bei St. Annen“ (2022). Von ihm sind aber auch Großformate zu sehen, die er im Atelier nach einer fotografischen Vorlage angefertigt hat, zum Beispiel „Speicher“ (2017), eine Ansicht der Speicherstadt mit fein gearbeitetem Mauerwerk und schöner Lichtspiegelung im brausenden Wasser.
Die Ausstellung zeigt besondere Orte Hamburgs auf der Leinwand
Mit pastosem Strich fängt Tobias Duwe, wohnhaft in Großensee, aber mit Atelier in Grande bei Hamburg, Panoramen von Alster, Elbe und im Jenischpark ein, etwa die Ansicht mit Elbphilharmonie in „Am Baumwall“ (2022) oder die wunderbar kontrastreich in feinen Schattierungen dargestellte „Älteste Hamburger Eiche“ (2022). Die Farben leuchten und verstärken den impressionistischen Eindruck.
Der aus einer Künstlerfamilie stammende Duwe ist am stärksten von der französischen Malerei der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts inspiriert. Der in Bremen wohnende Till Warwas wiederum malt auch gern Stillleben im Atelier und huldigt mit einem sehr präzisen Strich schon beinahe einem Fotorealismus, wie er sich etwa in „Landungsbrücken, St. Pauli“ (2007) manifestiert.
Die Ausstellung im Jenisch Haus wirkt wie aus einem Guss
Die Gruppe der Norddeutschen Realisten geht auf Nikolaus Störtenbecker (1940-2022) zurück. Er hatte zunächst 1965 die realistisch arbeitende Gruppe „Zebra“ mitbegründet, die sich vom Trend der Abstraktion in der Malerei bewusst abgrenzte. Später initiierte er eine Reihe von Symposien, bei denen sich die Norddeutschen Realisten bis heute austauschen.
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Die Ausstellung wirkt wie aus einem Guss. Für das Jenisch Haus ist sie auch deshalb ungewöhnlich, weil dort selten Künstler zu Lebzeiten ausgestellt werden. Die lange Laufzeit ermöglicht es allen Hamburgern und Hamburgerinnen, die Magie von Alster und Elbe durch den geschulten Blick dieser drei Künstler zu erleben.
„Elbwärts. Gemälde von Tobias Duwe, Lars Möller, Till Warwas“ 3.4. bis 12.2.2024 Jenisch Haus, Baron-Voght-Straße 50, Jenischpark, Mo, Mi bis So 11.00-18.00 (Di geschlossen); www.shmh.de