Hamburg/Salzburg. Im Sommer 2024 wird Hamburger Theater mit „Die Orestie“ beim renommierten Festival vertreten sein. Regie führt alter Bekannter.
Das Hamburger Thalia Theater wird im Sommer 2024 – nach dem traditionellen „Jedermann“ – das Sprechtheaterprogramm der Salzburger Festspiele eröffnen. Die neue Schauspielchefin in Salzburg, die aus Russland emigrierte Moskauer Theatermacherin, Autorin und Festivalleiterin Marina Davydova, verbindet eine persönliche Geschichte mit dem Thalia Theater, sie hat 2019 bereits selbst hier inszeniert: „Checkpoint Woodstock“ lief damals in der Gaußstraße.
Ihre erste Salzburger Saison beginnt sie nun unter anderem mit einer Kooperation mit der Hamburger Bühne und dem Regisseur Nicolas Stemann, der dafür nach zehn Jahren ans Thalia Theater zurückkehrt (erfolgreich war hier unter anderem sein mehrstündiges Mammutprojekt „Faust I + II“, damals auch als Koproduktion mit den Salzburger Festspielen). Die Zeit dafür hat er: Stemanns Vertrag als Intendant des Schauspielhauses Zürich war – wie der seines Partners Benjamin von Blomberg – in diesem Jahr nicht verlängert worden und läuft nach der aktuellen Saison aus. Nicolas Stemann wird in Salzburg „Die Orestie“ auf die Bühne bringen und sich anhand von antiken Dramen den Themen Gewalt und Politik widmen.
Auch Schauspielhaus-Intendantin Karin Beier hatte sich in dieser Saison ausführlich mit den griechischen Mythen beschäftigt. Ihre „Anthropolis“-Serie umfasste gleich fünf Premieren. Eine tolle Chance für die Zuschauerinnen und Zuschauer, findet Thalia-Intendant Joachim Lux: „Dies ist für das Hamburger Publikum eine außerordentlich reizvolle Gelegenheit, sozusagen im ,Lokalderby‘ zwei sehr unterschiedliche Herangehensweisen an die Antike direkt zu vergleichen.“ Nach der Salzburger Premiere wird die Produktion in der Saison 2024/25 auch in den Hamburger Spielplan übernommen.
Thalia-Intendant Joachim Lux über Salzburger Festspiele: „Hamburg darf sich freuen!“
Im Sommer 2022 war das Thalia Theater bei den Festspielen zuletzt auf der Perner-Insel in Hallein vertreten, mit einer nur teilweise gelungenen Version von „Iphigenia“ in der Regie von Ewelina Marciniak. Joachim Lux freut sich nun über die erneute Zusammenarbeit mit dem renommierten österreichischen Festival: „Es ist nach der Eröffnung des chinesischen Festivals in Wuzhen/Shanghai mit Robert Wilsons ,H‘ und der Eröffnung des Prager Festivals deutscher Sprache mit Toshiki Okadas ,Doughnuts‘ bereits zum dritten Mal in kurzer Zeit, dass das Thalia Theater bedeutende Festivals eröffnet.“ Zwei weitere europäische Festivaleröffnungen, so deutet Lux an, sollen im Frühjahr/Sommer 2024 folgen. „Wir sind sehr stolz, dass unser künstlerischer Rang und Ruf in der internationalen Szene so groß ist, dass wir innerhalb weniger Monate gleich fünf bedeutende Festivals prägend mitgestalten dürfen. Hamburg darf sich freuen!“
Am Beginn der Salzburger Festspielsaison 2024 steht wie in jedem Jahr Hoffmannsthals „Jedermann“. Der von Hamburger Bühnen gut bekannte Philipp Hochmair übernimmt die Titelrolle, nachdem die Produktion des vergangenen Sommers für gemischte Reaktionen gesorgt hatte. Bereits am 27. Juli soll Thom Luz die historischen Miniatur-Erzählungen aus Stefan Zweigs „Sternstunden der Menschheit“ in eine Musiktheater-Produktion verwandeln – und es ist eine Dramatisierung von Thomas Manns Roman „Zauberberg“ für das Salzburger Programm geplant. Das am Vorabend des Ersten Weltkriegs spielende Werk inszeniert der auf Literaturbearbeitungen spezialisierte polnische Theaterregisseur Krystian Lupa. Auch Lupa war übrigens am Thalia bereits einmal im Spielplan vertreten – theoretisch. Seine damals angekündigte Inszenierung fiel 2020 der Corona-Pandemie zum Opfer.
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Literarische Schwergewichte finden sich zudem im Opernprogramm: Gleich zwei der drei neuen Operninszenierungen sind Vertonungen von Dostojewski-Romanen. Star-Regisseur Peter Sellars präsentiert Prokofjews „Der Spieler“ mit Sopranistin Asmik Grigorian, während sich sein Kollege Krzysztof Warlikowski der modernen Oper „Der Idiot“ von Mieczyslaw Weinberg annimmt. Bei der Auswahl der Dirigenten setzt das Festival weiter auf den griechisch-russischen Star Teodor Currentzis. Der Maestro, der wegen seines Schweigens zum Ukraine-Krieg anderswo ausgeladen wurde, leitet in Salzburg eine Wiederaufnahme von Mozarts „Don Giovanni“. Weiter werden die Maestros Christian Thielemann und Daniel Barenboim erwartet; Barenboim bringt sein West-Eastern Divan Orchestra mit israelischen und palästinensischen Musikern nach Salzburg. Insgesamt sind 172 Aufführungen in 44 Tagen an 15 Spielstätten angesetzt – sowie 33 Vorstellungen im Jugendprogramm. (mit Material der dpa)