Hamburg. Künstler teilen Sympathie für die Angriffe der Hamas auf Israel. HFBK-Präsident reagiert mit Entsetzen: „Lässt mich (ver-)zweifeln!“
Mit Erschütterung hat auch der Präsident der Hamburger Hochschule für bildende Künste (HFBK) die brutalen Geschehnisse in Israel verfolgt – er sei „tief erschrocken über die unfassbare menschenverachtende Brutalität der Hamas“, erklärte Martin Köttering gegenüber dem Hamburger Abendblatt. Eine Hamburger Austauschstudentin der HFBK befindet sich derzeit in Jerusalem, es gehe ihr jedoch gut, so Köttering. Sie werde das Land auf Anraten des Auswärtigen Amtes so bald wie möglich verlassen.
Die HFBK pflegt in Israel nicht nur eine enge Beziehung zur Bezalel Academy of Art and Design in Jerusalem, sondern außerdem zur Universität Haifa. Diese Verbindung ist ausgerechnet eine Folge der Diskussionen um zwei DAAD-Gastprofessoren, die bis zum Sommer an der Hamburger Kunsthochschule gelehrt haben: Reza Afisina und Iswanto Hartono sind Mitglieder des umstrittenen Kunstkollektivs Ruangrupa und waren als solche Kuratoren der Kasseler „documenta fifteen“ im vergangenen Jahr. Wegen zahlreicher antisemitischer Bezüge in den von ihnen ausgewählten Werken waren sie heftig kritisiert worden. Auf den Darstellungen waren Juden unter anderem als geldgierig, als Schweine und Vampire dargestellt worden – judenfeindliche Stereotype seit Jahrhunderten. Mehrere Werke, darunter auch eines unter dem Titel „Gaza Guernica“, waren noch während der documenta abgehängt worden, Generaldirektorin Sabine Schormann gab ihren Posten auf.
HFBK: Die Jüdische Gemeinde Hamburg hatte öffentlich vor der Hochschule protestiert
Nach der anschließenden Berufung der Indonesier Afisina und Hartono nach Hamburg hatte die hiesige Jüdische Gemeinde unter anderem vor der Hochschule am Lerchenfeld öffentlich protestiert und die Ausladung der Künstler gefordert. Präsident Martin Köttering hatte das persönliche Gespräch mit seinen Kritikern gesucht – darunter Landesrabbiner Shlomo Bistritzky und Sonja Lahnstein-Kandel, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Förderkreises der Universität Haifa.
Manch ein Kritiker dürfte sich nun dennoch in seiner damaligen Einschätzung bestätigt fühlen, denn trotz zahlreicher, auch selbstkritischer Vermittlungs- und Aufklärungsbestrebungen der Hamburger Hochschule sind die Ruangrupa-Künstler erneut in antisemitischem Zusammenhang in Erscheinung getreten: Der Instagram-Account „Real Documenta“ hatte das Video einer pro-palästinensischen Demonstration in Berlin geteilt, auf dem Menschen die grausamen Überfälle der Hamas auf Israels Bevölkerung feiern. Der Account hatte dafür zahlreiche „Likes“ kassiert – unter anderem von Reza Afisina und Iswanto Hartono.
Martin Köttering: „Manchmal ist das Weltgeschehen niederschmetternd und lässt mich (ver-)zweifeln“
HFBK-Präsident Martin Köttering zeigt sich im Gespräch mit dem Abendblatt enttäuscht, verärgert und bestürzt: „Nachdem die HFBK im vergangenen akademischen Jahr so unglaublich viele Bemühungen in den Dialog investiert hat, hätte das nicht geschehen dürfen. Ich frage mich ernsthaft, ob wir als künstlerisch-wissenschaftliche Institution mit unserem Engagement für Aufklärung und Erkenntnis sinnlos agieren? Manchmal ist das Weltgeschehen niederschmetternd und lässt mich an der Überzeugungskraft eines reflektierten und differenzierten Argumentierens (ver-)zweifeln.“
Gemeinsam mit HFBK-Kanzlerin Anna Neubauer und seinen Vizepräsidenten Ingo Offermanns und Bettina Uppenkamp hat Köttering auch offiziell auf „die menschenverachtenden Ereignisse“ in Israel reagiert: „Die Hochschule für bildende Künste Hamburg ist entsetzt über den brutalen Terrorangriff der Hamas gegen Israel und verurteilt ihn auf das schärfste.“
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Auch zu den beiden Ruangrupa-Künstlern gibt es ein offizielles Statement der HFBK. Es liest sich, als sei man in Hamburg mittlerweile um Distanz bemüht: „Reza Afisina und Iswanto Hartono sind nicht mehr als Professoren an der HFBK Hamburg tätig. Ihre geteilte DAAD-Gastprofessur endete mit dem Sommersemester 2023.“
Der Like für das Berliner Demonstrations-Video wurde von den indonesischen Künstlern mittlerweile zurückgenommen. Sie hätten gedacht, es habe sich um ein Video aus dem September gehandelt. Den Eindruck, dass sie sich für Gewalt gegen Unschuldige einsetzten, wiesen sie als „absurd und nicht richtig“ zurück. Dennoch ist es schwer vorstellbar, dass die Künstler weiter Rückhalt aus der Kunstszene bekommen. Documenta-Geschäftsführer Andreas Hoffmann verurteilte die Likes in einer Pressemitteilung zuletzt als „unerträglich und inakzeptabel“.