Hamburg. Weitere Proteste gegen die ruangrupa-Professoren an der Hochschule für bildende Künste: „Antisemitismus darf nicht geduldet werden!“.
Es war eine ganze Reihe Studierender, die am Donnerstagmorgen von der U-Bahnstation Mundsburg zur Hochschule für bildende Künste (HfbK) am Lerchenfeld lief. Wer das Gebäude an diesem Tag betreten wollte, kam nicht umhin, einen Blick auf das Banner vor dem Eingang zu werfen. Der Schriftzug „Wir sind keine Schweine! Für eine Kunst ohne Judenhass“ prangte dort in großen Buchstaben. Darunter die Gesichter von vier Hamburger Jüdinnen und Juden. Rundherum hatten sich etwa 20 Menschen aus der Jüdischen Gemeinde und weitere Unterstützer versammelt.
Nach dem Protest während der Semestereröffnung am vergangenen Mittwoch richtete sich die Empörung erneut gegen die Gastprofessur der indonesischen Künstler Reza Afisina und Iswanto Hartono, die Teil des ruangrupa-Kollektivs sind. Beide gehörten zu den Kuratoren, die für die documenta fifteen die Kunstwerke ausgewählt hatten – auch die mit eindeutig antisemitischen Darstellungen. Darauf wurden Jüdinnen und Juden unter anderem als geldgierige Schweine und Wölfe dargestellt – Stereotypen, die schon seit Hunderten von Jahren für Hetze genutzt werden.
Jüdischer Protest in Hamburg: ein stilles Zeichen gegen Antisemitismus
Keine laute Kundgebung, eher ein stilles Zeichen gegen die Gastprofessur und Antisemitismus sollte diese spontane Aktion sein. „Viele Jüdinnen und Juden in ganz Deutschland fühlen sich beleidigt und verletzt“, sagte Landesrabbiner Shlomo Bistritzky. „Künstler haben uns als Schweine dargestellt. Das ist sehr schmerzhaft.“ Die ruangrupa-Professoren hätten sich für die Auswahl der diskriminierenden Kunstwerke bis heute nicht offiziell entschuldigt. Er forderte „maximale Distanz“ zu den Verantwortlichen.
Auch Shelly Meyer, Vorstand des Verbands Jüdischer Studierender Nord, zeigte sich schockiert, dass die Hochschule den Künstlern einen Lehrauftrag erteilt hat: „Gerade Lehre hat die besondere Verantwortung, in keinem Fall volksverhetzend zu sein.“ Weil ihre Großeltern Shoa-Überlebende seien, gehe ihr die Thematik besonders nahe. „In der NS-Zeit wurden Lehrinhalte mit genau solchen Darstellungen vermittelt. So etwas darf nie wieder passieren.“
Jüdischer Protest an der HfbK: Gespräch geplant
„Ich finde es sehr unpassend, diese Künstler hierher einzuladen“, sagte der HfbK-Student Ferdinand Biehler. „Es geht dabei um Antisemitismus, und der hat hier keinen Raum.“ Andererseits wäre es auch nicht richtig, die Situation einfach rückgängig zu machen und dann nicht über den Vorfall zu sprechen, findet ein anwesender Design-Student. „Gerade vor Deutschlands historischem Hintergrund muss man sich mit solchen Themen auseinandersetzen“, so der 23-Jährige. Dann könne das Ganze womöglich als Denkanstoß dienen.
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HfbK-Präsident Martin Köttering betont, wie wichtig die Auseinandersetzung mit dem Thema sei. Die Hochschule und die Jüdische Gemeinde treten daher in den Dialog. Für kommenden Dienstag ist ein Gespräch zwischen Köttering und Landesrabbiner Shlomo Bistritzky geplant. Dieser zeigte sich am Donnerstag diskussionsbereit: „Trotz allem bin ich dafür, dass wir in dieser Situation miteinander reden.“