Hamburg. Medizinische Fachangestellte wandern ab. Ohne sie sind Praxen nicht zu betreiben. Jeder dritte Arzt in Hamburg vor Pensionierung.

Den Hamburger Ärztinnen und Ärzten fehlen die Fachkräfte: Genügend Medizinische Fachangestellte (MFA) zu finden, werde immer schwieriger, heißt es von der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg. Sie sind aber erforderlich, um ärztliche und psychotherapeutische Praxen betreiben zu können.

Es fehle nicht nur am Personal, sondern auch am Geld: Angesichts der chronischen Unterfinanzierung der ambulanten Versorgung für die Praxisinhaber sei dies kaum noch zu finanzieren.

Arzt Hamburg: Praxen fehlt Personal – das sind die Folgen für das Gesundheitssystem

„Der Personalmangel hat sich in den vergangenen Jahren zu einem großen Problem in den Praxen entwickelt. Immer mehr Medizinische Fachangestellte wandern in andere Bereiche des Gesundheitswesens wie Kliniken, Krankenkassen und Behörden ab, wo höhere Gehälter gezahlt werden, oder wechseln ganz den Beruf“, sagt John Afful, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg.

„Viele freie Stellen in den Praxen bleiben unbesetzt.“ Die Folge: Die Tätigkeiten der fehlenden MFA müssten durch fachfremdes Personal oder die Ärztinnen und Ärzte selbst übernommen werden.

Gesundheit Hamburg: Zu wenig Wertschätzung beklagt

Die MFAs, früher einmal Arzthelfer oder Sprechstundenhilfe genannt, sind nicht nur für die Terminplanung in der Praxis zuständig, sie sind auch erste Ansprechpartner für Patienten, messen Blutdruck, führen Impfungen durch, nehmen Blut ab, legen Wundverbände an und vieles mehr.

Doch die Praxisteams erhielten oft gerade von politischer Seite nicht die ihnen gebührende Wertschätzung, so die Hamburger KV. „Das Aufgabenspektrum sowie die Verantwortung der MFAs haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Hinzu kommt eine starke Belastung der Praxisteams durch Bürokratie und unausgereifte digitale Anwendungen“, sagt Caroline Roos, stellvertretende Hamburger KV-Vorsitzende.

Die Politik müsse eine „anständige Finanzierungsgrundlage“ für die Praxen schaffen, damit das Personal auch adäquat bezahlt und in den Praxen gehalten werden kann. „Ansonsten sind Leistungskürzungen und reduzierte Öffnungszeiten kaum zu vermeiden.“ In Medizinerkreisen wird sogar diskutiert, eine Strafgebühr von Patienten zu fordern, die ohne Absage nicht zum Termin erscheinen, um den Ausfall abzufangen.

Praxen ohne Nachfolger: Jeder dritte Hamburger Arzt vor Ruhestand

Auch drohten Praxisschließungen. „Ein Drittel der Vertragsärzte ist 60 Jahre oder älter und wird in absehbarer Zeit in den Ruhestand gehen; viele jüngere Ärztinnen und Ärzte möchten aber nur noch angestellt und in Teilzeit arbeiten“, so Afful. „Mittlerweile bleibt selbst in Hamburg die ein oder andere Praxis ohne Nachfolge“, sagt Hamburgs KV-Chef.

Dabei werde der Bedarf an medizinischen Leistungen zunehmen, weil die Bevölkerung im Zuge des demografischen Wandels älter werde. Afful findet drastische Worte: „Wenn sich nicht schnellstens etwas an der jetzigen Entwicklung ändert, bricht die ambulante Versorgung zusammen, und wir werden unseren Sicherstellungsauftrag nicht mehr erfüllen können.“