Hamburg. Prof. Stephan Willems und Dr. Samer Hakmi arbeiten in einem „hybriden OP“ gemeinsam. Was das für Hamburger Herzpatienten bedeutet.

Die Herzspezialisten am Hamburger Krankenhaus AK St. Georg haben einen Ruf wie Donnerhall. Das liegt natürlich an den prominenten Patientinnen und Patienten, die sie über die Jahre behandelt haben: Altkanzler Helmut Schmidt, Superstar David Bowie, Nachtigall Udo Lindenberg (Eh-renbürger) oder Theaterlegende Jürgen Flimm. Sie kamen mit so unterschiedlichen Erkrankungen wie akuten Gefäßverschlüssen, drohenden oder gerade durchgemachten Herzinfarkten oder undichten Aortenklappen.

Die Ärztinnen und Ärzte im AK St. Georg, das seit 2005 von Asklepios betrieben wird, haben mit ihren zum Teil erfinderischen Methoden Tausenden Herzleidenden auch mittel- und langfristig geholfen – oder eben „quick and bloody“, schnell und blutig. Udo Lindenberg sagte einmal über den langjährigen Herzpapst Prof. Karl-Heinz Kuck: „Ohne ihn wäre ich tot.“ Wenn die Experten unter dem Banner des heiligen Georg eingreifen, dann „be-herzt“.

Krankenhaus Hamburg: Das macht das AK St. Georg besonders

Das mag Eindruck machen bei niedergelassenen Ärzten, die ihre Patienten gerne zu dem einen oder anderen Spezialisten nach St. Georg schicken, oder bei Herzgeplagten, die sich selbst auf die Suche nach Hilfe begeben. Wichtiger jedoch für die Hamburger Herzmedizin insgesamt: St. Georg hat selbst von seinen Patienten profitiert und sich weiterentwickelt.

Was Helmut Schmidts „Leibarzt“ Prof. Heiner Greten und Prof. Kuck schon zur medizinischen Versorgung des Kanzlers und seiner Frau Loki auflegten, wird erst jetzt unter ihren Nachnachfolgern zum Standard. Mit zeitgemäßer Technologie und einem klaren medizinischen Verständnis von Teams aus Einzelkönnern haben Prof. Stephan Willems und Dr. Samer Hakmi die Klinik neu sortiert.

Kardiologie: Was „hybride Operationssäle“ bedeuten

Quasi wie nach dem Modell Schmidt finden sich mehrere Ärzte für Behandlungspläne zusammen, Herzchirurgen und Kardiologen arbeiten sogar gemeinsam an den Patienten, können – das ist neu – in „hybriden“ Operationssälen zwei Eingriffe aus den unterschiedlichen Fächern gleichzeitig durchführen. Das soll die Belastung für die Patienten und das „OP-Trauma“ klein halten.

Im Gespräch mit dem Abendblatt zeigen sich Willems und Hakmi überzeugt, für die Versorgung der etwa 6500 vollstationären Patienten pro Jahr und die Herzmedizin insgesamt einen neuen Impuls gesetzt zu haben.

„Hybrid-Therapie bedeutet auch, dass wir zum Beispiel über die Arterie einen Katheter einsetzen, um eine Engstelle an den Herzkranzgefäßen zu beseitigen. In derselben Prozedur kann ich als Chirurg minimalinvasiv einen kleinen Schnitt setzen, um eine weitere chirurgische Versorgung zum Beispiel der Herzkranzgefäße oder einer Herzklappe vorzunehmen“, sagt Hakmi.

Hamburger Herzmedizin: Diese Zentren sind führend

Er hat sich im Universitären Herzzentrum am UKE habilitiert und arbeitete wie Willems dort lange mit Prof. Hermann Reichenspurner zusammen. Beide wechselten in einem großen Team im Jahr 2019 auf die östliche Alsterseite. Naturgemäß gibt es eine gesunde Konkurrenz zwischen den großen Herzzentren in Hamburg. Das UKE eröffnet seinen Neubau im Jahr 2024. Das Albertinen verweist unter anderem auf seine große Expertise bei Bypässen.

Unter den niedergelassenen Ärzten finden sich spezialisierte Praxen und sehr fortschrittlich orientierte Einrichtungen wie das Cardiologicum in Wandsbek. Ärzte von dort und Tüftler haben Geräte und Programme entwickelt, die ein Elektrokardiogramm (EKG) von einer Smartwatch wie Apple Watch, Samsung oder Huawei zur schnellen Auswertung zu Experten bringt. Solche individuellen Herzchecks und Geräte zur Selbstoptimierung werden in Zukunft eine noch größere Rolle spielen.

3-D-Livebilder vom Herzen im OP-Saal

Willems und Hakmi sehen St. Georg auf der Höhe der Zeit, wenn nicht mit einem leichten Vorsprung. Ein großer Bildschirm für Livebilder vom Herzen und 3-D-Ultraschall weist den Ärzten bei einem Eingriff den Weg.

Willems sagt: „Mit unseren optimierten Abläufen in der Versorgung können wir Notfallpatienten mit einem akuten Herzinfarkt innerhalb von 60 Minuten von der Schwelle des Krankenhauses bis zur Eröffnung des Gefäßes inklusive Einsetzen eines Stents versorgen.“ Neben Genauigkeit ist Tempo ein Faktor. In Deutschland litten zwölf Prozent der Verstorbenen zuvor unter einer koronaren Herzerkrankung.

Minimalinvasive Prozedur für ältere Patienten „ein Segen“

Je älter die Patienten, desto häufiger können die Herzklappen in Mitleidenschaft gezogen sein. „Es kommen häufig Patienten mit Begleiterkrankungen zu uns“, sagt Willems.

„Bei Betagten, also zum Beispiel über 80 Jahre alten Patienten, würde man vielleicht sagen, dass das Risiko einer Herz-OP zu hoch sei. Da komme eventuell aber ein katheterbasierter Eingriff infrage. Für all diese Patienten ist es ein Segen, dass man sie in einer minimalinvasiven Prozedur behandeln kann.“

Minimalinvasive Operationen an Herzklappen

Sein Kollege Hakmi zeigt eindrucksvoll, wie klein die Schnitte sind, die er setzt – aber eben auch, mit welch unterschiedlichen Herzklappenerkrankungen es die Ärzte zu tun haben.

„Sehr häufig ist im fortgeschrittenen Alter die Aortenklappe verkalkt und eingeengt, diese wird durch eine neue biologische Klappe minimalinvasiv operativ oder heutzutage immer häufiger über ein Katheter-verfahren ersetzt.“

Bei einer undichten Mitralklappe sei es fast immer besser, sie zu rekonstruieren, also mittels Operation oder eines katheterbasierten Verfahrens zu erhalten, als sie auszutauschen.

Herzchirurg nimmt Praxiskollegen in die Pflicht

Bei diesen Verfahren und neuen Techniken können Patienten schnell den Überblick verlieren. Daraus hat auch das Traditionshaus seine Schlüsse gezogen. Willems sagte: „Entscheidend war, dass wir eng verzahnte Teams aus Kardiologen und Herzchirurgen bilden, die zusammen vorschlagen, was mit einem Patienten geschieht. Was ist der erste Schritt? Brauchen wir danach noch weitere?“ Es müsse den einen Behandlungsplan geben.

Dazu nimmt Willems auch seine Praxiskollegen in die Pflicht: „Es darf außerdem nicht davon abhängen, ob der einweisende Arzt seine Patienten schon immer zu dem einen oder dem anderen Spezialisten geschickt hat. Der Patient und sein Herz müssen im Mittelpunkt stehen.“