Los Angeles/Hamburg. Was Hamburgs Bürgermeister auf seiner USA-Reise besonders beeindruckt hat – und worüber er nicht sprechen durfte.

Bürgermeister Peter Tschentscher kommt von seiner USA-Reise mit ermutigenden Eindrücken zurück, wie er dem Abendblatt auf dem Flug von Los Angeles nach Hamburg sagte. „Es ist keineswegs so, dass die Amerikaner nur an ihre eigene Position denken, sondern im Blick haben, dass es Partnerschaften braucht – und da ist insbesondere das Interesse an Deutschland sehr groß“, sagte Tschentscher.

Besonders beeindruckt zeigte er sich von San Francisco und dem Silicon Valley. „Es lohnt sich, auch mal gewagte Schritte zu gehen“, sagte der Bürgermeister mit Bezug auf autonomes Fahren, das er in der IT- und Hightech-Metropole getestet hatte. „Ich war erstaunt, wie weit die Entwicklung schon vorangeschritten ist.“ Dass es in San Francisco gelinge, einen so komplexen Prozess wie autonomes Fahren mitten in der Großstadt umzusetzen bestärke ihn darin, dass Hamburgs Pläne machbar seien.

Peter Tschentscher zur USA-Reise: „Es lohnt sich, gewagte Schritte zu gehen“

Der Senat will selbstfahrende Autos in den öffentlichen Nahverkehr integrieren, weil es zum Beispiel nur so möglich sei, für bisher nicht gut durch Bus und Bahn erschlossene Teile der äußeren Stadt, auch in Randzeiten Mobilitätsangebote bereitzustellen. Dafür fehlt schlicht das Personal.

„Deswegen ist eine ausgereifte, sichere autonome Fahrtechnik für unser Mobilitätskonzept in Hamburg von großer Bedeutung“, sagte Tschentscher.

Peter Tschentscher vor der Golden Gate Bridge in San Francisco.
Peter Tschentscher vor der Golden Gate Bridge in San Francisco. © Senatskanzlei / Jan-Niklas Pries

Die USA-Reise habe ihn auch darin bestärkt, auf Wasserstoff als Zukunftstechnologie zu setzen und anzustreben, dass Hamburg ein europaweit führendes Zentrum für den Import und die Verteilung von Wasserstoff wird.

In der US-Hauptstadt Washington hatte sich Tschentscher mit Seifi Ghasemi getroffen, Chef des weltweit größten Produzenten von Wasserstoff, Air Products, der in Zukunft große Mengen Wasserstoff aus erneuerbaren Energien herstellen will. Ghasemi war für das Gespräch extra aus Pennsylvania angereist, wo Air Products seinen Hauptsitz hat und deutete an, dass er seine Investitionen in Hamburg noch ausweiten könnte.

Wasserstoff-Riese könnte Investitionen in Hamburg ausweiten

„Hier zeigt sich, dass es in den Vereinigten Staaten unternehmerischen Mut gibt, perspektivisch zu denken und große Schritte zu gehen“, sagte Tschentscher. Air Products will in der Hansestadt eine Import- und Vertriebsanlage für „grünes“, also klimafreundlich erzeugtes, Ammoniak errichten, zusammen mit der zur Hamburger Marquard & Bahls-Gruppe gehörenden Gesellschaft für Mineralölhandel Mabanaft. Die geschätzte Investitionssumme liegt bei rund 500 Millionen Euro. Tschentscher beließ es allerdings nicht bei dem Treffen mit Ghasemi in Washington, sondern besichtigte am Ende seiner einwöchigen USA-Reise auch noch das Air-Products-Werk in Los Angeles.

Im Hafen der Metropole an der US-Westküste informierte sich Tschentscher zudem darüber, in welchen Schritten Los Angeles seine nunmehr 79 Landstrom-Anlagen aufgebaut und eine Landstrompflicht für Containerschiffe vorbereitet hat. Hamburg verfügt bisher nur über eine Landstrom-Anlage für Kreuzfahrtschiffe. Tschentscher schwebt ein Stufenplan vor, um in Hamburg möglichst deutlich vor 2030 eine Landstrompflicht für Containerschiffe einzuführen. Dafür will er sich mit den Bürgermeistern der anderen großen europäischen Hafenstädte Rotterdam, Amsterdam und Genua absprechen.

Peter Tschentscher wirbt bei Google, Meta und Snap für Hamburg

Für Hamburg als Digitalstandort warb Tschentscher bei den IT-Konzernen Google, Meta und Snap in der San Francisco Bay Area. Alle drei Unternehmen haben ihre Deutschlandzentrale in Hamburg. Er habe Anknüpfungspunkte für neue Kooperationen gefunden, sagte Tschentscher. Die drei Unternehmen hätten wahrgenommen, „dass wir ein Partner auf Augenhöhe sind, wenn es um Vernetzung und neue digitale Anwendungen geht“, sagte der Bürgermeister.

Er will während seiner Besuche bei den drei Digitalunternehmen wahrgenommen haben, dass diese sich „ihrer Verantwortung für das, was durch Digitalisierung entsteht, bewusst“ seien. Snap hatte Tschentscher nicht nur Rede und Antwort gestanden, sondern auch die begleitenden Hamburger Medien bei einer Präsentation und einem Firmenrundgang dabei sein lassen.

Bürgermeister soll Journalisten nichts über Präsentation erzählen

Anders lief es auf dem neuen Bay View Campus des IT-Konzerns Google: Dort mussten die Journalisten in einem dunkelgrauen, fensterlosen Raum warten, während Tschentscher und die ihn begleitende Wirtschafts- und Wissenschaftsdelegation sich anderswo eine Präsentation des Gastgebers anhörten und an einer Diskussionsrunde – unter anderem über einen verantwortungsvollen Umgang mit künstlicher Intelligenz (KI) – teilnahmen.

Tschentscher zeigte Verständnis für den Wunsch des Konzerns, die Gesprächsrunde in einem vertraulichen Rahmen zu halten. „In Phasen, in denen Dinge noch in der Entstehung sind, die Abwägung zwischen Chancen und Risiken noch nicht abgeschlossen ist, kann man gut verstehen, dass Google diese Diskussion noch nicht öffentlich führen möchte“, sagte er.

„Aber es war zu spüren, dass die Digitalunternehmen sich sehr wohl mit dem Schutz persönlicher Daten auseinandersetzen, und sich fragen, welche Anwendungen gesellschaftlich sinnvoll seien und an welchen Stellen Vorsicht geboten sei“, fügte Tschentscher hinzu.

Peter Tschentscher lädt Amerikaner „herzlich“ nach Deutschland ein

Von den Abgeordneten und Senatsmitgliedern, die Hamburgs Bürgermeister in der kalifornischen Hauptstadt Sacramento traf, sei bereits der Wunsch übermittelt worden, die Gespräche in Videokonferenzen fortzuführen.

„Es hat sich gezeigt, dass ein Austausch sehr lohnend ist über die großen Themen der Zeit wie Klimaschutz, Mobilität und Digitalisierung, die Metropolen wie Hamburg, San Francisco und Los Angeles bewegen“, sagte Tschentscher. „Bei dieser sehr positiven Resonanz der Unternehmen, der wissenschaftlichen Akteure und auch der Politik, bin ich sicher, dass sich aus diesem Besuch einiges an Kooperationen entwickeln wird.“ Er habe seine Gesprächspartner „herzlich“ nach Deutschland eingeladen.