San Francisco. Der Hamburger Oliver Schramm ist Generalkonsul in San Francisco. Im Interview schwärmt er über die besondere Gründerkultur vor Ort.
Er ist gebürtiger Hamburger, Harvard-Absolvent und deutscher Generalkonsul in San Francisco: Oliver Schramm begleitete kürzlich Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) bei dessen Besuch in der IT- und Hightech-Stadt an der US-Westküste. Am Rande eines Besuchs bei Google im nahe gelegenen Silicon Valley sprach das Abendblatt mit dem 59 Jahre alten Diplomaten über die Bedeutung der San Francisco Bay Area für Gründer, Start-ups und etablierte Firmen aus Hamburg und Norddeutschland – und über die Beziehung zu seiner Heimatstadt.
Sie leben inzwischen zwei Jahre lang in San Francisco. Vermissen Sie eigentlich Hamburg?
Oliver Schramm: Immer. Wenn man im Auswärtigen Dienst ist, lernt man zu schätzen, was man zu Hause hat. Hamburg ist einfach mein Revier. Schon das Stadtbild mit der Alster und ihren Kanälen, auf denen wir als Studenten gepaddelt sind, das besondere Flair mit der Elbe und den vielen Parks – all das mag ich sehr. Und: Hamburger haben eine sehr freundliche, zugewandte Art. Jedenfalls nehme ich das so wahr, auch wenn ich damit häufig im Widerspruch zu meinen Kollegen aus anderen Regionen Deutschlands stehe. Hamburg ist bodenständig und zugleich eine international ausgerichtete Stadt. Die Hamburger haben es immer verstanden, auf Einflüsse und Technologien von außen zu setzen, diese ein Stück weiterzuentwickeln und besser zu machen.
Apropos „besser machen“: Wie wichtig ist es für deutsche Firmen, sich in der San Francisco Bay Area mit dem Silicon Valley zu zeigen?
Wer hautnah die jüngsten Entwicklungen bei Hightech-Anwendungen, künstlicher Intelligenz und Quantencomputing mitbekommen will und Inspiration sucht, sollte ins Valley kommen – und sei es nur für kurze Zeit. Hier ist manches schon Realität, was anderswo noch undenkbar ist. Zum Beispiel autonomes Fahren – Peter Tschentscher hat es bei seinem Besuch in San Francisco getestet. Das Silicon Valley ist ein toller Landeplatz für Gründer. Es gibt dort etwa 40.000 Start-ups. Ein Drittel des gesamten US-Wagniskapitals – etwa 65 Milliarden von knapp 200 Milliarden Dollar – geht ins Valley. Es waren schon einige Hamburger hier, die Geld für ihre Ideen eingesammelt haben.
Was kann Hamburg vom Silicon Valley lernen?
Die Hansestadt ist schon auf einem guten Weg. In meiner Zeit als Gesandter für Wirtschaft und globale Fragen an der Deutschen Botschaft in London von 2017 bis 2021 hat uns dort mehrfach Hamburgs Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) besucht, die genau auf Hamburgs Stärken schaut und diese fördern will, etwa Forschung, Logistik und erneuerbare Energien. In Deutschland ist allerdings die Risikoscheu immer noch sehr ausgeprägt. Dagegen gibt es im Silicon Valley eine stärkere ,Can do’-Mentalität. „Einfach ausprobieren“, lautet die Devise, volle Konzentration auf die Umsetzung einer Idee, statt von vornherein an mögliche Einschränkungen und Probleme zu denken.
Scheitern ist aus Sicht der Wagniskapitalgeber …
… nichts Schlimmes. Sie sehen es vielmehr so: Gründerinnen und Gründer, die mit ihrer Idee nicht am Markt erfolgreich waren, haben immerhin viel gelernt, sodass ihnen zuzutrauen ist, dass sie beim nächsten Mal besser abschneiden. Verglichen mit Deutschland, gibt es im Silicon Valley viel mehr Beratung für Gründer – von den Universitäten vor Ort wie Stanford, Berkeley und der University of California San Francisco, aber auch von Investoren. Aus der engen Verknüpfung von Wissenschaft und Wirtschaft sind schon viele Patentanmeldungen hervorgegangen.