Mittelmaß, Sanierungsstau und Raumnot - die größten Probleme und Stand der Dinge der Reformen der Hamburger Universität auf einen Blick.
Hamburg. Budget-Kürzungen, überfüllte Hörsäle, verschulte Studiengänge und bislang wenig Vorzeigbares im Wettstreit um die Exzellenzmillionen des Bundes - meistens sind es keine guten Nachrichten, wenn es um die Hamburger Universität geht. Die Hochschule steckt seit Jahren in einer Qualitäts- und Identitätskrise. Doch seit Dieter Lenzen Universitätschef ist, kommt Bewegung in die Situation. Nach den jüngsten Auseinandersetzungen über Millioneneinsparungen im Hochschulbereich haben sich Universität und Senat jetzt weitgehend auf einen Zukunftspakt geeinigt, der eine sichere Finanzierung für die Entwicklung der Hochschule gewährleisten soll. Vor diesem Hintergrund beleuchtet das Abendblatt den Stand der Dinge bei vier großen Problemfeldern:
Mittelmaß im Leistungsvergleich
In den internationalen Rankings rangiert die Universität Hamburg eher im hinteren Bereich, etwa im jüngsten QS-World-Ranking auf Platz 203 von 300 getesteten Hochschulen. Auch bei der sogenannten Exzellenzinitiative des Bundes konnten die Hamburger nicht wirklich punkten. Nach zwei Runden in dem Verfahren, das den besten Universitäten des Landes Fördermittel in Millionenhöhe verspricht, qualifizierte sich Hamburg nur mit dem Klima-Cluster. Für die dritte Runde geht die Hansestadt mit einem Folgeantrag für den Bereich der Klimaforschung und einem neuen Antrag zur Echtzeitbeobachtung der Bewegungen von Atomen aus den Disziplinen Physik, Chemie und Biologie ins Rennen. Ein kleiner Erfolg, denn Hamburg war von der deutschen Forschungsgemeinschaft aufgefordert worden, diesen neuen Antrag einzureichen. Entschieden wird Mitte 2012.
Bologna 2.0
Nach der Reform beginnt die Reform, in diesem Fall geht es um Korrekturen an der Umstellung der alten Magister- und Diplom-Studiengänge in Bachelor- und Masterabschlüsse. In Hamburg ist der so genannte Bologna-Prozess abgeschlossen. Derzeit gibt es an der Universität 70 Bachelor- und 90 Master-Studiengänge. "Wir sind intensiv dabei, der beklagten Verschulung des Studiums entgegenzuwirken", sagte Professor Holger Fischer, als Uni-Vizepräsident zuständig für Studium und Lehre. Jetzt werden größere Wahlmöglichkeiten bei den Lehrveranstaltungen geschaffen sowie weniger und vielfältigere Prüfungen entwickelt. "Das ist ein sehr mühsamer Prozess und dauert länger, als wir und die Studierenden es gern hätten", sagt Fischer. Außerdem geht es darum, ausreichend Master-Studienplätze zu schaffen, sodass jeder Bachelor-Absolvent ein Master-Studium aufnehmen kann.
Dramatischer Sanierungsstau
Dass viele Gebäude der Universität in einem desolaten Zustand sind, ist unbestritten. Im Geomatikum etwa werden die Studierenden schon seit Jahren vor dem Betreten der Balkone gewarnt - sie sind einsturzgefährdet. Aber auch bei den Wirtschaftswissenschaftlern oder im Phil-Turm ist die Lage desolat. Nach langem Tauziehen gibt es jetzt konkrete Pläne für Hamburgs neue Uni - am alten Standort in Eimsbüttel. Im Mittelpunkt des 320-Millionen-Projekts steht ein Klima-Campus an der Bundesstraße, der in einem Neubau neben dem dann sanierten Geomatikum untergebracht ist. Baustart soll 2013 sein. Finanziert wird das Vorhaben über die städtische Wohnungsbaugesellschaft Saga/GWG, die die Flächen an die Universität vermietet.
Überfüllte Lehrsäle, teurere Mensa
Selbst das Audimax ist zu klein, um alle die Studierenden zu fassen, die "Grundlagen des betrieblichen Rechnungswesens" hören wollen. "Die Veranstaltung wird dreimal angeboten, und trotzdem sitzen Studierende auf den Treppen", beklagt die Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA), Luise Günther. Nachdem in diesem Semester mit 8500 Studienanfängern 1300 mehr als in den Vorjahren aufgenommen wurden, verstärke sich das Problem noch. Auch das Betreuungsverhältnis zwischen Studierenden und Professoren ist in Hamburg schlechter als im Bundesschnitt. Zwar könne man mit der Abschaffung der Studiengebühren einen großen Erfolg verbuchen, trotzdem sei die Situation für viele Studierende nicht rosig. Günther: "Die Mensa-Preise sind gestiegen, das Semesterticket ist teurer geworden." Dazu kommen die hohen Mieten. Täglich melden sich beim AStA Studienanfänger ohne Dach über dem Kopf.