Senat und Universität schließen Zukunftsvertrag. Er nutzt beiden
Spötter behaupten, die Stadt habe die Hochschule, die sie verdiene, die sich perfekt einreihe in eine Sammlung von Hamburgensien, die sich unter einem Begriff zusammenfassen lassen, der übler kaum geht: Mittelmaß. Mittelmaß ist schlimm. Schlimmer als schlecht, schlimmer als unterdurchschnittlich. Mittelmaß ist der Todesstoß aller Bestrebungen, aufzufallen und herauszuragen. Wie zu oft der Fußball, der hier gespielt wird, wie zu oft das Sprechtheater auf zumindest einer großen Bühne oder Ausstellungen in staatlichen Museen. Viel, zu viel Mittelmaß.
Der entscheidende Unterschied: Theatergänger oder Museumsbesucher strafen Mittelmaß mit Liebesentzug ab, während die Universität einen Studierendenrekord hinlegt. Dieser Rekord ist eine Liebeserklärung der angehenden Akademiker, aber weniger an die Hochschule denn an die Stadt. Das Argument, hier zu studieren, heißt Hamburg.
Die wissenschaftliche Kompetenz kann es - zumindest noch - nicht sein. Das hat zuletzt der Exzellenzwettbewerb der deutschen Unis gezeigt, bei dem Hamburg erneut enttäuschte, trotz eines reformerfahrenen und herausragenden Uni-Präsidenten mit allerdings noch zu kurzer Amtszeit für nachhaltige Veränderungen.
Dabei ist Hamburg angewiesen, sich aus dem Mittelmaß an die Spitze deutscher Hochschulen hochzukämpfen. Der Faktor Bildung entscheidet - neben dem Hafen - über die Zukunftsfähigkeit der Stadt. Nur wenn es gelingt, den Wandel in eine Wissensgesellschaft zu gestalten und voranzutreiben, wird Hamburg langfristig sein Wohlergehen sichern können.
Den Anfang hat der SPD-Senat mit der Umsetzung eines Wahlversprechens gemacht: Vorschulische Erziehung und Bildung werden ausgebaut. Dann der Schulfrieden, eine parteiübergreifende Einigung aus dem vergangenen Jahr, der eine Verlässlichkeit an den Schulen über zehn Jahre, kleinere Klassen und bessere Ausstattungen garantiert. Jetzt folgt der dritte, entscheidende Schritt, ein langfristiger Vertrag, den der Senat mit der Universität abschließt.
Noch vor wenigen Wochen schien die Situation hoffnungslos, standen sich zwei Sturköpfe scheinbar kompromisslos gegenüber. Hier Bürgermeister Olaf Scholz, da einer seiner wichtigsten Angestellten, Hochschul-Präsident Dieter Lenzen. Der eine kündigte über seine Fachsenatorin an, den Unis das Geld zu kürzen, der andere, über das flugs gegründete "Büro für ungewöhnliche Maßnahmen", den Protest in die Stadt zu tragen und zivilen Ungehorsam zu leisten.
Und jetzt, so scheint es, haben Senat und Universität es geschafft, einen bundesweit einmaligen Zukunftspakt zum Wohle der Stadt zu schmieden. Doch gerade die Unversöhnlichkeit von Scholz und Lenzen, deren Sturheit und Stolz waren es offensichtlich, die den erst ermöglicht haben. Weil sie ohne Gesichtsverlust keinen kurzfristigen Kompromiss hätten finden können, waren sie zu einer langfristigen Lösung gezwungen.
Und die klingt überzeugend. Die Universität weiß schon heute, wie viel Geld sie bis 2020 erhält. Von Jahr zu Jahr steigen die Überweisungen, während vor dem Hintergrund des maroden Landeshaushalts, der Schuldenbremse und einer in den kommenden acht Jahren kaum zu verhindernden Rezession das Land an vielen anderen Stellen wird sparen müssen, "bis es quietscht", wie es Scholz' Berliner Kollege Klaus Wowereit einmal formulierte. Die Universität erhält langfristig die wegfallenden Studiengebühren ersetzt, zudem Budget- und Personalhoheit und das Geld, Neubauten anzumieten.
Das ist ein Zukunftspakt, mit dem sich das Land zur zentralen Hochschule bekennt. Und mit dem die Uni ein Versprechen abgibt. Es lautet schlicht: Wir machen die Hochschule besser. Eine echte Herausforderung.