Es gibt auch “starke Stimmen für Rücktritt“ von Berndt Röder. Die Partei spricht von einem Fehlverhalten, hält aber an ihm fest.
Hamburg. Das ist eine Demontage, bei der am Ende für Bürgerschaftspräsident Berndt Röder (CDU) nur eines übrig ist: Er darf im Amt bleiben. Eineinhalb Stunden hat der CDU-Fraktionsvorstand den Fall des Präsidenten, der wegen des hartnäckigen Einsatzes für die Eisräumung seiner Wohnstraße in Groß Borstel in heftige Kritik geraten war, mit ihm diskutiert.
"Wir haben festgestellt, dass Berndt Röder einen groben Fehler gemacht hat", sagte CDU-Fraktionschef Frank Schira danach. Röder habe nicht nur sich, sondern auch die gesamte Fraktion in eine schwierige Lage gebracht. "Aber er hat sich entschuldigt und zeigt Reue. Dies haben wir akzeptiert", so Schira. Und: Röder sei "in Demut vor der Fraktion erschienen".
Auch angesichts der Verdienste Röders als Präsident und als Bürgerschaftsabgeordneter sei der Fraktionsvorstand einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, "dass wir jetzt Solidarität mit ihm ausüben". Das sei gerade für "christliche Demokraten" ein wichtiger Punkt. "Wir lassen ihn nicht fallen", sagte Schira.
Der Fraktionschef ließ allerdings keinen Zweifel daran, dass die Unterstützung auf Bewährung erfolgt. "Berndt Röder steht unter starker Beobachtung des Parlaments insgesamt und der eigenen Fraktion. Er wird zukünftig noch schärfere Maßstäbe an sein Tun anlegen müssen", betonte Schira. "Ein Bürgerschaftspräsident muss wissen, dass er ein Amt auf Zeit innehat und für ihn andere Bedingungen gelten als für Normalbürger."
Röder hatte am Dienstag vor Journalisten eingeräumt, dass es ein Fehler war, beim Bezirksamt Nord, bei Innenstaatsrat Stefan Schulz und bei Umweltstaatsrat Christian Maaß anzurufen, um die seiner Ansicht nach gefährliche Schnee- und Eislage in der Frustbergstraße beseitigen zu lassen. Einen Rücktritt lehnte Röder jedoch ab.
Die Position in der Fraktion war durchaus geteilt. Laut Schira gab es "starke Stimmen für den Rücktritt" Röders unter den CDU-Abgeordneten. Wie brenzlig die Lage war, ergibt sich daraus, dass Schira an den Verhandlungen über die Schulreform mit der SPD gestern nicht teilnahm.
Unterdessen wurden weitere Details des Falls bekannt: Dreimal rückte die Stadtreinigung nach Röders Intervention innerhalb von zwölf Stunden in der Frustbergstraße an, wie aus einer Anfrage der SPD hervorgeht. Am Freitagabend um 19.20 Uhr, in derselben Nacht noch einmal um 1.30 Uhr - und schließlich morgens von 5.30 bis 6.30 Uhr: Dann brachte ein Klein-Lkw vier Mitarbeiter, die von Hand die Eisplatten weghackten.
Offensichtlich wurde der Auftrag besonders gründlich bearbeitet, weil er direkt vom Geschäftsführer der Stadtreinigung, Rüdiger Siechau kam. Der sagte dem Abendblatt: "Ich habe nach dem Hinweis aus der Umweltbehörde den Verkehrssicherheitsdienst beauftragt, den Bereich Frustbergstraße zu kontrollieren und gegebenenfalls zu sichern." Dieser Hinweis aus der Umweltbehörde kam, wie berichtet, von Staatsrat Christan Maaß (GAL). Er erklärt, es sei "ständige Praxis" der Umweltbehörde, Hinweise aus der Bevölkerung zu Eis- und Schneeglätte an die Stadtreinigung weiterzuleiten. Eine Entscheidung darüber treffe die Stadtreinigung eigenständig.
Aber handelt die Stadtreinigung auch eigenständig, wenn der Hinweis der Behörde nicht aus der Bevölkerung stammt, sondern vom Bürgerschaftspräsidenten? Das soll nun eine weitere Anfrage des SPD-Abgeordneten Gunnar Eisold klären. Tenor: Einer von beiden, Staatsrat Maaß oder Geschäftsführer Siechau, werde ebenfalls Verantwortung übernehmen müssen.