Hamburg. Spezialkräfte statten in der Nacht alten Bekannten in der Harburger City einen Besuch ab. Was die Beamten neben den Geräten entdecken.
Gegen 18 Uhr fuhren am gestrigen Freitagabend die Polizeiwagen in der Harburger Innenstadt vor. Ihr Ziel: ein Kulturverein und zwei Kneipen, die den Beamten bekannt sind. Alle drei Lokalitäten waren in der Vergangenheit schon einmal wegen illegal aufgestellter Glücksspielautomaten in Erscheinung getreten. Und auch diesmal wurden die Beamten fündig.
Bereits im August 2023 hatten Spezialisten der Polizei bei einem Verbundeinsatz mit mehreren Behörden drei unerlaubte Geräte im Kulturverein „Blue Night 5 e.V.“ entdeckt und daraufhin direkt beschlagnahmt. Offenbar hatte man sich umgehend um Ersatz bemüht. Denn auch am Freitagabend fanden die Einsatzkräfte zwei nicht erlaubte „Fun-Game-Automaten“ sowie mehrere Tausend Euro Bargeld.
Razzia im Harburger Glücksspielmilieu: Vorstand des Kulturvereins weiß von Nichts
Allerdings kam es für den „Vereinsvorstand“ dieses Mal richtig dicke: Da auch Steuerfahnder an der Razzia beteiligt waren, konnte vor Ort gleich noch eine Steuerschuld eingetrieben werden. Da in dem Kulturverein alkoholische Getränke ausgeschenkt und auch weitere baurechtliche Verstöße festgestellt wurden, konnte dem Verein der Weiterbetrieb zunächst untersagt werden.
Das wollte das Blue-Night-Team offenbar nicht hinnehmen. Der Verein verdiene mit den Automaten kein Geld, sie seien auf Wunsch der Mitglieder aufgestellt worden, so der Vorsitzende. Dass diese Automaten illegal seien und es sich beim Betrieb um eine Straftat handele, wollte er auf Grund von Sprachbarrieren plötzlich nicht mehr verstehen.
Gewinn von 86.049 Euro wurde weder verbucht noch versteuert
„Wenn wir keine Automaten aufstellen, kommen auch keine Kunden mehr. Wir sind seit 35 Jahren hier“, sagt er abschließend und beendet das Gespräch mit dem Reporter vor Ort. Das diese Aussagen nicht stimmen, zeigt ein Blick auf die Kontrolle im August 2023. Damals durften Reporter im Inneren des Vereins fotografieren – und gewannen so interessante Einblicke in die Welt des illegalen Glücksspiels. So erzielte ein sichergestellter Automat bei 753.133 Spielen Einnahmen von insgesamt 206.959 Euro. 120.910 Euro wurden als Gewinn wieder ausgespielt – der Gewinn von 86.049 Euro wurde weder versteuert, noch ging er in die Geschäftsbücher ein.
Polizeibekannter Drogendealer bleibt bei Razzia unbehelligt
Die Polizeibeamten kontrollierten auch die Gäste des Kulturvereins. Bei einem jungen Kurden wurden drei Tütchen Marihuana mit jeweils etwa 5 Gramm gefunden, dazu fast 400 Euro mutmaßliches Dealgeld in szenetypischer Stückelung. Doch die gefundene Menge reicht nicht für Konsequenzen: 25 Gramm Marihuana sind erlaubt. So bekommt der polizeibekannte Drogendealer in Absprache mit dem Landeskriminalamt seine Drogen und sein Geld wieder zurück.
Nach einer kurzen Aufwärmphase in der Polizeiwache zogen die Beamten anschließend weiter in den „Casanova Club“ am Lüneburger Tor und stießen auf zwei mutmaßlich illegal betriebene Geldspielautomaten im Keller der Gaststätte. Die Einsatzkräfte entfernten die Rechner aus ihren Gehäusen und beschlagnahmten die Geräte. Auch dieser Musikclub ist kein unbeschriebenes Blatt. Im November 2022 fand die Arbeitsrate illegales Glücksspiel bei einer Kontrolle fünf Automaten in dem Lokal.
Arbeitsrate illegales Glücksspiel: Berliner Ordnungsamt hospitiert bei Einsatz
Die Arbeit der Arbeitsrate illegales Glücksspiel hat sich längst herumgesprochen. Die Erfolge sprechen für sich, bei zahlreichen Einsätzen haben die Glücksspielwächter im Zusammenspiel mit dem Landeskriminalamt, dem Bezirksamt, Finanzamt und anderen Behörden mittlerweile unzählige Automaten sichergestellt und einige Betriebe geschlossen.
Die Wirte reagieren zunehmend gestresst und verunsichert, wenn sie auf das Thema Automaten angesprochen werden. Die Anzahl der Geräte nimmt scheinbar, zumindest in Harburg, ab.
Mehr Blaulicht-News
- Horror-Überfall in der Heide: Täter gestehen vor Gericht
- Tesla fährt Müllmann auf Trittbrett an – schwer verletzt
- Drogen-Einsatz im Phoenix-Viertel: Polizei nimmt 19-Jährigen fest
Das entgeht auch den Behörden in anderen Bundesländern nicht. Im vergangenen Jahr war die Dienstgruppe operative Angelegenheiten der Polizei in Sachen illegales Glücksspiel bereits ein gefragter Partner für die Polizei aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen, die teilweise zur Hospitation in Harburg war. Zudem untersützten Beamte aus Harburg deren Einsätze in Neumünster und Kiel.
Erst vor sechs Wochen machte sich Hamburgs Polizeipräsident Falk Schnabel ein Bild von der Verbundeinheit. In den vergangenen beiden Tagen begleiteten zwei Mitarbeiter des Berliner Ordnungsamtes die Einsätze.