Harburg. Wildgerichte haben Hochsaison in den Restaurants, sind aber ein teurer Spaß. Wie Fans der zarten Braten günstig zum Genuss kommen.
Wer Fleisch liebt und trotzdem auf Nachhaltigkeit und Tierwohl achtet, kommt an Wildfleisch nicht vorbei. Für Wildliebhaber hat aktuell die schönste Jahreszeit begonnen. Die Blätter fallen, im Wald ist die Jagdsaison ist im vollen Gang. Schon im August endeten viele Schonzeiten, und inzwischen dürfen die meisten Tiere wieder im waidmännischen Maß bejagt werden.
Viele Harburgerinnen und Harburger lieben Wild und freuen sich auf die nächsten Wochen und Monate. Andere scheuen das saisonale Fleisch, weil sie glauben, es sei kompliziert zuzubereiten und man könne da etwas falsch machen. Weit gefehlt: Um einen Schmorbraten vom Rehrücken oder ein Wildgulasch zu versauen, muss man schon viel böse Absicht aufwenden. Ansonsten bringen die meisten Stücke Wildbret nahezu eine Gelinggarantie mit sich.
Wildschwein, Hirsch oder Reh: Tieren bleibt der Weg zum Schlachthof erspart
Auch ethische Bedenken gegen Wildkonsum sollte niemand hegen, sobald er die Grundsatzfrage, ob man überhaupt Fleisch essen sollte, für sich positiv beantwortet hat.
„Ein Wildtier lebt frei und ernährt sich natürlich, bis wir es schnell und waidmännisch entnehmen“, sagt Jens Bösenberg, der in der Bezirksgruppe Harburg der Hamburger Jägerschaft für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. „Das ist schon ein Unterschied dazu, Tiere monatelang auf engem Raum zu halten, mit Kraftfutter zu mästen und am Ende lange Strecken zum Schlachthof zu transportieren.“
Gerücht vom strengen Geschmack hat mir früherer Jagdpraxis zu tun
Diesen Unterschied würde man auch schmecken, so Bösenberg: „Wildfleisch ist sehr schmackhaft und zart“, sagt er. „Das meiste kann man zubereiten wie Rind; also braten, schmoren oder als Gulasch. Ich grille mein Wild gerne kurz und sehr heiß.“
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Der strenge Geschmack, den viele Menschen als wild-typisch bei sich abgespeichert haben, sei ein Ding der Vergangenheit, so Bösenberg. „Früher hat man auch in der Brunft- und Ranzzeit geschossen, und die männlichen Tiere waren in dieser Zeit voller Sexual- und Stresshormone“, erklärt er. „Daher rührte dieser Geschmack. Heute schießt man in dieser Zeit nicht mehr.“
Achtung: Das Wildfleisch in Supermärkten kommt oft aus der Gehegezucht
Wie Jäger an ihr Wildbret kommen, ist klar: Sie erlegen es selber, brechen es vor Ort auf und lassen es dann bei sich reifen, bevor sie es „zerwirken“, wie das Zerlegen auf Jägerlatein heißt. Manche überlassen das Reifen und Zerwirken auch professionellen Schlachtern, obwohl sie es selbst in ihrer zeitaufwändigen Jagdausbildung gelernt haben. Nicht jeder aber hat den notwendigen Arbeitsplatz dafür zu Hause oder die Zeit, die diese Arbeit kostet.
Wie aber kommt Otto Normalverbraucher an gutes Wildbret? Das Wildfleisch in Supermärkten und auch bei manchem Schlachter kommt als sogenanntes „Farmwild“ aus Gehegezucht, meist buchstäblich vom anderen Ende der Welt und hat allein schon durch den Transport eine CO₂-Bilanz, die deutlich schlechter ist als die von heimischem Wild.
Gerade die junge Generation entdeckt Wild als regionales, natürliches Fleisch
Beim Farmwild kommt aber auch noch etwas anderes hinzu: „Farmwild wird meistens mit Kraftfutter zugefüttert“, weiß Wildsommelière Ruth Staudenmayer.
Mit Vorträgen, Seminaren und Koch-Events weckt Staudenmayer bei ihren Zuhörern das Bewusstsein für Wildfleisch. Gerade die junge Generation entdeckt Wild jetzt als regionales, besonders natürliches Fleisch neu. Wenn Ruth Staudenmayer all dies nicht tut oder gerade selber auf der Pirsch ist, leitet sie den Einzelhandelsvertrieb in den Filialen und Marktgeschäften des Geflügelhofs Schönecke.
Sie hat das Sortiment des Familienbetriebs schon früh um Wild erweitert. Gerade sind an den Schönecke-Marktständen „Wildwochen“ ausgerufen, passend zur Saison. Ihr Wildbret bezieht Staudenmayer von einer Jagdgenossenschaft in der Senne, das ist eine Heidelandschaft an der niedersächsisch-westfälischen Grenze, unweit dem Teutoburger Wald.
Wer Wildfleisch liebt, sollte einen Jäger in der Nachbarschaft haben
Wer sein Wildbret aus der Nachbarschaft haben will, muss selbst Jagdinstinkt haben. Es gilt, einen Jäger aufzuspüren, der Wildfleisch zu verkaufen hat. Zum Glück hilft da mittlerweile das Internet: Der Deutsche Jagdverband etwa hat dazu die Website „Wild auf Wild“, auf der Jäger in der Nähe aufgelistet sind. Mindestens genauso gut ist die App „Waldfleisch“, die hungrigen Käufern freundliche Jäger und deren Ware vermittelt.
Beiden Seiten gemeinsam ist: Der Käufer muss den Jäger immer noch anrufen, und wenn eine Seite am Telefon merkt, dass man nicht zueinander passt, kommt auch kein Kauf zustande. Anonyme Online-Geschäfte haben in diesen Bereich noch keinen Einzug gehalten.
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Über die „Wild-auf-Wild“-Website kann man auch Restaurants finden, die ein reichhaltiges Wildangebot auf der Karte haben. Einen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt die Website allerdings nicht.
Restaurant Cordes bei Hamburg: Hier werden Wild-Liebhaber garantiert fündig
So fehlt zum Beispiel das Hotel-Restaurant Cordes in Sottorf, das als eines der wenigen in der Region schon früh in der Saison eine spezielle Wildkarte hat, auf der übrigens auch Beilagen und Desserts regional und saisonal sind. Ab November wird das Wildpark-Restaurant in Vahrendorf mit einem Wild-Buffet dazustoßen.
Haben Sie Tipps für Restaurants mit großem Wildangebot? Wir freuen uns über Ihre Hinweise unter harburg-abendblatt@funkemedien.de