Harburg. Vor allem im hippen Binnenhafen wächst die Technische Universität. Aber was ist eigentlich mit Wohnraum für die Studierenden?
- Palmspeicher war einst ein beliebtes Restaurant. Bald wird hier geforscht
- Zusätzliche Fläche ist mehr als 5000 Qudratmeter groß
- Wohnungen oder Apartments sind schon jetzt Mangelware im Süden Hamburgs
Es ist eigentlich eine sehr gute Nachricht: Die Technische Universität Hamburg (TUHH) wächst weiter. Und das vor allem im Harburger Binnenhafen. „Wir benötigen zusätzliche Flächen und wollen diese in unserem Hafencampus realisieren“, sagt TUHH-Präsident Andreas Timm-Giel. Zwei große Projekte laufen aktuell im Binnenhafen: der Bezug des Palmspeichers und die grundlegende Sanierung des historischen Verwaltungsgebäudes der Firma Thörl an der Harburger Schloßstraße 20.
Im Palmspeicher, wo bis Ende 2020 im Restaurant Schwerelos zubereitete Gerichte auf einer Achterbahn zu den Gästen sausten, hat die TUHH gut 5300 zusätzliche Quadratmeter erhalten, inklusive Labore und Forschungshalle. In das zweite und vierte Geschoss sind bereits Institute eingezogen, in den ersten Stock zur Hälfte. „Wir werden den Palmspeicher bis zum Jahresende komplett bezogen haben“, sagt Timm-Giel.
An der Harburger Schloßstraße könnte urbaner Wohnraum entstehen
Direkt vor dem umgebauten Speicher am Westlichen Bahnhofskanal besteht eine ebenso große Baustelle: Das ehemalige Gebäude des Pflanzenölfabrikanten Thörl, in dem die TUHH 1978 gegründet wurde, wird seit vier Jahren grundlegend saniert. Die Arbeiten ziehen sich hin; sie sollten eigentlich 2023 abgeschlossen sein. Ein neuer Anbau ist fertig, kann aber nur zusammen mit dem Hauptgebäude genutzt werden.
Nach einer Unterbrechung sollen die Arbeiten jetzt weitergehen. Der Präsident ist zuversichtlich, dass nun zügig die Fertigstellung erfolgt. Das denkmalgeschützte Gebäude und sein Anbau werden rund 4000 Quadratmeter Nutzfläche bieten. Die werden dringend gebraucht. Nicht nur als zusätzliche Fläche, sondern für die Rückkehr der ausgelagerten Institute, die wegen der Bauarbeiten in Bürocontainer und in das Gebäude an der Harburger Schloßstraße 36 (TU-Kürzel: HS36) ausweichen mussten.
Einem schmucklosen Zweckgebäude rückt der Bagger zu Leibe
Das nicht sanierungsfähige, gesichtslose Zweckgebäude HS 36 soll eines Tages dem Wohnungsbau weichen. Das Grundstück, auf dem es steht, gehört der Wissenschaftsbehörde. Es könnte zusammen mit dem benachbarten städtischen Grundstück, auf dem kürzlich eine archäologische Grabung durchgeführt wurde, bebaut werden. „Wir sind in engen Gesprächen mit dem Studierendenwerk Hamburg und der Wissenschaftsbehörde und wünschen uns dort ein Studierenden-Wohnheim“, so Timm-Giel.
Zurzeit ist in diesem Hafenbereich nur eine gewerbliche Nutzung vorgesehen. Doch ein neuer Bebauungsplan, der das Wohnen ermöglicht, wird bereits vorbereitet (H72/HF55). Timm-Giel: „Alle Beteiligten wollen das Projekt. Es ist nur noch die Frage, wie man es umsetzt.“
Für seine wachsende Universität sieht der Präsident weiteren Raumbedarf. Das ergibt sich schon aus dem im Jahr 2017 von Senat und Bürgerschaft beschlossenen Wachstumskonzept. Die erste von zwei Phasen ist erfolgreich abgeschlossen. Die Erwartungen an das qualitative Wachstum der TUHH sind nach einem externen Gutachten voll erfüllt – bei den Räumlichkeiten herrscht Nachholbedarf.
Die TU-Hamburg soll weiter wachsen. Das ist politisches Ziel
Von dem ermittelten zusätzlichen Flächenbedarf von 15.300 Quadratmetern sind bislang 12.600 Quadratmeter vorhanden. Den ersten größeren Zuwachs gab es mit rund 4000 Quadratmetern 2019 nach der Einweihung des ersten Bauabschnitts vom Hamburg Innovation Port (HIP1) an der Blohmstraße. Wann Bauherr Arne Weber (HC Hagemann) den wesentlich größeren zweiten Bauabschnitt in Angriff nehmen wird, bleibt unklar. Fakt ist: Aktuell bleibt im Soll-/Ist-Vergleich eine Lücke von 2700 Quadratmetern.
Im Juni dieses Jahres beschloss der rot-grüne Senat nun Phase zwei des Wachstumskonzepts. Sie ist, wie die erste Phase, auf fünf Jahre angelegt und wird das jährliche Grundbudget von Hamburgs Ingenieurschmiede in drei Schritten von 100 Millionen Euro (2023) auf 110 Millionen Euro (2026 und Folgejahre) anheben. Die Erträge aus Drittmitteln steigen ebenfalls, etwa Fördermittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) oder Einnahmen aus Unternehmenskooperationen.
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Inwieweit sich damit der Raumbedarf weiter erhöht, soll ein Gutachten der HIS eG (Hochschul-Informations-System) jetzt ermitteln. Schließlich haben die Corona-Pandemie und das durch sie ausgebreitete Arbeiten im Homeoffice den Bedarf an Büroräumen reduziert. Bei der TUHH sei das weniger der Fall, sagt ihr Präsident: „Laborbereiche und Ähnliches lassen sich nicht in Wohnungen verlagern. Und wer im Labor forscht, braucht sein Büro in der Nähe.“
Außerdem sei die TU Hamburg nach wie vor eine Campus-Uni, an der gemeinsam gelernt und geforscht werde, so Timm-Giel. Es gebe genügend digitale Angebote im Netz. Es sei immer noch besser, vor Ort mit anderen zu studieren, ergänzt durch digitale Angebote, sagt Timm-Giel auch in seiner Rolle als Leiter des Instituts für Kommunikationsnetze an der TUHH.
Uni-Präsident möchte Standorte im Binnenhafen stärker verbinden
Zu den Projekten, die die TU in ihrer zweiten Wachstumsphase umsetzen will, gehören die ersten beiden sogenannten Campus Labs: neue Labore, in denen Studierende deutlich stärker als bisher an der Forschung beteiligt werden. „Wir wollen dort auch die Öffentlichkeit einbinden, unsere Wissenschaften zeigen“, sagt Timm-Giel. Die Campus Labs werden sich mit den Themen Kreislaufwirtschaft sowie Bodenqualität und Bewässerung befassen. Sie werden voraussichtlich Mitte 2025 öffnen.
Andreas Timm-Giel wünscht sich, dass noch mehr Menschen die Technische Universität Hamburg kennenlernen. „Ich freue mich über jeden internationalen Kongress, der hier stattfindet. Und ich hoffe, dass wir noch mehr Hamburger auf den Campus locken können. Im Binnenhafen müssen wir die unterschiedlichen Standorte stärker miteinander verbinden und die TUHH dort sichtbarer machen.“