Harburg. Vor 168 Jahren war die alte Noblee-Fabrik eine der Pioniere der Harburger Industrierevolution. Nun schließt das Werk. Die Hintergründe.

Nun ist es endgültig: Am Freitag wurde bei Olenex an der Seehafenstraße der letzte Tropfen Pflanzenöl produziert. Jetzt wird das Werk, das Henri Noblee 1855 gründete, abgebaut. Nach der Nynas-Raffinerie ist es das nächste Stück Industrie-Urgestein, das im Harburger Hafen verschwindet.

Dass der internationale Konzern Olenex sein Harburger Werk schließen will, ist schon länger bekannt. Olenex konzentriert seine Produktion an der Unterweser und baut sein Werk in Brake dafür massiv aus. Doch über den genauen Zeitpunkt der Schließung hatte man bei Olenex bislang diskret geschwiegen.

Aus für Olenex im Harburger Hafen: Gründer Henri Noblee stammte aus Frankreich

Die Harburger Ölmühle rund um das Seehafenbecken 3 war ebenfalls als Hauptstandort im Gespräch, dem Provinzhafen jedoch letztlich unterlegen. Auch am Freitag war bei Olenex niemand zu sprechen, der Auskünfte hätte geben können.

Henri Noblees erste Fabrik hatte mit Pflanzenöl noch nichts zu tun: „Hydrocarbon“ hieß sein Produkt – Kohlenwasserstoff, Gas für die Straßenlaternen, die sich Harburg gerade stolz angeschafft hatte. In das Palmöl-Geschäft stieg Noblee, der aus dem französischen Lille ins aufstrebende Harburg gekommen war, erst einige Zeit später ein.

Palmölkerne sind ein globales Geschäft mit globalen Akteuren

Dafür holte sich Noblee einen sachverständigen Partner, ein Mitglied des mächtigen Harburger Ölmüllerclans Thörl, mit in die Firma. „Noblee und Thörl“ sowie die Fabrik der bekannteren Thörl-Linie existierten danach parallel.

Ölsaaten, vor allem Palmölkerne und Kopra, sind ein globales Geschäft mit globalen Akteuren. Lange spielten die Harburger Industriellen dabei auch weit vorne mit, zuletzt aber nicht mehr. Der niederländische Unilever-Konzern stieg in die Harburger Thörl-Werke ein, der Vandemoortele-Konzern aus Belgien kaufte HOBUM und verkaufte dann schnell an Cargill.

Der in Chicago ansässige Agrarkonzern Archer Daniels Midland (ADM) übernahm die Ölmühle in Neuhof sowie Noblee und Thörl in Harburg. Das Harburger Werk führte ADM dann als Joint Venture mit dem Konzern Wilmar aus Singapur unter dem Namen Olenex. Am Eingangstor findet man noch alle Namen auf Schildern unterschiedlichen Alters.

An der Harburger Seehafenstraße werden ab jetzt die Anlagenteile abgebaut, die man für die Werkserweiterung in Brake gebrauchen kann. Alles andere bleibt vorerst stehen und wird wohl irgendwann an Interessenten verkauft.

Noch vor einem Jahr hatte der Immobilienkonzern Goodman angekündigt, auf dem Gelände der Speiseölraffinerie ein großes Logistikzentrum eröffnen zu wollen. Mit Hafenbecken, Gleisanschluss und zwei – demnächst drei – Autobahnen in der Nähe, hätte der Standort gute Voraussetzungen.

Laut Abendblatt-Informationen sind die Goodman-Pläne aber schon wieder vom Tisch. Das Vorkaufsrecht für die Fläche hat die Freie und Hansestadt Hamburg.