Harburg. „Tee Maass“ verlässt Harburgs beliebtestes Einkaufszentrum, ebenso die Modeketten s.Oliver und Esprit. Welche neuen Angebote es gibt.

Nach 20 Jahren ist Schluss: Das Eckgeschäft des Traditionshauses „Tee Maass“, 1887 in Hamburg gegründet, hat am Sonnabend seinen letzten Verkaufstag in Harburg. Es gehört zu den Shops, die seit der Eröffnung des Phoenix-Centers im September 2004 dabei sind. Doch inzwischen sind die Umsätze so stark zurückgegangen, dass die Miete nicht mehr zu zahlen ist.

Zwei weitere Geschäfte werden demnächst geschlossen: Die Modekette s.Oliver befindet sich seit einigen Jahren in finanzieller Schieflage und schließt deutschlandweit immer wieder Filialen. Ende September macht die Harburger Filiale der Modekette im ersten Obergeschoss des Einkaufszentrums zu.

Einkaufen in Harburg: Esprit schließt, weitere Insolvenzen bedrohen Filialen

Das Ende des Esprit-Ladens im Erdgeschoss ist ebenfalls absehbar: Der Modekonzern musste im Mai Insolvenzantrag stellen und hat angekündigt, bis Ende des Jahres alle 56 Esprit-Läden in Deutschland zu schließen. Auch der Möbel-, Deko- und Geschenkartikel-Anbieter Depot sowie die Fotostudios von Studioline sind insolvent und im Phoenix-Center vertreten – der Weiterbestand der Filialen ist ungewiss.

Phonix-Center Harburg
Neueröffnung: World of Candy bietet exklusive Süßigkeiten aus aller Welt an. © Lenthe Medien | Lenthe Medien

Trotz anhaltend schlechter Nachrichten aus dem Einzelhandel geht es dem Phoenix-Center offenbar gut. Das zeigte ein Rückblick im Januar auf das Vorjahr: „Wir sind mit dem Jahr 2023 sehr zufrieden. Trotz aller bekannten Herausforderungen, wie die wirtschaftlichen Unsicherheiten, Inflation und politischen Krisen, weist das Phoenix-Center sowohl im Hinblick auf die Umsätze als auch die Frequenzen eine erfreulich positive Entwicklung auf“, so Centermanagerin Danijela Brko.

Neue Läden: Süßigkeiten, Strumpf- und Bademode, Schmuck, gesunde Salatmahlzeiten

Auch angesichts der anstehenden und drohenden Schließungen bleibt Brko optimistisch: „Mieterwechsel sind nichts Ungewöhnliches und gehören im Handel dazu. Im vergangenen Jahr haben wir einige neue Shops ansiedeln können, und in diesem Jahr freuen wir uns auf World of Candy, auf den italienischen Legwear- und Beachwear-Spezialisten Calzedonia, den Juwelier Saray und im Food-Court auf leckere Poke Bowls von Papi Poké.“

Phoenix-Center Harburg
Der Pop-up Store von Harburg Marketing liegt im ersten Obergeschoss. © Lenthe Medien | Lenthe Medien

Ebenfalls neu: Seit September öffnet der Verein Harburg Marketing seinen seit Februar 2022 mit Unterbrechung bestehenden Popup-Laden regelmäßig. „Bislang hatten wir aus Personalmangel nur an verkaufsoffenen Sonntagen und Aktionstagen zu Ostern und Weihnachten geöffnet“, sagt Geschäftsführerin Antonia Marmon. „Jetzt wird der Harburger Künstler Ralf Schwinge jeden Freitag im Shop sein.“ 

Tee Maass schließt im Phoenix-Center Harburg das sechste von acht Geschäften

Jan Harrendorf, Geschäftsführer und Inhaber von Tee Maass, teilt Brkos Optimusmus dagegen nicht: Die hohen Mietforderungen in diesem und in anderen Einkaufszentren habe es seinem Unternehmen „unmöglich gemacht, das Fachgeschäft weiterhin wirtschaftlich zu betreiben“. Das gelte nicht nur für Tee Maass, sondern für viele Geschäfte, die Fachpersonal beschäftigen.

Das Hamburger Traditionsunternehmen Tee Maass verkauft qualitativ hochwertige schwarze, grüne, Rooibos-, Kräuter- und Früchtetees, ergänzt durch Kaffee und Gewürzmischungen sowie Geschenkartikel mit Hamburg-Logo, Teekannen, Tassen, Dekoartikel. Natürlich vertreibe Tee Maass seine Produkte auch über das Internet, so Harrendorf. Doch das sei nicht dasselbe, denn bei Tee „kauft die Nase ein“.

Theodor Maass Teehandel
Die Brüder Jan (l.) und Till Harrendorf führen die Geschäfte von Tee Maass. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Dennoch sinken bei dem Unternehmen, das sein Hauptgeschäft im Großhandel macht, seit einigen Jahren die Umsätze in den Ladengeschäften. Nicht nur in Harburg. Fünf von acht Filialen haben die Brüder Jan und Till Harrendorf bereits geschlossen, weil sie, vor allem aufgrund hoher Ladenmieten, nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben waren. Nummer sechs folgt jetzt im Phoenix-Center.

Chef von „Tee Maass“: In Einkaufszentren zahlen wir zu

„Es ist unser letztes Geschäft in einem Einkaufscenter“, sagt der Teehändler. Er sei in mehreren Zentren vertreten gewesen, „in allen Zentren haben wir zugezahlt“. Dort werden aufgrund der Infrastruktur naturgemäß höhere Mieten verlangt als bei Straßengeschäften in vergleichbarer Lage. „Als es vor 20 Jahren in Harburg losging, war das kein Problem, da hatten wir entsprechende Umsätze“, sagt Harrendorf. „Jetzt liegt der Umsatz bei der Hälfte von dem, was wir brauchen.“

Sie selbst sei traurig, dass nun Schluss ist, sagt Filialleiterin Martina Pittelkow, und ihre Kollegin pflichtet ihr bei. Sie hören das auch von den Kunden, sagen die Verkäuferinnen, die beide mehr als ein Jahrzehnt lang im Phoenix-Center Tee verkauft haben. Viele seien Stammkunden, gerade auch aus dem Landkreis.

Teegeschäft an der Börsenbrücke profitiert von Touristen

Viele Harburger Kunden kaufen ihren Tee jedoch inzwischen im Supermarkt oder beim Discounter, so Harrendorf. Seine Hauptfiliale an der Börsenbrücke in der Hamburger City floriere dagegen. Mehr als in Harburg kaufen hier Teeliebhaber aus aller Welt ein – etwa 60 Prozent der Kundschaft sind Touristen. Auch die Filiale in Schwerin laufe gut, so Harrendorf. „Die Vermieter haben nach einem Gespräch auf eine Mieterhöhung verzichtet. Sie sagten uns: Wir möchten Sie behalten.“

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Centermanagerin: Einkaufsgewohnheiten ändern sich

Centermanagerin Brko weicht der Frage nach einem Verhandlungsspielraum bei der Miete aus: „Tee Maass hat aus eigener Entscheidung das Mietverhältnis zum regulären Mietende beendet. Es sind Gespräche geführt worden, die leider zu keinem gemeinsamen Ergebnis geführt haben.“ Zum Weggang eines Partners der ersten Stunde sagt sie: „Auf der einen Seite ist es immer bedauerlich, einen langjährigen Weggefährten zu verlieren. Auf der anderen Seite bedeutet Handel auch immer Wandel.“

Phoenix-Center Danijela Brko
Centermanagerin Danijela Brko freut sich über Neuzugänge. © Phoenix-Center | Fabian Fruehling

Einkaufsverhalten und -gewohnheiten ändern sich, man müsse mit der Zeit gehen, so Brko. Das habe sicherlich auch Tee Maass gemacht – und einen Teil seiner Geschäfte geschlossen. Brko sieht durchaus eine Zukunft für Fachgeschäfte mit ausgebildetem Personal: „Das Phoenix-Center verfügt über einen ausgewogenen Branchenmix. Darunter sind viele Mietpartner mit einer ausgeprägten Beratungskompetenz, beispielsweise Optiker und Reisebüros. Und im letzten Jahr haben wir hier den Hörakustiker angesiedelt.“

Phoenix Center am Harburger Bahnhof: Spielt Großbaustelle eine Rolle?

„Im September wird mit Tee Maass ein weiteres Fachgeschäft schließen – schon wieder eines nach vielen anderen in den vergangenen Jahren“, sagt dagegen Jan Harrendorf. Neben dem Trend zum Online-Handel, der Pandemie und der Kaufzurückhaltung seit dem Ukraine-Krieg ist das Phoenix-Center seit gut einem Jahr mit Straßenbaustellen vor dem Haupteingang und der Parkhauszufahrt Hannoverschen Straße konfrontiert. Und nun auch noch mit dem Abriss und Neubau des ZOB.