Harburg. Familien, Senioren, Studenten, Singles, Paare: Für jeden Wohnbedarf ist das Angebot längst zu klein. Welche Ideen die Kandidaten haben.

Vor der Bezirkswahl hat das Abendblatt die Parteien, die derzeit im Harburger Rathaus vertreten sind, nach ihren Ideen in vier Themenbereichen gefragt: Verkehr, Vielfalt, Wohnungsbau und Sicherheitsgefühl. An vier Tagen präsentieren wir die Antworten von fünf der sechs Parteien, sortiert nach Fraktionsgröße. Die AfD hat nicht geantwortet.

Beim Thema Wohnungsbau ging es im Bezirk Harburg lange um die Streitfrage, ob man Flächen für gehobenen Eigenheimbau reservieren sollte oder sie für günstige Mietwohnungen verwenden. Mittlerweile ist die Wohnungsnachfrage auch im Hamburger Süden dermaßen über das Angebot gestiegen, dass es eigentlich nur noch darum geht, wo man schnell viel Wohnraum schaffen kann. Die Flächen gehen langsam aus. Mit den Fischbeker Reethen wird im kommenden Jahr das letzte große Neubaugebiet begonnen. Danach sind Ideen gefragt. Welche Ideen die Spitzenkandidaten haben? Hier steht es.

Die Grünen: Nachhaltigen, sozialen Wohnungsbau per Nachverdichtung

Das Projekt des Eisenbahnbauvereins Harburg an der Bremer Straße istz ein Beispiel für Nachverdichtung vorhandener Quartiere
Das Projekt des Eisenbahnbauvereins Harburg an der Bremer Straße istz ein Beispiel für Nachverdichtung vorhandener Quartiere © EBV Harburg | Gerber Architekten/EBV

„Wir werden uns beim Senat auch weiterhin dafür einsetzen, dass für den Wohnungsbau geeignete Flächen aufgekauft und Maßnahmen gegen Wohnungsleerstand verschärft werden“, sagt Grünen-Spitzenkandidatin Bianca Blomenkamp. „Der öffentliche, soziale und gemeinwohlorientierte Wohnungsbau, ist zu stärken. Wir müssen auch weiterhin eng beobachten, wie die Bedarfe mit Blick auf die Größe der Wohnungen sich in unserem Bezirk entwickeln und den Wohnungsbau darauf ausrichten.“

Die Grünen setzen auf Nachverdichtung statt dem Bau auf „grüner Wiese“ und wollen, dass auch Flächen für den Wohnungsbau geprüft werden, die bislang anders verplant sind. „Neue Quartiere sollen nachhaltig geplant und gebaut werden, der Klimaschutz ist hierbei immer mitzudenken“, sagt Blomenkamp. „Ebenso muss ab bereits Bezug von neuen Quartieren eine vernünftige soziale Infrastruktur bestehen.“

SPD: Bei Neubauten ein guter, bedarfsgerechter und bezahlbarer Wohnungsmix

Frank Richter, Kandidat Nummer eins der SPD und in den vergangenen zwei Wahlperioden Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses, setzt große Hoffnungen in die zügige Realisierung des Neubaugebiets Fischbeker Reethen mit 2.300 Wohnungen. Von denen wird die Hälfte öffentlich gefördert und damit günstig zu mieten sein.

Die Planungen der IBA für das Baugebiet Fischbeker Reethen
Die Planungen der IBA für das Baugebiet Fischbeker Reethen © HA | IBA Hambuirg/Kunst+Herbert/Relais-Landschaftsarchitekten

„Wir müssen außerdem sinnvolle Projekte der Nachverdichtung fördern sowie mehr Wohnen in den beiden Zentren und entlang der Magistralen“, sagt Richter. „Bei allen Plänen müssen wir auf einen guten Wohnungsmix achten, damit auch ausreichend bezahlbare und großen Wohnungen für Familien entstehen.“

CDU: Bebauungspläne entrümpeln und Häuschen bauen

„Der Bezirk Harburg zeichnet sich durch viele attraktive Wohnquartiere im Grünen aus. Diese Struktur ist zu erhalten und planvoll auszubauen“, sagt CDU-Spitzenkandidat Rainer Bliefernicht. „Bei Neubaugebieten sind eine maßvolle Weiterentwicklung von Einzel-, Reihen- und Doppelhäusern, sowie kleinere Mehrfamilienhäuser vorrangig. Überschaubare Strukturen sind unser Ziel. Studenten- und Seniorenwohnungen werden zentrumsnah angesiedelt. Hierdurch kann auch die Lüneburger Straße zu einer verstärkten Wohnnutzung entwickelt werden.“

Beispiel für günstiges Bauen: Die Wohnungen in diese beiden Häusern im Vogelkamp kosten pro Quadratmeter acht Euro Miete.
Beispiel für günstiges Bauen: Die Wohnungen in diese beiden Häusern im Vogelkamp kosten pro Quadratmeter acht Euro Miete. © xl | Lars Hansen

Die äußeren Stadtteile seien zu stärken, findet die CDU. Einkaufsmöglichkeiten, Bildung und Kommunikation müssten hier ebenso ihren Platz haben, wie in den Zentren. Die Quartiere sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden. „Gut funktionierende Angebote zur Daseinsversorgung bei kurzen Wegen stärken die Identität der Stadtteile“, sagt Bliefernicht.

Er hat auch einen Vorschlag, wie man Wohnungsbau beschleunigen könnte: „Der Bezirk soll endlich Bebauungspläne entrümpeln und mutig und schnell Baugenehmigungen erteilen“

Linke: Städtische Flächen nur noch an gemeinwohlorientierte Bauherren

„Aktuell müssen wir dafür sorgen, dass die Mieten in Hamburg überhaupt wieder bezahlbar werden“, sagt Jörn Lohmann von den Linken. „Vor diesen Hintergrund fordern wir, dass die im städtischen Besitz befindliche Flächen für Wohnungsbau im Bezirk Harburg nur noch zu günstigen Konditionen an kommunale Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften abgegeben werden, um den ausreichenden Bau von Wohnungen zu günstigen Mieten zu garantieren!“

Die Linken fordern einen wirksamen Mietendeckel und für die Wohnungen der stadteigenen SAGA müsse kurzfristig ein Mietenstopp kommen. „Höheres Bauen und das Nachverdichten, wo es möglich ist, können weitere Lösungsansätze sein“, so Lohmann. „Grünflächen und Bäume müssen erhalten und die Neuversiegelung so gering wie möglich gehalten werden.“

FDP: Die Stadt soll Dienstleister für Investoren werden

„Weniger Bürokratie für mehr Wohnungen – das ist der Beitrag, den die Bezirkspolitik leisten muss“, sagt FDP-Kandidat Dirk Kannengießer. „Dazu müssen die Bebauungspläne und Bauvorschriften ausgemistet werden. Das Bauamt muss zur Service-Dienststelle für den Wohnungsbau werden und nicht zur Bauverhinderungsabteilung.“

Thema Wohnen:

Sein Ziel sei es auch, gezielt Grundstücke für den Wohnungsbau zu identifizieren und das Gespräch mit den Eigentümern zu suchen. „Rot-Grüne Maßnahmen wie die Nutzung des städtischen Vorkaufsrechts oder die Grundstücksvergabe in Erbpacht behindern den Wohnungsbau massiv“. Hier müsse dringend umgesteuert werden, denkt Kannengießer.