Harburg. Was eint die Menschen hier, was trennt sie, was kann die Bezirkspolitik zum Zusammenleben beitragen? Die Antworten der Parteien.

Vor der Bezirkswahl hat das Abendblatt die Parteien, die derzeit im Harburger Rathaus vertreten sind, nach ihren Ideen in vier Themenbereichen gefragt: Verkehr, Vielfalt, Wohnungsbau und Sicherheitsgefühl. An vier Tagen präsentieren wir die Antworten von fünf der sechs Parteien, sortiert nach Fraktionsgröße. Die AfD hat nicht geantwortet.

Im zweiten Teil geht es um Kultur, Kulturen und Vielfalt in Harburg. Was eint die Menschen hier, was trennt sie, was kann die Bezirkspolitik zum Zusammenleben beitragen? Etwas mehr als die Hälfte der 180.000 Menschen im Bezirk hat einen Migrationshintergrund, aber was heißt das eigentlich in der Praxis? Einwanderer und ihre Kinder sind ja keine homogene Gruppe. Und mit knapp unter 50 Prozent sind die Deutschen auch immer noch die weitaus größte Ethnie in Harburg.

Bezirkswahlen 2024 in Hamburg: Vielfalt oder Abgrenzung in Harburg?

„Zusammenleben in Vielfalt“ lautet das Bezirksleitbild. In vielen Teilen Harburgs wird das gelebt. Anderswo grenzen sich Deutschstämmige von Einwanderern ab und auch unter den Eingewanderten gibt es mancherorts Tendenzen, sich innerhalb der jeweiligen Community abzuschotten. Wie findet man eine Klammer, die das Gemeinwesen zusammenhält? Könnten es Kulturangebote sein?

Grüne: Räume für den interkulturellen Austausch schaffen

„Ein offenes, buntes Harburg, in dem wir alle unseren Platz in einem friedlichen Miteinander finden sowie mehr Räume für den interkulturellen Austausch – dafür setzen wir uns ein“, sagt Bianca Blomenkamp, Spitzenkandidatin der Grünen. „Ebenso brauchen wir mehr bezahlbare Räume & Ateliers für unsere Kreativen im Bezirk.“

Es gibt in Harburg bereits viele Kulturangebote – diese müssen sichtbarer gemacht werden, so Blomenkamp. „Wir wollen weiterhin die gemeinnützigen Vereine und Initiativen unterstützen und setzen uns für weitere RISE-Gebiete im Bezirk ein.“

Der Wechsel vom „Rieckhof“ zum „Kulturpalast“ stellt für viele alteingesessene Harburger eine Zäsur dar. Hier soll es bald mehr Angebote für junge Leute und Zugewanderte geben.
Der Wechsel vom „Rieckhof“ zum „Kulturpalast“ stellt für viele alteingesessene Harburger eine Zäsur dar. Hier soll es bald mehr Angebote für junge Leute und Zugewanderte geben. © xl | Verein Freizeitzentrum

SPD: Kulturpalast für alle Harburgerinnen und Harburger

„Wir brauchen ein Forum zum gesellschaftlichen Zusammenhalt mit allen Akteuren der Zivilgesellschaft, um neue Wege des Zusammenlebens zu beraten“, sagt Frank Richter, Spitzenkandidat der SPD.

Neben diesem politischen Gebilde müssten auch vor Ort reale Möglichkeiten zum Austausch zwischen allen entstehen. „Wir müssen mehr Treffpunkte in den Quartieren schaffen, damit sich Nachbarn begegnen können“, so Richter. „Nach der Sanierung des Bürgerhauses/Kulturpalasts muss dort ein vielfältiges Angebot für alle HarburgerInnen gesichert werden. Außerdem müssen wir mehr kulturelle Angebote in den Harburger Zentren ermöglichen, beispielsweise auch durch vorübergehende Nutzung leerstehender Ladenflächen.“

CDU: Ehrenamt hilft bei Identifikation und Integration

„Harburg unterscheidet sich wohltuend von anderen Bezirken durch seine gelebten Traditionen und seine vielfältigen Vereine und ehrenamtlichen Organisationen“, sagt CDU-Spitzenkandidat Rainer Bliefernicht. „Die Sport- und Schützenvereine, aber auch die freiwilligen Feuerwehren leisten nicht nur hervorragende Arbeit für das Gemeinwohl, sondern auch für die Integration von neuen Harburgerinnen und Harburgern. Wir möchten diese Traditionen und diese Arbeit nicht nur erhalten, sondern diese Strukturen und das Ehrenamt auch stärken.“

Linke: Investitionen in soziale Infrastruktur

„Soziale Infrastruktur sorgt dafür, dass alle Menschen in Hamburg gut leben können“, sagt Linken-Spitzenkandidat Jörn Lohmann. „Sie hält unsere Stadt zusammen und macht sie lebenswert. Wir setzen uns deshalb für ein massives Investitionsprogramm ein, um eine gute soziale Infrastruktur für alle Menschen zu schaffen.“

Die Fußgängerzone Lüneburger Straße: Viele Mittelständler mit Migrationshintergrund haben hier ihre Geschäfte.
Die Fußgängerzone Lüneburger Straße: Viele Mittelständler mit Migrationshintergrund haben hier ihre Geschäfte. © HA | Lars Hansen

Harburg brauche Räume für soziale Begegnung in den Quartieren, außerdem Investitionen in die Schulen und das Kitasystem, so der Linken-Kandidat. „Und zum Zusammenhalt gehört auch Wohlbefinden. Deshalb brauchen wir eine deutliche Verbesserung der ärztlichen Versorgung im Bezirk wie zum Beispiel die Einrichtung von kommunalen Gesundheitszentren, um die ärztliche Versorgung endlich wieder sicherzustellen.“

Zum Thema

Darüber hinaus fordern die Linken bezahlbare Räume für Kulturschaffende, finanzielle und organisatorische Unterstützung für eine lebendige Kulturszene. Dazu gehört die Schaffung eines Kulturbeirats mit Mitspracherecht für Kulturschaffende und Interessierte.

FDP: Respekt durch Identifikation erzeugen

„Die stärkere Identifikation der Harburger mit ihrem Bezirk ist mir ein wichtiges Anliegen“, sagt die Nummer 1 der FDP-Kandidatenliste, Dirk Kannengießer. „Wer sich mit seiner Umgebung identifiziert, zeigt auch Respekt. Es ist deshalb wichtig, das gesellschaftliche und kulturelle Leben im Bezirk zu stärken. Der Schwerpunkt soll dabei auf privaten Initiativen liegen, die direkt aus der Bevölkerung kommen und nicht auf Kulturangeboten, die von oben herab verordnet werden.“