Harburg. Spätestens im Herbst 2025 soll B75 stadteinwärts zur Einbahnstraße werden. Doch offenbar hat bislang niemand die Betroffenen informiert.
Kurzfristig wurden am 18. April die Fraktionen der Bezirksversammlung Harburg im Ausschuss für Mobilität und Inneres über die finalen Baupläne an der Bremer Straße informiert: Bereits im Juni sollen erste Bauarbeiten von Hamburg Wasser im oberen Teil der Bremer Straße starten – zwischen dem Appelbüttler Weg und der Autobahnanschlussstelle A7 Marmstorf.
Schon im Herbst 2025 droht dann eine Einbahnstraße, bei der lediglich der Verkehr stadtauswärts über die Bremer Straße abgeleitet werden soll. Da die Bremer Straße grundlegend saniert werden muss, drohe spätestens dann bis zum Abschluss der Bauarbeiten im Herbst 2027 der Verkehrskollaps für Harburg, fürchtet die CDU.
Sanierung der Bremer Straße in Harburg: Geschäftsleute und Anwohner nicht informiert?
Für die Sitzung der Bezirksversammlung am kommenden Dienstag hat die CDU nun einen Dringlichkeitsantrag eingebracht. Der Antrag dürfte vermutlich durch die Mehrheitskoalition von SPD und Grüne abgelehnt werden. „Napoleon hat auf seinem Feldzug den Vorläufer der Bremer Straße bauen lassen. Wenn der Umbau der Bremer Straße jetzt wie geplant durchgezogen wird, kommt es in Harburg zu einem Verkehrs-Waterloo“, warnt Rainer Bliefernicht, Verkehrsexperte der CDU im Bezirk.
„Bisher hat mit uns keiner gesprochen oder eine Anwohnerinformation im Briefkasten hinterlassen“, sagt eine Frau, die ihren Kleinwagen auf dem Seitenstreifen zwischen Lidl-Markt und Hohe Straße geparkt hat und in den anliegenden Wohnhäusern ihr Zuhause hat. „Wo sollen wir denn dann parken, manchmal fahre ich schon jetzt eine Dreiviertelstunde umher und suche eine Parkmöglichkeit“, fasst sie ihren Frust zusammen.
„Haben die sich mal angeschaut, was hier für ein Verkehr ist, wenn die A7 dicht ist?“
Ebenfalls aufgebracht reagiert ein Kleingärtner, der auf der anderen Straßenseite nur hundert Meter weiter stadtauswärts parkt. „Meistens komme ich zu Fuß, aber wenn ich wie jetzt frische Erde zum Garten bringen möchte, muss ich für die 200 Meter von meiner Wohnung über dem Penny-Markt einen kilometerweiten Umweg in Kauf nehmen“, so Hobbygärtner Andreas.
„Haben sich die Bauplaner mal angeschaut, was hier für ein Verkehr ist, wenn die A7 dicht ist?“, fragt er und beantwortet sich die Frage gleich selbst: „Offenbar nicht, die wohnen hier ja nicht und planen alles aus dem Architektenbüro.“
Auch die Geschäftsleute wurden von den Baumaßnahmen kalt erwischt. „Wenn die Bremer Straße für zwei Jahre nur stadtauswärts befahrbar ist, dann habe ich kaum noch Laufkundschaft“, sagt Ronald Bartels, der seit 1992 die Bäckerei Schütt an der Bremer Straße betreibt.
Bäckermeister ist empört: „Dann kann ich mein Ladengeschäft gleich ganz schließen“
„Wir haben eh nur noch vormittags geöffnet, aber wenn keine Autos mehr kommen, dann kann ich das Ladengeschäft gleich ganz schließen“, empört sich der Bäcker des Traditionsgeschäftes von 1917. „Ich habe nur aus der Zeitung erfahren, dass die Baumaßnahmen zu einer Einbahnstraße führen, aktuell bin ich mit der Innung im Gespräch, welche Ausgleichszahlungen ich für den Kundenausfall beantragen, kann“, so der freundliche Bäckermeister abschließend.
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Und auch der bei Gyros King an der Ecke Gottschalkring ist man überrascht. „Wenn der Verkehr hier einspurig vorbeigeführt wird, ist es für uns als Lieferdienst eine Katastrophe“, erklärt Inhaber Dimitri Lena, sein Bruder Ernel fügt hinzu: „Wir machen 70 bis 80 Prozent unseres Umsatzes mit dem Lieferdienst, wir müssen dann viel mehr Kilometer fahren und haben längere Lieferzeiten.“
Immerhin einen Baustellen-Gewinner gibt es aber
Auch mit den Brüdern hat offenbar niemand von der Behörde gesprochen. „Wenn der Gottschalkring eine Einbahnstraße bleibt, ist das für uns echt eine Katastrophe“, erklären die Brüder und gehen kopfschüttelnd in ihren Laden zurück. Auch andere Geschäftsleute an der Bremer Straße sparen nicht an Kritik wegen der Bauplanung, möchten sich aber nicht öffentlich äußern.
Immerhin es gibt sie auch, die Baustellen-Gewinner. „Sorgen, dass meine Kunden nicht mehr kommen, mache ich mir nicht, ich habe immerhin schon den Umbau der Kreuzung an der Friedhofstraße direkt vor meiner Tür wirtschaftlich überlebt“, sagt Stefan Labann vom Kult-Imbiss Bruzzelhütte.
Nun könne der Anbau seiner Bruzzelhütte ja endlich kommen, sagt der Currywurst-Wirt
Die Kreuzung werde bei den aktuellen Baumaßnahmen auf der Bremer Straße nicht angefasst, sagte der LSBG, bei der Vorstellung der Pläne für die Bremer Straße. „Und doch werde ich natürlich merken, dass weniger Verkehr auf der Bremer Straße ist. Für den Fall wolle er sich einfach wieder eine Kundenaktion einfallen lassen, sagt Labann – beispielsweise einen Fahrradfahrer-Rabatt.
„Etwas Gutes hat die Baustelle aber für die Bruzzelhütte. Seit zehn Jahren habe ich einen Anbau beantragt und der wurde immer abgelehnt, weil eine Entwässerungsleitung auf dem Grundstück hinter der Bruzzelhütte gelegt werden sollte“, erklärt der Currywurst-Wirt. „Nun soll das Regenrückhaltebecken am Dahlengrund erneuert werden und diese Leitung endlich kommen“, so Stefan Labann mit einem Augenzwinkern. „Dann steht dem Anbau nach zwölf Jahren ja hoffentlich nichts mehr im Weg.“
Außerdem sollen die Busverbindungen zur Maldfeldstraße verbessert werden. In einem weiteren Dringlichkeitsantrag von CDU, FDP, Grüne und SPD wird die Verkehrsbehörde gebeten sich dafür einzusetzen, dass geprüft wird, ob im Kreuzungsbereich Bremer Straße, Maldfeldstraße und Eißendorfer Waldweg eine weitere Bushaltestelle eingerichtet werden kann.