Harburg. Frank Wiesner wird offenbar Opfer einer parteiinternen Fehde. In sozialen Medien wird die Entwicklung bereits laut beklagt.

Die kommenden Jahre im Hamburger Süden werden von Straßen- und Bahnbaustellen bestimmt sein. Sowohl Individual-, als auch öffentlicher Nahverkehr werden immer wieder stark eingeschränkt und intelligente Lösungen sind gefragt. Dennoch wird die Harburger SPD ohne ihren Verkehrsexperten Frank Wiesner in der nächsten Bezirksversammlung vertreten sein. Wiesner, im Hauptberuf Verkehrsplaner, wurde offenbar Opfer einer parteiinternen Fehde und nicht wieder aufgestellt.

In sozialen Netzwerken wird das bereits laut beklagt: „Oh je, die Harburger SPD ohne Verkehrsexperten!“ lautet zum Beispiel eine Reaktion auf Facebook.

Am Sonnabend wurde die Bezirkswahlliste im Bürgerzentrum Feuervogel aufgestellt. Die Sitzung wurde zum Showdown zwischen dem Kreisvorstand um Oksan Karakus, dem auch Wiesner angehört, und der Gruppe um den Bezirksfraktionsvorsitzenden Frank Richter sowie die Bürgerschaftsabgeordneten Claudia Loss und Sören Schumacher. Sie gehören der alten „Machtachse“ der Harburger SPD aus den Distrikten Harburg-Süd (Marmstorf/Sinstorf), Nord (Heimfeld) und Neugraben-Fischbek an.

Langer Streit, Fehden und Putsch-Versuche in der SPD Harburg

Diese drei Distrikte hatten über Jahrzehnte die Geschicke und Personalien der Harburger SPD bestimmt, bis vor eineinhalb Jahren die durch diese Gruppe designierte Doppelspitze für den Kreisvorsitz aus Ronja Schmager und Sören Schumacher bei den Delegierten durchfiel – und stattdessen Oksan Karakus zur Kreisvorsitzenden gewählt wurde. Seitdem herrsche, so sagen Insider, dicke Luft in der Partei.

Karakus wurde ein „Putsch“ vorgeworfen, und Mitglieder des alten Kreisvorstandes, die auch für den neuen kandidiert hätten, zogen ihre Kandidatur zurück. Einige sollen später die für Genossen öffentlichen Sitzungen des neuen Kreisvorstandes massiv behindert haben.

Die Harburger SPD wird ohne ihren Verkehrsexperten Frank Wiesner in der nächsten Bezirksversammlung vertreten sein.
Die Harburger SPD wird ohne ihren Verkehrsexperten Frank Wiesner in der nächsten Bezirksversammlung vertreten sein. © xl | Lars Hansen

Zwischenzeitlich gelang es den drei Distrikten, einen weiteren, nämlich Eißendorf, zurück auf ihre Seite zu ziehen. Die interne Auseinandersetzung nahm Fahrt auf, als es, wie Parteimitglieder berichten, in diesen nunmehr vier Distrikten immer wieder zur Ablehnung von Neuaufnahmen kam, sobald diese den Eindruck erweckten, sie könnten vom anderen Lager stammen.

Auch der Vorstand war zwischenzeitlich offenbar dünnhäutig geworden

Einen ersten Höhepunkt hatte die Fehde mit dem Austritt des Wilstorfer Bezirksabgeordneten Torsten Fuß aus der Partei und seinem Ausschluss aus der Fraktion. Es folgte ein Versuch, Mitglieder des Kreisvorstand über ein Satzungsverfahren des Landesvorstands mit Funktionsverbot zu belegen, also quasi des Amts zu entheben.

Sören Schumacher, SPD Harburg.
Sören Schumacher, SPD Harburg. © Public Address | Mirko Hannemann

Auch der Vorstand war offenbar zwischenzeitlich dünnhäutig geworden und hatte diversen Eißendorfer Genossen, die nicht oder nicht mehr in Eißendorf wohnten, die Ausnahmegenehmigung entzogen, Mitglied in Eißendorf zu sein. Dieser Beschluss, der sich sehr offensichtlich gegen Gegner des Vorstands richtete, wurde zwar zurückgenommen, aber da war längst alles Porzellan zerschlagen.

Frank Richter trat zu einer Kampfkandidatur gegen Wiesner um Platz eins an

Nach einem zwischen Kreisvorstand und allen Distrikten abgestimmten Plan sollte Frank Wiesner, der auf keiner Wahlkreisliste kandidiert, auf dem ersten Platz der Bezirksliste antreten. Frank Richter war an Position fünf gesetzt.

Frank Richter, SPD.
Frank Richter, SPD. © Lenthe-Medien | Lenthe-Medien

Richter trat allerdings zu einer Kampfkandidatur gegen Wiesner um Platz eins an und gewann. Als Wiesner dann auf dem nunmehr vakanten Platz fünf kandidierte, stellte das Richter-Lager Peter Bartels als Gegenkandidaten auf. Bartels ist ausgewiesener Sozialpolitiker und in Eißendorf bereits aussichtreicher Wahlkreiskandidat. Einen guten Bezirkslistenplatz hätte er deshalb eigentlich wohl nicht gebraucht.

Nachdem Wiesner die Wahl zunächst gewonnen hatte, wurde Neuauszählung beantragt. Nach der lag Bartels vorn. Auch auf Platz sieben, wo Bartels eigentlich vorgesehen war, unterlag Frank Wiesner einem Kandidaten des anderen Lagers.

„Das war generalstabsmäßig vorbereitet“, sagt ein Delegierter, der anonym bleiben möchte

„Das war generalstabsmäßig vorbereitet“, sagt ein Delegierter, der anonym bleiben möchte. „Die Heimfelder hatten sogar ein Buffet mitgebracht, weil sie wussten, dass die Versammlung wegen der Kampfabstimmungen lange gehen würde. Sören Schumacher hat unter seinen Getreuen eine Liste verteilt, wer wo gewählt werden soll. Aus den gegnerischen Distrikten Neuenfelde, Hausbruch, Harburg-Mitte und Harburg Ost stand darauf kaum jemand. Zumindest auf dieser Liste sind große Teile des Bezirks nun unterrepräsentiert.“

Oksan Karakus, SPD Harburg
Oksan Karakus, SPD Harburg © xl | Lars Hansen

In der Tat wurde das Buffet gebraucht: Die Sitzung, die um 10 Uhr begonnen hatte, dauerte bis nach 20 Uhr. Und die SPD-Genossen aus Neugraben, Fischbek und Hausbruch mussten am Sonntag noch einmal ran: In ihrem Wahlkreis musste die Wahl zur Wahlkreisliste wiederholt werden. Spitzenkandidat der SPD hier ist Dennis Walter, gefolgt von Elif Ciger und Arend Wiese.

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Die aussichtsreichen ersten acht Plätze der SPD-Bezirkswahlliste haben Frank Richter, Nathalia Sahling, Klaus Fehling, Beate Pohlmann, Peter Bartels, Claudia Oldenburg, Alf Bas und Birgit Rajski, in dieser Reihenfolge.

Wiesner, der im jahr 2011 stadtweit Schlagzeilen gemacht hatte, weil er im Urlaub in Togo weilte, als Olaf Scholz mit knapper Mehrheit zum Bürgermeister gewählt wurde und jede Stimme gebraucht worden war, kommentierte die aktuellen Wahlergebnisse auf Facebook bewusst neutral: „Die Harburger SPD hat am Wochenende ihre Wahliste für Bezirksversammlung aufgestellt. Dabei hat die Mehrheit mein politisches Aus im Harburger Rathaus beschlossen. Vielen Dank an meine Unterstützer, Mitstreiter und Mitstreiterinnen!“

Okşan Karakuş teilte gestern mit: „Das Ergebnis einer langen Sitzung ist eine paritätisch besetzte Liste, bei der die gesamte Harburger Bevölkerung repräsentiert wird. Wir gehen mit einem engagierten und starken Team von 60 Demokrat:innen in den Bezirksversammlungswahlkampf. Das gewählte Team setzt sich für eine sozialdemokratische Politik im Bezirk ein. Neben den weiteren vielversprechenden Kandidat:innen auf den Wahlkreislisten wie Oksan Karakus, Benizar Gündoğdu, Arne Thomsen, Sven Hey, Michael Dose, Mehmet Kizil, Holger Böhm und Dennis Wacker bietet die Bezirksliste eine hervorragende Ergänzung.”