Harburg. Grüne und SPD wollen Fahrspuren der Hauptverkehrsstraße zugunsten von Radverkehr umwidmen. Vor allem die CDU wettert dagegen.

Eigentlich war es längst beschlossene Sache: Bereits 2020 hatte die Bezirksversammlung von der damaligen Fachbehörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) die Planung von Radwegen oder Fahrradspuren im nördlichen Teil der Winsener Straße – von der Jägerstraße bis zur Hochstraßenbrücke – gefordert. Der Antrag kam von den Grünen. Da die Winsener Straße von der Einmündung des Tivoliwegs bis zum Ende unter der Brücke sehr eng bebaut ist, hieße das: Entweder müssten Fahrspuren weichen oder aber Parkstreifen wegfallen.

Der Antrag fand auch bei anderen Parteien Anklang. Denen ging es nicht nur um die Fahrradspuren, sondern auch um mehr Lebensqualität für die Anwohner. Die Winsener Straße in diesem Abschnitt gehört zu den lautesten und am meisten abgasbelasteten Wohnstraßen Hamburgs. Die Gehwege sind schmal. Fußgänger bewegen sich stets nah am vorbeibrausenden Autoverkehr. Wegen des Lärms wurde bereits ein nächtliches Tempolimit verhängt.

Die Grünen zogen ihren Antrag von 2020 zurück und stellen ihn jetzt neu

Allerdings zogen die Grünen seinerzeit ihren Antrag zurück, nachdem die BWVI geantwortet hatte, dass sie erst das Veloroutennetz fertig bauen wollte, bevor weitere Radwegeplanungen angegangen werden. Jetzt stellen die Grünen den Antrag gemeinsam mit ihrem Koalitionspartner SPD neu an die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM). Gefordert werden Radwege.

2020 hatte noch im Raum gestanden, dass der überregionale Radschnellweg Lüneburg-Hamburg über die Winsener Straße geführt wird. Das ist mittlerweile vom Tisch: Zur Umgehung des Wilstorfer Bergrückens wird der Radschnellweg entlang des Seevekanals verwirklicht. Innerhalb Harburgs umfahren die meisten Fahrradpendler den Berg entlang der Außenmühle und des „Joggingpfades“ an der Engelbek.

Drei statt bisher vier Fahrspuren für Autos könnte Platz für Radfahrer schaffen

Dennoch sind derzeit für alle direkten Anlieger der nördlichen Winsener Straße keine Fahrradwege vorhanden. Sie müssen sich auf der vierspurigen Pendlerstraße in den Autoverkehr einreihen, wenn sie nicht regelwidrig den Fußweg benutzen wollen, der darüber hinaus an einigen Stellen so eng ist, dass dies gar nicht möglich ist.

„Man könnte beispielsweise die Winsener Straße um eine Fahrbahnspur schmaler machen“, sagt Michael Sander, Grünen-Bezirksabgeordneter und Vorsitzender des Mobilitätsausschusses der Bezirksversammlung. „Dann bleiben drei Spuren übrig: Jeweils eine als durchgängige Fahrspur und die dritte an den notwendigen Stellen als Abbiegespur.“

Wegen Fahrbahnsanierung war die Winsener Straße bereits 2021 zeitweise nur zweispurig befahrbar.
Wegen Fahrbahnsanierung war die Winsener Straße bereits 2021 zeitweise nur zweispurig befahrbar. © xl | Lars Hansen

Neues Wohn- und Einkaufsquartier ist an der Winsener Straße geplant

Die SPD war 2020 mit ihren Forderungen sogar weiter gegangen: Eine Fahrbahnspur sollte für einen Zweirichtungsradweg, eine weitere für eine Busspur weichen, hatte der damalige SPD-Abgeordnete Torsten Fuß – mittlerweile parteilos – gefordert. „Dann jedoch würde man in den Nebenflächen nichts für die Fußgänger gewinnen“, gibt Michael Sander zu bedenken.

Der Verkehrsexperte der SPD-Fraktion, Frank Wiesner, hätte den Antrag gern noch erweitert: „An der Winsener Straße ist immer noch ein neues Wohn- und Einkaufsquartier geplant“, sagt er. „Wenn man eine Planung für die Straße aufstellt, sollte man an dieser Stelle gleich Bushaltestellen und eine Fußgängerquerung mitplanen.“ In der Absprache zwischen den Fraktionsspitzen fiel Wiesners Wunsch allerdings unter den Tisch.

Vier Spuren Winsener Straße stammen aus guten alten Straßenbahn-Zeiten

Darüber, dass man die Winsener Straße, deren Vierspurigkeit historisch von der ehemaligen Straßenbahnstrecke herrührt, verengen könnte, sind sich die Grünen sicher: Während umfangreicher Straßenbauarbeiten 2020 und 2021 war die Straße bereits einmal auf jeweils eine Spur pro Fahrtrichtung eingeschränkt.

„Verkehrszählungen des Bezirksamts haben damals ergeben, dass diese Einengung den Verkehr nicht signifikant behindert und auch zu keinen nennenswerten Verlagerungen in die Nebenstraßen geführt hat“, sagt Michael Sander. Die CDU wettert gegen die erneute Forderung.

CDU befürchtet Staukatastrophe, weil Ausweichroute für Autobahn verengt wird

„Wir beschwören damit eine Staukatastrophe hinauf“, sagt ihr Bezirks-Spitzenkandidat Rainer Bliefernicht. „Bevor nicht die A1 erweitert und die A26 Ost fertiggestellt ist, wird die Winsener Straße immer wieder Ausweichstrecke sein, wenn es auf den Autobahnen Stau gibt. Und in solchen Situationen reicht schon die jetzige Zweispurigkeit nicht aus! Ganz Harburg versinkt dann im Stau.“

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Außerdem, so CDU-Mann Bliefernicht, solle man mit solchen Planungen mindestens warten, bis der Umbau des „Doppelknotens“ am Harburger Bahnhof beendet ist. Große Sorgen muss er sich deswegen aber nicht machen. Der Umbau ist bis 2026 angesetzt, dauert eventuell bis 2028. Bis dahin ist erfahrungsgemäß keine entscheidungsreife Planung über die Winsener Straße zu erwarten.