Harburg. Liebe, Kochen, Mord und Totschlag: Diese Romane und Sachbücher haben es den Profi-Leseratten im Hamburger Süden angetan – aus Gründen.

Auch in Zeiten von TikTok und Netflix gehören für viele Menschen die Themen Weihnachten, Geschenke und Bücher noch immer zusammen. Die ruhigen Tage nach der Bescherungshektik laden geradezu dazu ein, sich mit einem dicken Band warm in die Ecke zu kuscheln. Zum Glück gibt es noch genügend Bücherfans, die solche Rituale das ganze Jahr über pflegen. Denn nur so konnten und können sich im Hamburger Süden noch fünf inhabergeführte Buchhandlungen halten – trotz großer Ketten und Online-Versandhändler.

Das Abendblatt fragte bei diesen Händlern nach Tipps für Bücher, die man wunderbar verschenken kann. Es kamen 25 ganz individuelle Empfehlungen zusammen.

Die Romantischen: Bücher, die von der Liebe erzählen

Maite Morisset und Sabine Trefze von der Buchhandlung Lüdemann.
Maite Morisset und Sabine Trefze von der Buchhandlung Lüdemann. © xl | Lars Hansen

Sabine Trefzer von der Wilhelmsburger Buchhandlung Lüdemann empfiehlt „Die vier Wind“ von Kristin Hannah. Texas 1934: Zur Wirtschaftskrise kommen Dürre und Erosion. Die Mitte der USA wird zur „Dust Bowl“, der „Staubschüssel“. Zu Millionen zieht es die Menschen nach Kalifornien. Soll auch Elsa alles aufgeben und mit ihren Kindern und sonst nichts mach Westen? Sie muss. Elsa begegnet Gefahren und findet ein neues Glück.

„Das kleine Bücherschiff“ von Tessa Hansen, ist, was Ute Jasper von der Finkenwerder „Bücherinsel“ empfiehlt: Miri ist frisch getrennt. Mit ihrer besten Freundin Katja will sie einen Lebenstraum verwirklichen: Eine eigene Buchhandlung eröffnen. In einer alten Barkasse finden sie genau den Ort dafür. Und dann gibt es da auch noch Michael. Da wird das Glück bedroht.

Regine Schneider, Inhalberin von Leichers Buchhandlung in Heimfeld.
Regine Schneider, Inhalberin von Leichers Buchhandlung in Heimfeld. © Anima Berten

Im Neugrabener Buchladen empfiehlt Bettina Meier „Vom Ende der Nacht“ von Claire Daverly: „Eine zauberhafte und doch dramatische Liebesgeschichte zwischen Rose und Will, die aber viel mehr ist als das“, sagt sie. „Ohne jeglichen Kitsch erzählt sie auch von den innigen Beziehungen, die wir zu Eltern, Geschwistern, Freunden haben; vom Alltag mit seinen Höhen und Tiefen.“

Ein nicht ganz so klassischer Roman von der Liebe ist Martin Suters „Melody“, den Regine Schneider, Inhaberin von Leichers Buchhandlung in Heimfeld empfiehlt. Der Student Tom soll mit Dr. Stoltz dessen Nachlass vor dem Ableben ordnen. Dabei stößt Tom auf die Geschichte von Melody, Stoltz‘ Verlobter, die einst kurz vor der Hochzeit verschwand. Tom lässt das nicht los..

Die Buchhandlung Am Sand legt „Die Butterbrotbriefe“ von Carsten Henn ans Herz. Kati, die ein neues Leben beginnen will und Abschiedsbriefe an die Protagonisten ihres alten Daseins schreibt, trifft Severin, der schon ein neues Leben angefangen hat, aber damit hadert. Es nimmt seinen Lauf.

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Spannung, Mord und Totschlag: Die Krimis

Buchladen-Chefin Bettina Meyer ist fasziniert von Nicola Upsons „Mit dem Schnee kommt der Tod“. Krimiautorin Josephine verbringt die Weihnachtsfeiertage 1938 mit ihrem Freund, Scotland-Yard-Ermittler Archie, und einer begrenzten Anzahl von Gästen auf einer Insel. Da wird eine Leiche gefunden und die Insel durch Sturm und Flut vom Festland abgeschnitten

„Die Bäume“ von Percival Everett sind Sabine Trefzers Krimi-Empfehlung. In einem Südstaatenstädtchen werden mehrere Männer ermordet: meist dick, doof und weiß. Neben jeder Leiche taucht ein Körper auf, der die Züge von Emmett Till trägt, eines 1955 gelynchten schwarzen Jungen. Zwei afroamerikanische Detektive ermitteln, doch der Sheriff sowie eine Gruppe hartnäckiger Rednecks setzen ihnen erbitterten Widerstand entgegen.

Aus der Buchhandlung Am Sand wird Henrik Siebolds „Inspektor Takeda und der schöne Schein“ empfohlen. Inspektor Takeda ist zu Besuch im Landhaus einer Hamburger Kunsthändlerin, als die Gastgeberin ermordet wird. Kunstgeschichte, Jazz und Intrigen prägen den Krimi.

Bettina Meyer in ihrem kleinen Neugrabener Buchladen.
Bettina Meyer in ihrem kleinen Neugrabener Buchladen. © AT | Axel Tiedemann

Die Finkenwerder Bücherinsel empfiehlt „Die Schuld, die man trägt“ von Michael Hjorth und Hans Rosenfeld. Kriminalpsychologe Sebastian Bergmann muss seiner Tochter Vanja bei einer Mordermittlung helfen. Immerhin forderte dies der mutmaßliche Täter mit einer blutigen Inschrift am Tatort.

Spannend findet Regina Schuster von Leichers Buchhandlung Anthony McCartens „Going Zero“. Ein Social-Media-Mogul und die Geheimdienste schreiben einen Preis aus: Wem es gelingt, 30 Tage unauffindbar zu bleiben, erhält 3 Millionen Dollar. Bibliothekarin Kaitlin lässt sich darauf ein.

Blubbern, Brutzeln, Backen: Kochbücher über alltägliche Kost und Festtagsküche

„Hundert Klassiker“ von Steffen Henssler ist, was Regina Schuster ihren Kunden ans Herz legt. „Nach exotisch und ausgefallen kommt jetzt regional und alltäglich – ein erfrischender Trend“, sagt sie.

Im Wilhelmsburg bei Lüdemann empfiehlt Sabine Trefzer „Kanaan“ von Jalil Dabit und Oz Ben David. Der Palästinenser und der Israeili betreiben zusammen ein Restaurant in Berlin und präsentieren ihre gemeinsamen Rezepte. Mit Fotos von Eli Patrikiou.

Bettina Meyer vom Buchladen schwärmt für Donna Hays „Weihnachten“: Die australische Kochbuchikone zeigt ihr Talent dafür, aufwendige Rezepte zu vereinfachen, an Klassikern der Festtagsküche.

Die beiden Inhaberinnen der Buchhandlung „Bücherinsel“ in Finkenwerder, Karin Gamradt (l.) und Ute Jasper (r.).
Die beiden Inhaberinnen der Buchhandlung „Bücherinsel“ in Finkenwerder, Karin Gamradt (l.) und Ute Jasper (r.). © Iris Mydlach | Iris Mydlach

Das Motto „Einfach, aber lecker“ liegt auch Tim Mälzers „Vierundzwanzigsieben kochen“ zugrunde, welches das Team der Bücherinsel empfiehlt. Über 100 stressfreie Rezepte für jede Tageszeit, kuratiert von einem schnodderigen Pinneberger, begeistern die Finkenwerder.

Georg Schmitt von der Buchhandlung Am Sand legt Herzensküche ans Herz: Carolin Jahns „Wunderschöne Winterzeit“ beschreibt Wohlfühlessen – Gerichte, die von innen wärmen, nach winterlichen Gewürzen schmecken und das Gefühl von Geborgenheit vermitteln.

Zur Sache, bitte: Biografien, Memoiren, Historisches und Geistesgeschichte

Die Buchhandlung Lüdemann empfiehlt ein historisches Werk: „Schattenzeit“ von Oliver Hilmes. Anhand des Schicksals von Karlrobert Kreiten, der 1943 innerhalb weniger Monate vom gefeierten Pianisten zum Gehenkten wurde, taucht Hilmes in das Jahr ein, in dem der Nazi-Terror auf dem Höhepunkt war.

Georg Schmitt hingegen empfiehlt die Memoiren des NDR-Musikredakteurs Peter Urban: „On Air“. Seit den 1970ern sendet Urban nicht nur, sondern schreibt auch. Seine Bücher sind so spannend wie seine Podcasts.

Das sind die Empfehlungen von Katrin und Georg Schmitt, Inhaber der Buchhandlung am Sand in Harburg.
Das sind die Empfehlungen von Katrin und Georg Schmitt, Inhaber der Buchhandlung am Sand in Harburg. © HA | André Lenthe

Bettina Meyer vom „Bücherladen“ würde Joachim Paschens Bildband „Hamburg im neuen Glanz – in Luftaufnahmen von 1968 bis 1971“ unter den Baum legen. Die Fotografien zeigen den Wiederaufbau der Stadt nach Krieg und Flut.

Leichers-Chefin Regina Schuster ist hintergründig unterwegs und empfiehlt „Himmel hilf!“ von Tillmann Bendikowski. Der ergründet Aberglauben, Rituale und Mythen seit dem Mittelalter und zeigt, wie aktuell das Thema ist: Angesichts eng getakteter Zivillisationskrisen und damit verbundener Ängste feiern Spirituelles, Esoterik, Wunderglaube und Verschwörungsmythen Auferstehung.

Die Bücherinsel in Finkenwerder empfiehlt Florian Illies‘ „Zeit der Stille“, ein flott geschriebenes Sachbuch über den Maler Caspar David Friedrich, seine Zeit und seine Wirkung darüber hinaus. Passend zur großen Ausstellung in der Kunsthalle.

Die Lieblingsliste der Literaturverkäufer

Aus der Wilhelmsburger Buchhandlung Lüdemann kommt der Tipp sich mit „Vatermal“ des Berliner Philosophen, Literaten und Dramaturgen Negati Öziri aufs Sofa zu legen. Öziris fiktiver Charakter, ein junger Einwanderersohn, liegt im Sterben und schreibt eine Abrechnung mit seinem unbekannten Vater und seinem kurzen, hindernisreichen Leben.

Die Finkenwerder Bücherinsel empfiehlt einen Regionalkrimi: „Schwarzacker“ von Nora Luttmer: Tödliche Feuer, ein altes Familiengeheimnis und eine Ermittlerin mit Narkolepsie stören das oberflächliche Idyll der Vier- und Marschlande.

Regina Schuster hat es „Alle meine Geister“ von Uwe Timm angetan. Bevor Timm erfolgreicher Literat wurde, absolvierte er in den 1950er-Jahren eine Kürschner-Lehre. Von diesen Jahren des Erwachsenwerdens zwischen Pelz, Nadeln und Ladentheke, der Entdeckung von Jazz, Camus, und der Liebe schreibt Timm in seinem neuen Roman.

In der Buchhandlung Am Sand liebt man Olivia Fords „Der späte Ruhm der Mrs. Quinn“. Mrs. Quinn ist im ganzen Dorf für ihre Backkünste berühmt. Das war es aber auch. Dennoch ist die betagte Engländerin zufrieden. Kurz vor ihrem 60. Hochzeitstag beschließt sie allerdings, noch einmal durchzustarten.

Im Neugrabener Bücherladen schwärmt Bettina Meyer für „Das Gemälde“ von Geraldine Brooks. Ein geheimnisvolles Kunstwerk, ein legendäres Rennpferd, eine Spurensuche von der Gegenwart bis in die amerikanische Geschichte sind die Kerne der drei Handlungsstränge, die zwischen 1850 und 2019 spielen, und die Brooks verwebt. „Sie ist und bleibt eine meiner absoluten Lieblingsautorinnen“, sagt Meyer.